Referendariat

Die ZVR-Klausur

Drittwiderspruchsklage, § 771 ZPO

Interventionsrecht entfällt nach der Pfändung wieder - § 265 Abs. 2 ZPO

Interventionsrecht entfällt nach der Pfändung wieder - § 265 Abs. 2 ZPO

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Im Rahmen der von G gegen S betriebenen Zwangsvollstreckung wird die Playstation des F gepfändet, die dieser dem S geliehen hatte. F erhebt Drittwiderspruchsklage. Kurz darauf übereignet er die Konsole an seinen Cousin C (§§ 929, 931 BGB). Dieser weiß nichts von der Pfändung.

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Einordnung des Falls

Interventionsrecht entfällt nach der Pfändung wieder - § 265 Abs. 2 ZPO

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Begründetheit der Drittwiderspruchsklage setzt zunächst voraus, dass F ein Interventionsrecht hat. Ein solches hatte F zum Zeitpunkt der Klageerhebung.

Ja, in der Tat!

Ein Interventionsrecht eines Dritten am Vollstreckungsgegenstand liegt vor, wenn eine hypothetische Veräußerung des Vollstreckungsgegenstands durch den Vollstreckungsschuldner widerrechtlich in den Rechtskreis des Dritten eingreifen würde. Das Eigentum stellt den klassischen Fall eines Interventionsrechts dar. Bei Klageerhebung war F noch Eigentümer der Playstation. Zu diesem Zeitpunkt hatte er also ein Interventionsrecht. Fraglich ist, ob er sein Eigentum zwischenzeitlich wirksam auf C übertragen hat. Hierfür ist unter anderem relevant, ob die Playstation verstrickt war.
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2. Die Konsole gehörte im Zeitpunkt der Pfändung nicht dem Vollstreckungsschuldner S. Ist deswegen der Eintritt der Verstrickung gescheitert (§ 808 ZPO)?

Nein!

Durch die Pfändung einer Sache (§§ 803ff. ZPO) tritt deren Verstrickung ein. Die Verstrickung ist ein durch die Pfändung begründetes öffentlich-rechtliches Gewaltverhältnis über den Vollstreckungsgegenstand zum Zwecke der Zwangsvollstreckung. Sie tritt unabhängig davon ein, ob der Vollstreckungsschuldner Eigentümer der gepfändete Sache ist. Entscheidend ist nur, dass er Gewahrsam daran hat (§ 808 ZPO). Obwohl S nicht Eigentümer der Playstation war, ist durch die Pfändung Verstrickung eingetreten.

3. Durch eine Verstrickung entsteht ein Veräußerungsverbot nach §§ 136, 135 BGB. Kann dieses durch Gutgläubigkeit überwunden werden?

Genau, so ist das!

Die Verstrickung hat zur Folge, dass der Vollstreckungsschuldner die Verfügungsbefugnis über den Vollstreckungsgegenstand verliert bzw. dass ein relatives Veräußerungsverbot nach §§ 136, 135 BGB entsteht. Hiernach sind Verfügungen des Vollstreckungsschuldners über den verstrickten Gegenstand dem Vollstreckungsgläubiger gegenüber grundsätzlich unwirksam. Die fehlende Verfügungsbefugnis des Vollstreckungsschuldner kann jedoch durch die Gutgläubigkeit des Erwerbers überwunden werden (§§ 136, 135 Abs. 2, 932ff. BGB).

4. C hat wirksam das Eigentum an der Playstation von F erworben.

Ja, in der Tat!

Der Eigentumserwerb setzt (1) eine dingliche Einigung, (2) die Übergabe der Sache oder ein Übergabesurrogat, (3) das Einigsein im Zeitpunkt der Übergabe und (4) die Berechtigung des Verfügenden voraus. Der Eigentümer einer Sache ist berechtigt, sofern er verfügungsbefugt ist. Die aufgrund einer Pfändung im Rahmen der Zwangsvollstreckung fehlende Verfügungsbefugnis des Eigentümers kann nach §§ 136, 135 Abs. 2, 932ff. BGB überwunden werden, wenn (1) der Erwerber gutgläubig in Bezug auf die fehlende Verfügungsbefugnis und (2) die Sache nicht abhandengekommen ist (§ 935 BGB). Eine dingliche Einigung zwischen F und C liegt vor. Statt die Konsole zu übergeben, trat F dem C nach § 931 BGB seinen Herausgabeanspruch gegen S aus § 604 BGB ab. C war gutgläubig, da er nichts von der vorherigen Pfändung wusste. Ein Abhandenkommen liegt nicht vor, da nach wie vor S der unmittelbare Besitzer der Konsole ist.

5. Die Drittwiderspruchsklage wurde durch die Übereignung der Playstation an C unbegründet (vgl. § 265 Abs. 2 S. 1 ZPO).

Nein!

Grundsätzlich muss das Interventionsrecht bereits zum Zeitpunkt der Pfändung begründet worden sein und noch zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bestehen. Eine Ausnahme hiervon ergibt sich jedoch aus § 265 Abs. 2 S. 1 ZPO. Hiernach hat die Veräußerung der in Streit befangenen Sache auf den Prozess keinen Einfluss. Wenn der Kläger also sein bei Klageerhebung noch bestehendes Interventionsrecht nur dadurch verliert, dass er selbst über die streitbefangene Sache verfügt bzw. sie veräußert, führt dies nach § 265 Abs. 2 S. 1 ZPO nicht zur Unbegründetheit seiner Klage. F hatte bei Klageerhebung ein Interventionsrecht, jedoch nicht mehr zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung. Dies ist jedoch nur darauf zurückzuführen, dass er selbst zwischenzeitlich die Playstation an C übereignet hat. Die Klage bleibt folglich begründet.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

lambogallardo

lambogallardo

25.7.2024, 17:50:04

M.E. scheitert hier der gutgläubige lastenfreie Erwerb daran, dass die Voraussetzungen der §§ 135, 136 BGB iVm §§929, 931, 932, 934 BGB nicht vorliegen: "Gehört eine nach § 931 veräußerte Sache nicht dem Veräußerer, so wird der Erwerber, wenn der Veräußerer mittelbarer Besitzer der Sache ist, mit der Abtretung des Anspruchs, anderenfalls dann Eigentümer, wenn er den Besitz der Sache von dem Dritten erlangt, es sei denn, dass er zur Zeit der Abtretung oder des Besitzerwerbs nicht in gutem Glauben ist." Der gutgläubige Erwerb ohne Verschaffung des Besitzes zu Gunsten des Veräußerers durch den Dritten ist nur möglich, wenn der Veräußerer mittelbarer Besitzer der Veräußerten Sache ist. Hier endet aber doch der mittelbare Besitz des Veräußerers mit der Verstrickung der PlayStation. Sofern der

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LO

Lorenz

18.9.2024, 16:39:15

Ich würde sagen, dass das Eigentum erworben werden kann. Nur eben nicht lastenfrei, § 936 I 2 BGB. Davon steht auch nichts in der Lösung. Aber ich würde mich auch über einen Kommentar von Jurafuchs freuen.


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