Zulässige Verlesung eines Protokolls nach § 251 StPO

23. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Zeugin Z soll im Prozess gegen A vernommen werden. In der Zeit zwischen polizeilicher Vernehmung und Prozess hat Z sich ihren großen Traum vom Auswandern erfüllt und ist nicht mehr aufzufinden. Der Vorsitzende verließt Zs polizeiliches Vernehmungsprotokoll. A wird verurteilt.

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Einordnung des Falls

Zulässige Verlesung eines Protokolls nach § 251 StPO

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Grundsätzlich verstößt es gegen § 250 StPO, die Vernehmung einer Zeugin durch die Verlesung einer Niederschrift einer früheren Vernehmung zu ersetzen.

Ja!

§ 250 StPO bringt den materiellen Unmittelbarkeitsgrundsatz zum Ausdruck. Indem das Gesetz dem Beweis durch Zeugen und Sachverständige, soweit dieser möglich ist, den Vorrang vor dem Urkundenbeweis einräumt, ermöglicht es dem Gericht, von den Wahrnehmungspersonen einen persönlichen Eindruck zu gewinnen. Zugleich sichert es die Ausübung des Fragerechts (§ 240 StPO, Art. 6 Abs. 3 lit. d EMRK). Die Vernehmung eines Zeugen darf also grundsätzlich nicht durch die Verlesung des Protokolls einer früheren Vernehmung ersetzt werden.
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2. In § 251 StPO finden sich Ausnahme von dem Grundsatz der Unmittelbarkeit (§ 250 S. 2 StPO).

Genau, so ist das!

§ 251 StPO lässt Ausnahmen von § 250 StPO im Interesse der Wahrheitsfindung und zur Erleichterung und Beschleunigung des Verfahrens zu. Innerhalb des § 251 StPO lässt Absatz 2 die Verlesung richterlicher Protokolle unter strengeren Anforderungen als Absatz 1 zu, der sich auf alle Vernehmungsprotokolle bezieht. Achtung: Eine Vernehmung liegt nur vor, wenn der Vernehmende der Auskunftsperson in amtlicher Funktion gegenübertritt und in dieser Eigenschaft von ihr eine Auskunft verlangt. Bloße Niederschriften des Verteidigers fallen also etwa nicht unter die Norm.

3. Die Ersetzung durch Verlesung ist zulässig, wenn der Zeuge verstorben ist oder aus einem anderen Grunde in absehbarer Zeit gerichtlich nicht vernommen werden kann (§ 251 Abs. 1 Nr. 3 StPO).

Ja, in der Tat!

Die Vernehmung eines Zeugen kann durch die Verlesung eines Protokolls über eine Vernehmung ersetzt werden, wenn der Zeuge verstorben ist oder aus einem anderen Grunde in absehbarer Zeit gerichtlich nicht vernommen werden kann (§ 251 Abs. 1 Nr. 3 StPO). Hier muss im Einzelfall abgewogen werden zwischen der Bedeutung der Zeugenaussage sowie der Aufklärungspflicht des Gerichts einerseits und dem Interesse an einer beschleunigten Durchführung des Verfahrens andererseits. So reicht etwa eine große Entfernung zum Gerichtsort allein nicht aus. Etwa erforderliche Ermittlungen werden im Freibeweisverfahren angestellt.Achtung: § 251 Abs. 1 Nr. 3 StPO gilt nicht bei rechtlichen Hindernissen, wie der Auskunftsverweigerung des Zeugen (§ 55 StPO).

4. Vorliegend war die Verlesung und Verwertung des Vernehmungsprotokolls anstelle von Zs Aussage ausnahmsweise zulässig (§ 251 Abs. 1 Nr. 3 StPO).

Ja!

Die Vernehmung eines Zeugen kann durch die Protokollverlesung ersetzt werden, wenn der Zeuge verstorben ist oder aus einem anderen Grunde in absehbarer Zeit gerichtlich nicht vernommen werden kann (§ 251 Abs. 1 Nr. 3 StPO). Hier muss im Einzelfall abgewogen werden zwischen der Bedeutung der Zeugenaussage sowie der Aufklärungspflicht des Gerichts einerseits und dem Interesse an einer beschleunigten Durchführung des Verfahrens andererseits.Weite Entfernung vom Gerichtsort reicht zwar für sich genommen nicht aus. Da Z aber unbekannt verzogen ist und nicht damit zu rechnen ist, dass sie in absehbarer Zeit ausfindig gemacht werden kann, greift der Ausnahmetatbestand des § 251 Abs. 1 Nr. 3 StPO. Die Verwertung war rechtmäßig.§ 251 StPO dient dem Zweck, Beweisverluste zu vermeiden, eine zügige und praktische Durchführung des Verfahrens zu erleichtern, und dem Zeugenschutz.
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