Abwandlung 2: Ermessen
6. April 2025
2 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Für Youtuberin Y wird es Zeit für den wohlverdienten Ruhestand. Sie lässt daher ohne Genehmigung eine glanzvolle Villa im Außenbereich für €5.000.000 errichten. Baubehörde B ordnet die Beseitigung der (nicht genehmigungsfähigen) Villa an. Y hält dies für unverhältnismäßig.
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Einordnung des Falls
Abwandlung 2: Ermessen
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Ist der Tatbestand der Beseitigungsverfügung (§ 79 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 NBauO) hier aufgrund doppelter Baurechtswidrigkeit erfüllt?
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. Bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen der Beseitigungsverfügung (§ 79 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 NBauO) muss die Behörde die Beseitigung anordnen (gebundene Entscheidung).
Nein, das ist nicht der Fall!
3. Y beruft sich auf die immensen Kosten und darauf, dass sie im Außenbereich niemanden stört. Ist die Beseitigungsverfügung deshalb unverhältnismäßig und ausnahmsweise zu dulden?
Nein, das trifft nicht zu!
4. Die Beseitigungsverfügung ist aber unverhältnismäßig, weil mildere Mittel in Betracht kommen.
Nein!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Artimes
24.2.2024, 10:24:29
Prüft man beim TBM „wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können“ also eine vollständige Verhältnismäßigkeitsprüfung auf Tatbestandsebene (statt im Ermessen)? Oder ist davon lediglich die Erforderlichkeitsprüfung erfasst?

Sebastian Schmitt
30.12.2024, 18:30:50
Hallo @[Artimes](3106), ich bin nicht ganz sicher, ob ich Deine Frage genau richtig verstehe. Melde Dich also gerne nochmal, wenn nach wie vor etwas unklar ist. Zunächst: Ja, das Kriterium des "wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können" wird man wohl schon auf Tatbestands-Ebene berücksichtigen müssen (zB für § 82 I 1 BauO NRW BeckOK-BauO NRW/Keller, 20. Ed, Stand 1.4.2024, § 82 Rn 5). Müssen wir hier eine andere denkbare Maßnahme zur Herstellung rechtfertiger Zustände näher beleuchten, kann (!) das theoretisch auf eine vollständige, inzidente Prüfung hinauslaufen, die auch die Ermessens-Ebene und damit eine VHMK-Prüfung dieser anderen Maßnahme erfasst. Wie tief man hier einsteigen muss, wird maßgeblich davon abhängen, wie naheliegend eine solche andere Vorgehensweise ist und wie sehr die Beteiligten in Eurer Sachverhaltsdarstellung sie ernsthaft in Betracht ziehen und diskutieren. Mal mag also ein kurzer Hinweis darauf ausreichen, dass andere Maßnahmen nicht ersichtlich sind, mal mag hier in einer Prüfung einer der Schwerpunkte liegen. Diese Ermessens- und VHMK-Prüfung bezöge sich allerdings logischerweise auf die alternative Maßnahme, nicht auf die
Beseitigungsverfügung. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team