Zivilrechtliche Nebengebiete
Handelsrecht
Allgemeine Regeln für Handelsgeschäfte (§§ 343-372 HGB)
Gutgläubiger Pfandrechtserwerb nach § 366 Abs. 3 HGB
Gutgläubiger Pfandrechtserwerb nach § 366 Abs. 3 HGB
19. Mai 2025
6 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

D lagert den Gabelstapler des E gegen dessen Willen im Lager des L ein. Als E die Maschine von L herausverlangt, macht L wegen der Lagerkosten ein Pfandrecht an der Maschine geltend. L hat D für befugt gehalten, den Lagervertrag über den Gabelstapler abzuschließen.
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Einordnung des Falls
Gutgläubiger Pfandrechtserwerb nach § 366 Abs. 3 HGB
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. L könnte an dem Gabelstapler ein Pfandrecht nach § 475b Abs. 1 HGB erworben haben.
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. War D ermächtigt, mit L einen Lagervertrag abzuschließen?
Nein!
3. Können gesetzliche Pfandrechte im allgemeinen Zivilrecht gutgläubig erworben werden?
Nein, das ist nicht der Fall!
4. Bei speziellen gesetzlichen Pfandrechten, insbesondere handelsrechtlichen, kommt ausnahmsweise auch ein gutgläubiger Erwerb in Betracht (§ 366 Abs. 3 HGB).
Ja, in der Tat!
5. Hat L hier wirksam ein Pfandrecht an dem eingelagerten Gabelstapler erworben (§ 475b Abs. 1 i.V.m. § 366 Abs. 3 HGB)?
Ja!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Lena
8.11.2024, 17:19:06
mir ist hier nicht klar, wieso der Lagervertrag unwirksam ist? kann ein Lagervertrag nur jeweils für eine ganz bestimmte Sache geschlossen werden? (wie beim Bestimmtheitsgrundsatz im Sachenrecht) und ist somit ein Lagervertrag über Sachgesamtheiten oder noch nicht festgelegte Gegenstände nicht möglich? woraus ergibt sich, dass derjenige der den Lagervertrag schließt, Eigentümer bzw. ein von ihm ermächtigter Vertreter sein muss? Der Lagervertrag dürfte doch nur ein Verpflichtungsgeschäft sein oder?

MenschlicherBriefkasten
20.11.2024, 12:07:54
Der Vertrag ist unwirksam, weil D mangels Vertretungsmacht keinen Vertrag im Namen des E mit L abschließen konnte. Zur dritten Frage: dies ergibt sich aus den Grundsätzen der Stellvertretung, §§ 164 ff. BGB. Zur vierten Frage: ja, das ist der Fall.

FalkTG
12.12.2024, 09:19:25
Wer muss den Kaufmann sein? Der Einlagernde oder der Lagerhalter?
Šeki26
6.2.2025, 11:23:40
Besondere Eigenschaften an den Vertragspartner sind hier nicht
erforderlich. Es muss nur ein von Abs.3 erfasster Vertrag abgeschlossen worden sein. Vgl. u.a. MüKoHGB/Martens HGB § 366 Rn. 49
Ryd
21.12.2024, 22:22:22
Habe ich das also richtig verstanden, dass sich gemäß § 366 III HGB nach eurer Lösung insofern auswirkt, als dass das Verpflichtungsgeschäft des Lagervertrags wirksam ist? (mal angenommen es handelt sich hier um Kaufleute, was aus dem Sachverhalt schon nicht hervorgeht) Also praktisch dann ein
Rechtsscheinhinsichtlich der Vertretungsmacht durch guten Glauben begründet wird? Es wirkt fast so, als ob bei der Lösung das Trennungsprinzip überhaupt gar nicht beachtet wurde.

0815jurafuchs
25.4.2025, 11:14:21
Sehe die Darstellung hier wie mein Vorredner kritisch. In der Lösung ist davon die Rede, dass die Berechtigung zum Abschluss des Vertrages bestand. Ich lese es so, dass damit das Verpflichtungsgeschäft gemeint ist. § 366 I HGB schützt nur den guten Glauben an die Berechtigung zum Abschluss des
Verfügungsgeschäfts. § 366 III HGB räumt m.E. keinen weiteren Gutglaubensschutz ein als § 366 I HGB. § 366 III HGB kann sich daher m.E. nur auf den guten Glauben an die Verfügungsberechtigung erstrecken - hier also die Befugnis des Dritten dem Einlagernden den Besitz an den eingelagerten Sachen zu überlassen. § 366 III HGB ersetzt damit nur die für eine wirksame Verfügung notendige Zustimmung iSv § 185 II BGB fürs
Verfügungsgeschäft. Eine fehlende Vertretungsmacht für den Abschluss des Lagervertrages wie m.E. in der Lösung suggeriert kann m. E. über § 366 III HGB nicht geheilt werden, so dass es an einem wirksamen
schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäft fehlt. Angesichts der damit einhergehenden Konsequenzen (bspw. im Zusammenhang mit
bereicherungsrechtlichen Problemen) fände ich hier eine Stellungnahme der Redaktion hilfreich.