Öffentliches Recht

Staatsorganisations-Recht

Wahlen und Wahlrechtsgrundsätze

Einführungsfall Wahlrechtsgrundsätze: Öffentlichkeit und Unmittelbarkeit der Wahl

Einführungsfall Wahlrechtsgrundsätze: Öffentlichkeit und Unmittelbarkeit der Wahl

19. April 2025

3 Kommentare

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Siegmund versucht das mit der Wahl ein letztes Mal. Um die Organisation zu erleichtern, sollen in bestimmten Bezirken Wahlpersonen – allesamt Götter – vom Volk gewählt werden, die dann das Parlament wählen sollen. Sieglinde soll am Ende die Stimmen allein auszählen und das Ergebnis verkünden.

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Einordnung des Falls

Einführungsfall Wahlrechtsgrundsätze: Öffentlichkeit und Unmittelbarkeit der Wahl

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Nach Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG müssen Wahlen lediglich geheim und frei sein.

Nein, das ist nicht der Fall!

Das Grundgesetz enthält in Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG Wahlrechtsgrundsätze, denen das Wahlsystem genügen muss. Danach müssen die Wahlen zum Deutschen Bundestag allgemein, unmittelbar, frei, gleich und geheim sein. Aus Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1, Abs. 2 GG wird zudem der Grundsatz der Öffentlichkeit der Wahl abgeleitet. Insgesamt gibt es also sechs Wahlrechtsgrundsätze.
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2. Die Unmittelbarkeit der Wahl bedeutet Direktwahl der Abgeordneten. Darf Siegmund danach die Wahlpersonen einsetzen?

Nein, das trifft nicht zu!

Die Wählerinnen und Wähler entscheiden direkt über die Wahlvorschläge ohne Dazwischentreten anderer Personen, etwa von Wahlfrauen und Wahlmännern (wie z.B. in den USA). Die personelle Zusammensetzung der Volksvertretung darf nur durch die Wahlentscheidung der Bürgerinnen und Bürger getroffen werden, allenfalls noch durch eine negative Wahlentscheidung eines Gewählten, der sein Mandat nicht annimmt oder später darauf verzichtet. Dass im von Siegmund vorgesehenen System erst die Wahlpersonen die Abgeordneten wählen sollen, verstößt gegen die Unmittelbarkeit der Wahl.

3. Der Grundsatz der Öffentlichkeit der Wahl bedeutet, dass die Wählenden ihre Stimmen offen abgeben müssen.

Nein!

Der Grundsatz der Öffentlichkeit der Wahl ergibt sich nicht direkt aus Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG, aber aus Art. 38 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 und 2 GG. Die Wahl muss sich vor den Augen der Öffentlichkeit vollziehen. Die wesentlichen Teile des Wahlvorgangs, wie die Wahlhandlung, mit Ausnahme der Stimmabgabe, und die Ergebnisermittlung sollen öffentlich überprüfbar sein. Dies wird beispielsweise durch ein Recht auf Anwesenheit im Wahlraum während des Wahlvorgangs und während der Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses durch den Wahlvorstand erfüllt. Dadurch soll sichergestellt werden, dass es zu keinen Verfälschungen kommt. Zudem wird das Vertrauen der Wählenden bzgl. der Richtigkeit des Wahlergebnisses gestärkt. Die Auszählung der Stimmen muss öffentlich überprüfbar sein. Eine Auszählung der Stimmen nur durch Sieglinde unter Ausschluss der Öffentlichkeit ist nicht mit dem Wahlgrundsatz der Öffentlichkeit vereinbar.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

HME

Hilfloser Melancholiker

3.5.2024, 16:58:14

Liebe den Humor, wie immer :D

NIE

Niels

12.12.2024, 21:04:58

Wäre des möglich, eine genauere Erklärung zu erhalten, aus welchen Punkten genau sich die

Öffentlichkeit der Wahl

ergibt? Ich habe die Artikel gelesen und verstehe auch den Grund, jedoch erschließt sich für mich die Herleitung nicht so wirklich.

Linne_Karlotta_

Linne_Karlotta_

14.4.2025, 18:17:42

Hey Niels, danke für deine Nachfrage. Kurz gesagt: Eine Demokratie kann nur dann funktionsfähig sein, wenn ein gewisses Maß an Kontrolle der Wahl durch die Wählenden gewährleistet wird. Art. 20 Abs. 2 GG garantiert, dass alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht. Das Volk muss auch nachvollziehen können, dass das tatsächlich so ist. Zu einer ausführlichen Begründung der

Öffentlichkeit der Wahl

empfehle ich die Lektüre der Entscheidung des BVerfG zur Verfassungsmäßigkeit der Wahlrechtscomputer: BVerfG, Urteil v. 2 BvC 3/07, 2 BvC 4/07, https://openjur.de/u/59040.html, RdNr. 30ff. Das Urteil haben wir hier für euch aufbereitet: https://applink.jurafuchs.de/u1NVmVn2ySb In einer Klausur musst Du hier keinen Begründungsaufwand leisten, sondern kannst Dich i.d.R. genauso knapp halten, wie wir es in dieser Aufgabe tun. Etwas anderes gilt natürlich dann, wenn die Aufgabe explizit nach der Herleitung des Grundsatzes fragt, was aus meiner Sicht aber vor allem in einer Zusatzfrage oder in der mündlichen Prüfung der Fall sein wird. In einer gutachterlichen Falllösung solltest Du hier hingegen keine Zeit verlieren. Viele Grüße – Linne, für das Jurafuchs-Team


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