Privilegierung von ehebedingten Zuwendungen?

4. Juli 2025

12 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Hänsel (H) und Gretel (G) sind verheiratet. Sie kaufen sich zusammen ein Haus, um dort gemeinsam zu leben. Beide sind Miteigentümer und schulden gemeinsam den Kaufpreis. Da nur G arbeitet, zahlt sie ihn aber allein. Als es später zur Scheidung kommt, verlangt G deshalb, dass H ihr seinen Anteil am Haus überträgt.

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Einordnung des Falls

Privilegierung von ehebedingten Zuwendungen?

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. G hat allein den Kaufpreis für das Haus bezahlt, H ist aber trotzdem Miteigentümer geworden. Handelt es sich hierbei um eine echte Schenkung der G an H (§ 516 BGB)?

Nein!

Anders als Schenkungen (§ 516 BGB) erfolgen ehebedingte Zuwendungen zumindest „subjektiv“ nicht unentgeltlich. Ihnen liegt die Vorstellung zugrunde, dass die eheliche Lebensgemeinschaft Bestand haben wird und der zuwendende Ehegatte selbst auch von der Zuwendung profitieren kann. Es fehlt zwar an einer besonderen Vereinbarung. Die Umstände sprechen aber dafür, dass die Parteien das Grundstück gemeinsam für ihre Familie erwerben wollten. Dass G den Kaufpreis allein gezahlt hat, stellt somit eine ehebedingte Zuwendung und keine Schenkung dar. Diese Unterscheidung zwischen Schenkung und ehebedingter Zuwendung nimmt der BGH regelmäßig nur bei Zuwendungen vor, die für die eheliche Lebensgemeinschaft einen bedeutsamen Vermögenswert darstellen.
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2. Kann G die Zuwendung wegen groben Undanks nach § 530 Abs. 1 BGB widerrufen?

Nein, das ist nicht der Fall!

Ehebedingte Zuwendungen sind keine Schenkungen. Entsprechend sind auch die Vorschriften aus dem Schenkungsrecht und insbesondere die Widerrufsmöglichkeiten auf sie nicht anwendbar.

3. Wird der zugewendete Miteigentumsanteil Hs Anfangsvermögen zugerechnet (§ 1374 Abs. 2 BGB)?

Nein, das trifft nicht zu!

Nach dem BGH greift die Ausnahmevorschrift des § 1374 Abs. 2 BGB nicht, weil es sich schon nicht um eine "Schenkung" nach dem Wortlaut der Norm, sondern eine ehebedingte Zuwendung handelt. Eheliche Zuwendungen sind damit vielmehr grundsätzlich dem Endvermögen der Ehegatten zuzurechnen (§ 1375 Abs. 1 S. 1 BGB). G kann zwar den Miteigentumsanteil von H nicht herausfordern. Der Wert des Miteigentumsanteils wird aber Gs Endvermögen zugerechnet und somit beim Zugewinnausgleich berücksichtigt.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

REG

Regina

17.10.2024, 21:04:45

Wird G somit das ganze Haus zum Endvermögen zugerechnet? Ich hätte gedacht, dass ein Teil H und ein Teil G zugerechnet wird.

CLA

Clara.annie

18.12.2024, 09:57:21

Ja jeweils der Wert des Miteigentumsanteils.

Jan Swoboda

Jan Swoboda

4.6.2025, 16:16:26

Glaube der letzte Satz in der Antwort ist dann falsch

Major Tom(as)

Major Tom(as)

24.6.2025, 11:31:57

FYI, falls sich jemand dafür interessiert :) (BGH): 1. grds.: Sinn und Zweck des § 1374 II BGB = Ausnehmen der Vermögenszuwächse als solche, zu denen der andere Ehegatte in keinster Weise beigetragen hat und die gerade Ausdruck der persönlichen Beziehung des Zuwendungsempfängers und dem Dritten sind --> der Ehegatte soll nicht von der Zuwendung profitieren, er hat damit "nichts zu tun" 2. hier: Bei einer Zuwendung durch den Ehegatten jedoch hat der Ehegatte gerade "etwas mit der Vermögensmehrung zu tun" - sie stammt ja sogar von ihm --> somit ist es gerechtfertigt, wenn der Ehegatte beim Zugewinnausgleich auch etwas "zurückerhält", eine solche Vermögensmehrung kann nicht als Schenkung i.S.d. § 1374 II BGB gelten (a.A. Lit): eine Schenkung beruht auf einer (in den Grenzen der §§ 528-534 BGB) endgültigen Entscheidung des Zuwendenden, das Vermögen des anderen Ehegatten in Höhe der Schenkung zu mehren --> damit hat der Zuwendende eine wertmäßige Rückabwicklung durch Zugewinnausgleich nicht verdient (Zudem reiche § 1380 BGB zur Korrektur aus --> dieser muss modifiziert werden, wenn man der BGH-Ansicht folgt)


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