Öffentliches Recht

Baurecht: Bauplanungsrecht

Unbeplanter Innenbereich (§ 34 BauGB)

Keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche - Fall 3

Keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche - Fall 3

24. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Melli (M) plant die Errichtung eines großflächigen Einkaufszentrum auf einem im unbeplanten Innenbereich liegenden Grundstück der Stadt L. Das Grundstück ist außerhalb der Innenstadt angesiedelt. Der Stadtkern von L zeichnet sich wiederum durch Branchenvielfalt aus und erfüllt eine in gewissem Umfang auch auf das weitere Umland bezogene Versorgungsfunktion. Durch die Verwirklichung von Ms Vorhaben würde es im Stadtkern zu Kaufkraftabflüssen von mindestens 30 % kommen.

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Einordnung des Falls

Keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche - Fall 3

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Sobald sich ein Vorhaben in die Eigenart der näheren Umgebung gemäß § 34 Abs. 1 BauGB einfügt, kann es nicht mehr wegen schädlicher Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche gemäß § 34 Abs. 3 BauGB unzulässig sein.

Nein, das trifft nicht zu!

§ 34 Abs. 3 BauGB bezweckt, städtebauliche Nachteile für zentrale Versorgungsbereiche zu verhindern und dadurch eine Verödung der Innenstädte zu vermeiden. Der zentrale Versorgungsbereich i.S.d. § 34 Abs. 3 BauGB bezeichnet einen räumlich abgrenzbaren Bereich der Gemeinde, der eine Versorgungsfunktion von einem besonderen Gewicht für die städtebauliche Entwicklung erfüllt beziehungsweise erfüllen soll. Vorhaben können, obwohl sie sich nach § 34 Abs. 1 BauGB in die nähere Umgebung einfügen, gleichwohl wegen schädlicher Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche innerhalb der Gemeinde oder in anderen Gemeinden gemäß § 34 Abs. 3 BauGB unzulässig sein. § 34 Abs. 3 BauGB zielt dabei vor allem auf die über die nähere Umgebung hinausgehenden sog. Fernwirkungen von großflächigen Einzelhandelsbetrieben und vergleichbaren Anlagen ab. Den sog. Fernwirkungen, also Auswirkungen, welche über den durch die Eigenart der näheren Umgebung gezogenen Rahmen hinausgehen, werden nicht von der Prüfung nach § 34 Abs. 1 und 2 BauGB erfasst. Diese Regelungslücke wird mithilfe des § 34 Abs. 3 BauGB geschlossen. § 34 Abs. 1 BauGB stellt für die Zulässigkeit an das geplante Vorhaben eine Reihe von Anforderungen. Dazu zählen, dass: - sich das Vorhaben in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, - die Erschließung gesichert ist, - die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse gewahrt sind, - das Ortsbild nicht beeinträchtigt ist sowie - keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche zu erwarten sind gemäß § 34 Abs. 3 BauGB.
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2. Stellt der Stadtkern der Stadt L einen zentralen Versorgungsbereich dar?

Ja!

Der zentrale Versorgungsbereich i.S.d. § 34 Abs. 3 BauGB bezeichnet einen räumlich abgrenzbaren Bereich der Gemeinde, der eine Versorgungsfunktion von einem besonderen Gewicht für die städtebauliche Entwicklung erfüllt beziehungsweise erfüllen soll. Aufgrund vorhandener Einzelhandelsnutzungen – häufig ergänzt durch diverse Dienstleistungen und gastronomische Angebote – kommt dem Bereich die Versorgungsfunktion über den unmittelbaren Nahbereich hinaus zu. Dabei muss der Versorgungsbereich nach Lage, Art und Zweckbestimmung eine für die Versorgung der Bevölkerung in einem bestimmten Einzugsbereich zentrale Funktion haben. Für die Beurteilung, ob ein zentraler Versorgungsbereich i.S.d. § 34 Abs. 3 BauGB vorliegt, bedarf es einer wertenden Gesamtbetrachtung der städtebaulich relevanten Gegebenheiten. Die Innenstadt in Gestalt des Stadtkerns der Stadt L zeichnet sich durch Branchenvielfalt aus. Sie bietet demnach ein breites Spektrum von Waren an und dient somit nach Lage, Art und Zweckbestimmung dem Kundenkreis eines größeren Einzugsbereichs. Sie hat eine in gewissem Umfang auch auf das weitere Umland bezogene Versorgungsfunktion und stellt mithin einen zentralen Versorgungsbereich dar.

3. Ob schädliche Auswirkungen i.S.d. § 34 Abs. 3 BauGB auf einen zentralen Versorgungsbereich vorliegen, kann anhand des zu erwartenden Kaufkraftabflusses aus dem zentralen Versorgungsbereich bestimmt werden.

Genau, so ist das!

Der zentrale Versorgungsbereich i.S.d. § 34 Abs. 3 BauGB bezeichnet einen räumlich abgrenzbaren Bereich der Gemeinde, der eine Versorgungsfunktion von einem besonderen Gewicht für die städtebauliche Entwicklung erfüllt bzw. erfüllen soll. Aufgrund vorhandener Einzelhandelsnutzungen – häufig ergänzt durch diverse Dienstleistungen und gastronomische Angebote – kommt dem Bereich die Versorgungsfunktion über den unmittelbaren Nahbereich hinaus zu. Ob das Vorhaben schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche erwarten lässt, ist insbesondere unter dem Gesichtspunkt der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung festzustellen. Schädliche Auswirkungen sind i.S.d § 34 Abs. 3 BauGB anzunehmen, wenn die Funktionsfähigkeit des betroffenen zentralen Versorgungsbereichs in beachtlichem Ausmaß beeinträchtigt und damit gestört wird. Eine solche Funktionsstörung liegt vor, wenn der Versorgungsbereich seinen Versorgungsauftrag generell oder hinsichtlich einzelner Branchen nicht mehr in substantieller Weise wahrnehmen kann. Ob schädliche Auswirkungen auf einen zentralen Versorgungsbereich im Sinne des § 34 Abs. 3 BauGB eintreten, ist mittels einer Prognose zu bestimmen. Das Vorliegen schädlicher Auswirkungen bestimmt sich nach den jeweiligen örtlichen Verhältnissen. Zur Feststellung, ob das Vorhaben eine schädliche Auswirkung auf zentrale Versorgungsbereiche gemäß § 34 Abs. 3 BauGB aufweist, kann der zu erwartende Kaufkraftabfluss herangezogen werden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass andere Methoden zu Bestimmung schädlicher Auswirkungen ausgeschlossen sind. Entscheidend ist letztlich eine Gesamtbetrachtung aller städtebaulich relevanten Umstände. Eine schädliche Auswirkung auf zentrale Versorgungsbereiche liegt nicht erst dann vor, wenn sie die Schwelle zur Unzumutbarkeit überschreitet, welche im Anwendungsbereich des interkommunalen Abstimmungsgebot gemäß § 2 Abs. 2 BauGB der Planungsbefugnis der Gemeinde eine äußerste, nicht überwindbare Schranke setzt. Ebenfalls ist für das Bejahen schädlicher Auswirkungen i.S.d. § 34 Abs. 3 BauGB nicht erforderlich, dass infolge des geplanten Vorhabens der Verlust der städtebaulichen Funktion als zentraler Versorgungsbereich zu erwarten ist. In der Klausurpraxis werden schädliche Auswirkungen oft von einem größeren Einzelhandelsbetrieb ausgehen. Zu Fragen ist dann, ob im Rahmen der Prüfung nach § 34 Abs. 3 BauGB die Regelung des § 11 Abs. 3 BauNVO aufgrund der Unzulässigkeit dort bezeichneten großflächigen Einzelhandelsbetriebe herangezogen werden kann. Allerdings ist die Vorschrift des § 34 Abs. 3 BauGB als eigenständige Zulässigkeitsvoraussetzung nicht mit § 11 Abs. 3 BauNVO identisch. Für die Beurteilung schädlicher Auswirkungen kann § 11 Abs. 3 BauNVO daher weder unmittelbar noch entsprechend einbezogen werden.

4. Weißt das von M geplante Vorhaben schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche gemäß § 34 Abs. 3 BauGB auf?

Ja, in der Tat!

Der zentrale Versorgungsbereich i.S.d. § 34 Abs. 3 BauGB bezeichnet einen räumlich abgrenzbaren Bereich der Gemeinde, der eine Versorgungsfunktion von einem besonderen Gewicht für die städtebauliche Entwicklung erfüllt bzw. erfüllen soll. Aufgrund vorhandener Einzelhandelsnutzungen – häufig ergänzt durch diverse Dienstleistungen und gastronomische Angebote – kommt dem Bereich die Versorgungsfunktion über den unmittelbaren Nahbereich hinaus zu. Ob das Vorhaben schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche erwarten lässt, ist insbesondere unter dem Gesichtspunkt der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung festzustellen. Schädliche Auswirkungen sind i.S.d § 34 Abs. 3 BauGB anzunehmen, wenn die Funktionsfähigkeit des betroffenen zentralen Versorgungsbereichs in beachtlichem Ausmaß beeinträchtigt und damit gestört wird. Eine solche Funktionsstörung liegt vor, wenn der Versorgungsbereich seinen Versorgungsauftrag generell oder hinsichtlich einzelner Branchen nicht mehr in substantieller Weise wahrnehmen kann. Ob schädliche Auswirkungen auf einen zentralen Versorgungsbereich im Sinne des § 34 Abs. 3 BauGB eintreten, ist mittels einer Prognose zu bestimmen. Das Vorliegen schädlicher Auswirkungen bestimmt sich nach den jeweiligen örtlichen Verhältnissen. Die Innenstadt in Gestalt des Stadtkerns der Stadt L hat eine in gewissem Umfang auch auf das weitere Umland bezogene Versorgungsfunktion und stellt demnach einen zentralen Versorgungsbereich dar. Die Errichtung des von M geplanten Einkaufszentrums hätte für den Stadtkern Kaufkraftabflüsse von mindestens 30 % zur Folge. Bei einem Kaufkraftabfluss in dieser Höhe kann davon ausgegangen werden, dass der zentrale Versorgungsbereich seinem Versorgungsauftrag mindestens bezüglich einzelner Branchen nicht mehr in substanzieller Weise wahrnehmen kann. Eine Funktionsstörung von beachtlichem Ausmaß auf den Stadtkern wäre folglich gegeben. § 34 Abs. 3 BauGB räumt betroffenen Gemeinden die Möglichkeit ein, sich gegen die schädlichen Auswirkungen auf ihre zentralen Versorgungsbereiche mittels eines sog. gemeindlichen Abwehrrechts zur Wehr zu setzen. Dies gilt jedoch nicht für private Bauherren oder Inhaber der im zentralen Versorgungsbereich gelegenen Geschäfte. Denn § 34 Abs. 3 BauGB soll nicht vor Konkurrenz schützen.
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