Erschließung gesichert - Fall 1

24. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Annalena (A) plant die Errichtung eines Warenhauses innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils der beschaulichen Gemeinde K. Dabei erwartet sie einen Kundenverkehr von 4000 Fahrzeugen täglich. Die Straße, welche von dem Ortskern zu As Grundstück führt, ist bereits für den bestehenden Verkehr unzureichend. Bei Verwirklichung von As Vorhaben müsste ein weiterer Ausbau erfolgen. Ein solcher ist allerdings nicht geplant.

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Einordnung des Falls

Erschließung gesichert - Fall 1

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. A meint, die Erschließung i.S.d. § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB ist unabhängig davon zu prüfen, ob sich das Vorhaben in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Zu Recht?

Ja!

Von einem Einfügen des Vorhabens kann dann gesprochen werden, wenn sich das Vorhaben nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der überbaubaren Grundstücksfläche, innerhalb des durch die Bebauung seiner Umgebung geprägten Rahmens hält und die erforderliche Rücksicht auf die unmittelbare Umgebung nimmt. Allerdings ist zu beachten, dass die Zulassung eines geplanten Vorhabens auf der Grundlage des § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB voraussetzt, dass mehrere Tatbestandsvoraussetzungen nebeneinander erfüllt sind. Demnach ist neben dem Einfügen des Vorhabens in die Eigenart der näheren Umgebung zu fordern, dass die Erschließung gesichert ist. Es handelt sich dabei um eine separate Anforderung, die unabhängig von dem Merkmal des Einfügungsgebotes zu prüfen ist. § 34 Abs. 1 BauGB stellt an das geplante Vorhaben eine Reihe von Anforderungen. Dazu zählen, dass: - sich das Vorhaben in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, - die Erschließung gesichert ist, - die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse gewahrt sind, - das Ortsbild nicht beeinträchtigt ist sowie - keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche zu erwarten sind gemäß § 34 Abs. 3 BauGB. Beachte, dass im Rahmen der Prüfung des Einfügungsgebotes auch das Rücksichtnahmegebot zu prüfen ist. Das Rücksichtnahmegebot ist bei Vorhaben der vorliegenden Art beispielweise dann nicht mehr gewahrt, wenn der Betrieb zwangsläufig Zu- und Abgangsverkehr mit sich bringt, der der Nachbarschaft nicht zumutbar ist.
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2. Setzt die Erschließung von As Grundstück einen Anschluss an das öffentliche Straßennetz voraus?

Genau, so ist das!

Ein Baugebiet ist dann erschlossen, wenn es in verkehrsstruktureller, technischer und sozialer Hinsicht nutzbar ist. Vorhaben, die gemäß § 34 BauGB im unbeplanten Innenbereich durchgeführt werden sollen, haben sich grundsätzlich mit dem Erschließungszustand abzufinden, den der jeweilige Innenbereich aufweist. Die dort vorhandene Erschließung muss ebenfalls als gesichert gelten. Allerdings ist das geplante Vorhaben auch dann zulässig, wenn die Erschließung hinter derjenigen zurückbleibt, welche in einem geplanten Baugebiet den Standard bilden würde. Abzustellen ist jeweils auf die Art des Vorhabens sowie die konkrete Erschließungssituation. Der Begriff der Erschließung ist grundstücksbezogen und umfasst jedenfalls den Anschluss des Grundstücks an das öffentliche Straßennetz, die Versorgung mit Elektrizität und Wasser sowie die Abwasserbeseitigung. Das öffentliche Straßennetz stellt eine verkehrsstrukturelle Voraussetzung dar, um die Nutzbarkeit von As Warenhaus herzustellen, dieses an den Verkehr anzubinden und mit dem Rest des Ortsteils zu verbinden.

3. A fragt sich, ob die gesicherte Erschließung des Vorhabens bereits bei Stellung des Antrags auf Baugenehmigung vorliegen muss?

Nein, das trifft nicht zu!

Ein Baugebiet ist dann erschlossen, wenn es in verkehrsstruktureller, technischer und sozialer Hinsicht nutzbar ist. Vorhaben, die gemäß § 34 BauGB im unbeplanten Innenbereich durchgeführt werden sollen, haben sich grundsätzlich mit dem Erschließungszustand abzufinden, den der jeweilige Innenbereich aufweist. Die dort vorhandene Erschließung muss ebenfalls als gesichert gelten. Abzustellen ist jeweils auf die Art des Vorhabens sowie die konkrete Erschließungssituation. Ist die Erschließung im Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung noch nicht vorhanden, so reicht es für eine Annahme der Sicherung der Erschließung aus, wenn sie spätestens im Zeitpunkt der Fertigstellung oder Ingebrauchnahme des Vorhabens vorhanden ist. Beachte, dass es zwar genügt, wenn die gesicherte Erschließung erst im Zeitpunkt der Fertigstellung oder Ingebrauchnahme vorliegt. Jedenfalls dann muss die gesicherte Erschließung aber grundsätzlich immer vorliegen. Die Sicherung der Erschließung ist auch in den Genehmigungsfällen des § 34 Abs. 2 i.V.m. § 31 und Abs. 4 BauGB Zulässigkeitsvoraussetzung. Der Grundsatz der gesicherten Erschließung dient der Gewährleistung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung. Ausnahmen und Befreiungen hiervon können nicht gewährt werden.

4. Ist die Erschließung für As Vorhaben gesichert?

Nein!

Ein Baugebiet ist dann erschlossen, wenn es in verkehrsstruktureller, technischer und sozialer Hinsicht nutzbar ist. Vorhaben, die gemäß § 34 BauGB im unbeplanten Innenbereich durchgeführt werden sollen, haben sich grundsätzlich mit dem Erschließungszustand abzufinden, den der jeweilige Innenbereich aufweist. Die dort vorhandene Erschließung muss ebenfalls als gesichert gelten. Abzustellen ist jeweils auf die Art des Vorhabens sowie die konkrete Erschließungssituation. Eine bereits vorhandene Erschließung kann der Zulässigkeit von Vorhaben Grenzen setzen, welche nur beschränkt überwunden werden können. Eine solche Grenze kann unter bestimmten Umständen eine durch das Vorhaben verursachte Erhöhung der Verkehrsbelastung sein. Ein Mangel der gesicherten Erschließung liegt insbesondere dann vor, wenn die vorhandenen Straßen durch den vom Vorhaben zu erwartenden Verkehr derart belastet würden, dass die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs ohne zusätzliche Erschließungsmaßnahmen nicht mehr gewährleistet wäre. Dies gilt nicht, wenn diese Einschränkung nur in Spitzenzeiten auftritt. Folglich ist eine Erschließung durch eine vorhandene Straße lediglich dann gesichert, wenn sie im Regelfall in der Lage ist, den durch das Vorhaben verursachten Verkehr im Regelfall zu bewältigen. As Grundstück ist an das öffentliche Straßennetz angeschlossen. Die Straße entspricht auch dem Standard des Straßennetz des Ortsteils und stellt somit grundsätzlich einen dem übrigen unbeplanten Innenbereich entsprechenden Erschließungszustand dar. A erwartet infolge des von ihr geplanten Vorhabens einen Kundenverkehr von 4000 Fahrzeugen täglich. Dabei ist die Straße bereits für den bestehenden Verkehr unzureichend. Somit ist bereits eine vorhandene, gesicherte Erschließung abzulehnen. Selbst wenn davon ausgegangen werden würde, dass der unbeplante Innenbereich ohne As Vorhaben ausreichend erschlossen wäre, so wäre in Anbetracht des von A geplanten Vorhabens ein weiterer Ausbau der Straße notwendig. Ohne diesen Ausbau könnte die Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs nicht mehr gewährleistet werden. As Grundstück ist folglich für das von ihr geplante Vorhaben nicht verkehrsstrukturell nutzbar. Indem ein erforderlicher Ausbau der Straße nicht geplant ist, ist auch nicht davon auszugehen, dass bis zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme des Warenhauses eine gesicherte Erschließung besteht. Maßgebend dafür, ob eine gesicherte Erschließung vorliegt, ist die öffentlich-rechtliche Rechtslage. Ob dem Kläger gegen Nachbarn zivilrechtliche Ansprüche auf eine private Zuwegung zustehen, ist dafür grundsätzlich unerheblich.
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