Ende des Bebauungszusammenhangs: Ausnahmefall

10. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Matilda (M) möchte auf ihrem Grundstück in der kleinen ländlichen Gemeinde G (10.000 Einwohner) einen Palast errichten. Ein Bebauungsplan besteht nicht. Die nähere Umgebung stellt einen Ortsteil i.S.d. § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB dar. Zwischen Ms Grundstück und dem zuletzt mit einem Wohnhaus bebauten Grundstück liegt eine unbebaute Parzelle. Auf der anderen Seite wird Ms Grundstück von einem asphaltierten Weg mit einer Breite von etwa 6 m begrenzt. ‌

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Einordnung des Falls

Ende des Bebauungszusammenhangs: Ausnahmefall

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die mittlerweile wohlhabende M fragt sich, ob sich ihr Plan anstelle eines normalen Wohnhauses einen Palast zu errichten, auf den Bebauungszusammenhang i.S.d. § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB auswirkt?

Nein!

Ein Bebauungszusammenhang ist gegeben, soweit die aufeinanderfolgende Bebauung trotz eventuell vorhandener Baulücken den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt. Gefordert wird eine tatsächlich aufeinanderfolgende, eben zusammenhängende Bebauung. - Dabei muss es sich um bauliche Anlagen handeln, die optisch wahrnehmbar sind und ein gewisses Gewicht haben, so dass sie ein Gebiet prägen können („maßstabbildende Kraft“). Für den Bebauungszusammenhang sind nur diejenigen baulichen Anlagen zu berücksichtigen, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen. - Von einem Bebauungszusammenhang kann solange gesprochen werden, wie die aufeinanderfolgende Bebauung nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Zusammengehörigkeit bzw. Geschlossenheit vermittelt. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls. Maßgeblich ist hierfür ausschließlich die tatsächlich vorhandene Bebauung Ms Palast ist zum Zeitpunkt der Frage, ob sich ihr Grundstück innerhalb eines Bebauungszusammenhangs befindet, noch nicht vorhanden. Es ist somit lediglich darauf abzustellen, ob sich Ms unbebautes Grundstück innerhalb eines Bebauungszusammenhangs befindet. Die Frage, ob der Palast nach § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB zulässig wäre, ist eine Frage des Merkmals “Einfügen”. Hierauf wird im Verlauf der weiteren Lerneinheiten noch Bezug genommen.
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2. Ein Bebauungszusammenhang i.S.d. § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB endet stets mit dem zuletzt bebauten Grundstück.

Nein, das ist nicht der Fall!

Ein Bebauungszusammenhang ist gegeben, soweit die aufeinanderfolgende Bebauung trotz eventuell vorhandener Baulücken den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt.Regelmäßig endet der Bebauungszusammenhang unmittelbar an der letzten baulichen Anlage. Ein Grundstück am Ortsrand liegt demnach regelmäßig nicht innerhalb des Bebauungszusammenhangs, sondern allenfalls diejenigen Teile des Grundstücks, die von bestehender Bebauung umschlossen sind. Gleichwohl kann die Regelvermutung im Einzelfall entkräftet werden. Unter besonderen Umständen kann auch eine Randlage die Einbeziehung in den Bebauungszusammenhang rechtfertigen. Führ Dir nochmal den Zweck von § 34 Abs. 1 BauGB vor Augen: Die Norm dient als Planersatz. Würde § 34 Abs. 1 BauGB jegliche neue Bebauung auf Grundstücken am Rande bestehender im Zusammenhang bebauter Ortsteile ermöglichen, so verlöre § 34 Abs. 1 BauGB seine steuernde Wirkung zur Absicherung der gemeindlichen Bauleitplanung.

3. Für die Annahme des Bebauungszusammenhang kann es auch auf den Verlauf einer Straße ankommen.

Ja, in der Tat!

Ein Bebauungszusammenhang ist gegeben, soweit die aufeinanderfolgende Bebauung trotz eventuell vorhandener Baulücken den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt. Straßen und Wege begründen regelmäßig dann eine Zäsur des Bebauungszusammenhangs, wenn sie einseitig bebaut sind. Jenseits der Straße ist dann der Bebauungszusammenhang abgebrochen. Sind Straßen beidseitig bebaut, gibt es keine Regelvermutung für deren trennende Wirkung. Die voranstehende Regelvermutung für die Bewertung von Straßen und Wegen für das Vorliegen eines Bebauungszusammenhangs macht eine konkrete Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nicht entbehrlich.

4. Liegt Ms Grundstück innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils?

Ja!

Ein Bebauungszusammenhang ist gegeben, soweit die aufeinanderfolgende Bebauung trotz eventuell vorhandener Baulücken den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt. Gefordert wird eine tatsächlich aufeinanderfolgende, eben zusammenhängende Bebauung. Der Bebauungszusammenhang endet regelmäßig an der letzten baulichen Anlage. Örtliche Gegebenheiten können es aber rechtfertigen, den Bebauungszusammenhang noch bis zu einem Geländehindernis mit Zäsurwirkung ein oder zwei Grundstücke zuzuordnen, die unbebaut sind oder trotz des Vorhandenseins von Baulichkeiten sonst nicht zur Prägung der Siedlungsstruktur beitragen. Ms Grundstück liegt hinter dem zuletzt bebauten Grundstück. Unter besonderen Umständen kann jedoch auch eine Randlage die Einbeziehung in den Bebauungszusammenhang rechtfertigen. Die an Ms Grundstücksgrenze verlaufende breite Straße bildet die Grenze zwischen Innen- und Außenbereich. Es handelt sich dabei um eine besondere örtliche Gegebenheit, die es rechtfertigt, die zum Bebauungskomplex führenden Flächen noch in den Bebauungszusammenhang einzubeziehen. Ms Grundstück liegt damit innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils im Sinne des § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB. Es handelt sich bei diesem Beispielsfall um einen Sonderfall. Im Regelfall endet der Bebauungszusammenhang mit der letzten baulichen Anlage.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

MAG

Magnum

29.10.2024, 11:21:30

Ich hätte eine Frage zu den letzten paar Aufgaben. Die Fälle wurden immer so gebildet, dass zwischen dem letzten Gebäude des Zusammenhangs und dem fraglichen Grundstück eine leere Parzelle lag. Gleichzeitig hatte ich die Ausführungen so verstanden, dass der

Bebauungszusammenhang

im Regelfall am letzten Gebäude endet. Ist deshalb nicht irrelevant, ob eine leere Parzelle dazwischen liegt? Würde das fragliche Grundstück nicht auch außerhalb des Zusammenhangs sein, wenn es mit einer Seite DIREKT an das letzte Gebäude angrenzt? (Unter der Maßgabe natürlich, dass wir uns die topografische Zäsur der Straße in dem Fall hier wegdenken)


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