Öffentliches Recht

VwGO

Verpflichtungsklage

Bescheidungsurteil bei Ermessensmissbrauch

Bescheidungsurteil bei Ermessensmissbrauch

22. Mai 2025

5,0(228 mal geöffnet in Jurafuchs)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A wohnt in Köln und will in der Fußgängerzone an einem Verkaufsstand Blumen verkaufen. Sie stellt einen entsprechenden Antrag bei der Behörde. Der Sachbearbeiter S der zuständigen Behörde B kennt A zufälligerweise und lehnt den Antrag ab, weil er A nicht leiden kann.

Diesen Fall lösen 92,9 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

Einordnung des Falls

Bescheidungsurteil bei Ermessensmissbrauch

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. A begehrt beim Verwaltungsgericht die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis. Ist dafür die Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO) statthaft?

Genau, so ist das!

Die statthafte Klageart bestimmt sich nach dem klägerischen Begehren (§ 88 VwGO). Die Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO) ist statthaft, wenn der Kläger den Erlass eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt. A begehrt die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis, um in der Fußgängerzone einen Verkaufsstand aufstellen zu können. Die Erteilung der Sondernutzungserlaubnis ist ein Verwaltungsakt (§ 35 VwVfG NRW). Damit ist die Verpflichtungsklage statthaft.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. Die Nutzung der Straße sowie des Gehwegs für Verkaufszwecke ist eine erlaubnispflichtige Sondernutzung (siehe § 14 und § 18 StrWG NRW). Hat die Behörde bei der Entscheidung über den Antrag auf Sondernutzung straßenbezogene Belange mit den entgegenstehenden Belangen des Antragstellers abzuwägen?

Ja, in der Tat!

Eine Sondernutzung bedarf der Erlaubnis der Straßenbaubehörde. § 18 Abs. 1 S. 2 StrWG NRW ist eine Ermessensentscheidung. Im Rahmen der Abwägung hat die Behörde die straßenbezogenen Belange mit den entgegenstehenden Belangen des Antragstellers (insbesondere den Grundrechten) abzuwägen. Ausführlicheres zur Sondernutzung in diesem Fall findest Du in der [q16337vorherigen Aufgabe[/q].

3. Die zuständige Behörde B hat As Antrag abgelehnt, weil S die B nicht leiden kann. Hat B ermessensfehlerfrei gehandelt?

Nein!

Die Erteilung der Sondernutzungserlaubnis ist eine Ermessensentscheidung, in deren Rahmen die Belange des Antragstellers zu berücksichtigen sind. Soweit Grundrechte betroffen sind, müssen diese in die Abwägung einbezogen werden. Die Behörde hat keinerlei Ermessenserwägungen angestellt, sondern den Antrag aus rein sachfremden Gründen abgelehnt. Damit liegt ein Fall des Ermessensfehlgebrauchs in Form des Ermessensmissbrauchs vor. In den meisten Fällen wird der Ermessensfehler der Behörde darin bestehen, dass sie die Grundrechte des Antragstellers nicht (hinreichend) berücksichtigt. Dazu mehr in nächsten Fall!

4. Die Behörde hat ermessensfehlerhaft gehandelt. Kann das Gericht die Behörde zur Erteilung der Sondernutzungserlaubnis verpflichten (vgl. § 113 Abs. 5 VwGO)?

Nein, das ist nicht der Fall!

Im Rahmen der Verpflichtungsklage ist zwischen Vornahmeurteil (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO) und Bescheidungsurteil (§ 113 Abs. 5 S. 2 VwGO) zu differenzieren.  Ein Vornahmeurteil kann nur ergehen, wenn die Sache spruchreif ist, was insbesondere nicht der Fall ist, wenn das Gesetz der Behörde Ermessen einräumt. Hier kann das Gericht nicht die Behörde zur Erteilung der Sondernutzungserlaubnis verpflichten (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO), da das Gesetz der Straßenbaubehörde Ermessen einräumt. Stattdessen kann es die Behörde nur verpflichten, unter der Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden (§ 113 Abs. 5 S. 2 VwGO). Merke Dir: Immer dann, wenn sich der Kläger gegen Ermessensentscheidungen der Behörde wendet, so kommt i.d.R. „nur“ ein Bescheidungsurteil in Betracht. Ein wichtiger Ausnahmefall besteht, wenn eine Ermessensreduzierung auf Null vorliegt. Dazu gleich mehr!
Jurafuchs
Eine Besprechung von:
Jurafuchs Brand
facebook
facebook
facebook
instagram

Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!