Referendariat: Prozessrecht & Klausurtypen

Die zivilrechtliche Urteilsklausur

Klageänderung

Rubrum, Tenor und Tatbestand bei gewillkürter Parteiänderung

Rubrum, Tenor und Tatbestand bei gewillkürter Parteiänderung

12. April 2025

12 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

K hat B auf Zahlung von €4.000 verklagt. Nach Beginn der mündlichen Verhandlung beantragt K einen Beklagtenwechsel. Statt B soll C Beklagter sein, womit auch B und C einverstanden sind. Gegen B ist noch kein Kostenbeschluss ergangen. C wird antragsgemäß verurteilt. ‌

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Einordnung des Falls

Rubrum, Tenor und Tatbestand bei gewillkürter Parteiänderung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Im Rubrum ist nur noch C als Beklagter aufzuführen.

Nein!

Bei einem Beklagtenwechsel nach Beginn der mündlichen Verhandlung hängt das Ausscheiden des alten Beklagten von dessen Einwilligung ab (§ 269 Abs. 1 ZPO analog). Ohne Einwilligung verbleibt er im Prozess und ist daher weiterhin im Rubrum aufzuführen. Willigt er jedoch ein und scheidet aus, bedeutet dies dagegen nicht zwangsläufig, dass er nicht mehr ins Rubrum gehört. Wenn in Bezug auf den alten Beklagten noch kein Kostenbeschluss (§ 269 Abs. 4 S. 1 ZPO analog) ergangen ist, muss über die Kosten noch im Rahmen des Urteils entschieden werden. Dann ist der alte Beklagte noch im Rubrum zu nennen. B hat dem Beklagtenwechsel bzw. der Rücknahme der Klage gegen ihn zugestimmt. Jedoch ist in Bezug auf ihn noch kein Kostenbeschluss ergangen.
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2. Der Hauptsachetenor lautet: „Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger €4.000 zu zahlen“.

Nein, das ist nicht der Fall!

Sofern der alte Beklagte bei einem Beklagtenwechsel weiterhin im Rubrum aufzuführen ist, ist er dort unverändert als „- Beklagter zu 1 -“ zu benennen. Folglich ist der neue Beklagte als „- Beklagter zu 2 -“ zu bezeichnen. Diese Bezeichnungen setzen sich auch im Tenor des Urteils fort. B ist weiterhin im Rubrum aufzuführen und daher unverändert als „- Beklagter zu 1 -“ zu benennen. Dadurch ist C „- Beklagter zu 2 -“. Dies muss sich auch im Hauptsachetenor so fortsetzen: „Der Beklagte zu 2 wird verurteilt, an den Kläger €4.000 zu zahlen.“

3. Die Kostenentscheidung lautet: „Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte zu 2, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1. Diese trägt der Kläger.“

Ja, in der Tat!

Nach § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO trägt die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits. Bei Klagerücknahme trägt nach § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO grundsätzlich der Kläger die Kosten des Rechtsstreits und nach § 269 Abs. 4 S. 1 ZPO entscheidet das Gericht hierüber durch Beschluss. Sofern kein separater Kostenbeschluss beim Parteiwechsel ergeht, wird über die Kosten im Rahmen der Kostenentscheidung des Endurteils entschieden. Da C verurteilt wurde, muss er die Kosten des Rechtsstreits tragen. Hiervon auszunehmen sind die durch die Klagerücknahme entstandenen außergerichtlichen Kosten des C, die K tragen muss.

4. Das Urteil ist für K nur gegen Sicherheitsleistung, für B ohne Sicherheitsleistung aber mit Abwendungsbefugnis vorläufig vollstreckbar.

Ja!

Ein Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache €1.250 nicht übersteigt oder wenn nur die Kosten vollstreckbar sind und diese €1.500 nicht übersteigen (§ 708 Nr. 11 ZPO). C wurde zur Zahlung von €4.000 verurteilt. B kann nur seine außergerichtlichen Kosten vollstrecken, welche angesichts des geringen Streitwerts jedenfalls unter €1.500 liegen. „Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zu 1 vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.“

5. Der Beklagtenwechsel ist in der kleinen Prozessgeschichte des Tatbestands zu erwähnen.

Genau, so ist das!

Die kleine Prozessgeschichte wird auch antragsbezogene Prozessgeschichte genannt. In ihr sind alle prozessualen Ereignisse aufzuzählen, die für das Verständnis der Anträge von Bedeutung sind. Hierzu gehören auch subjektive Klageänderungen. In der kleinen Prozessgeschichte sollte zunächst erläutert werden, „wer“ ursprünglich „was“ gegen „wen“ eingeklagt hat. Anschließend sollte dargelegt werden, warum eine Parteiänderung erklärt wurde und welche Art der Parteiänderung vorliegt. „K hat zunächst B auf Zahlung von €4.000 verklagt. Aufgrund von…/Wegen…/Um… zu… hat er einen Beklagtenwechsel erklärt. Statt gegen B soll sich die Klage nun gegen C richten.“
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

NIC

Nicolas

8.12.2023, 09:50:44

Wieso trägt - bei einem Wechsel von B zu C - der C im Unterliegen sämtliche Kosten des Prozesses, die ggf im Verhältnis K - B anfielen und nicht angefallen wären, wenn K direkt C verklagt hätte? Ich denke da an Gutachten, die aufgrund des Vortrages von B erforderlich wurden. Werden die tatsächlich dem C aufgebürdet?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

8.12.2023, 10:56:42

Hallo Nicolas, danke für deine Frage! Ich vermute, du bist bei den Beteiligten durcheinander gekommen. Der Kläger trägt - auch wenn der Klage in vollem Umfang stattgegeben wird - die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1. Diese muss nicht der Beklagte zu 2 tragen, der ja erst nachträglich in den Rechtsstreit gekommen ist. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

NIC

Nicolas

8.12.2023, 18:15:12

Danke für die schnelle Antwort. Dies meine ich aber tatsächlich nicht. Beispiel: K verklagt A zu unrecht. A geht in den Prozess und verursacht Kosten, indem er mit seinem Vorbringen ein gerichtl. 'provoziert'. Dieses wird erhoben. K merkt den Fehler. A steigt aus und B tritt ein. Trägt der B im Unterliegen auch die Kosten des Gutachtens und wenn ja - wäre das nicht unfair?

FL

Florian

16.11.2024, 23:33:39

Push - bitte erläutern:)

Felix Finito

Felix Finito

30.3.2024, 09:14:18

Wieso ist das Urteil für B nur mit

Abwendungsbefugnis

des K vollstreckbar? Müsste nicht grds. nach §§ 269 III 2, 269 IV 1 ZPO über die Kosten zwischen B und K durch Beschluss entschieden werden, sodass B auch bei einer

Kostenmischentscheidung

durch Urteil nicht benachteiligt werden darf und nach § 794 Nr. 3 ZPO ohne

Abwendungsbefugnis

des K vollstrecken dürfte?

Nocebo

Nocebo

24.5.2024, 15:57:48

Ich denke das folgt daraus, dass es sich nicht um eine Klagerücknahme im eigentlichen Sinn handelt, sondern § 269 ZPO nur hinsichtlich Zustimmung und Zeitpunkt analog angewendet wird. Ansonsten hättest du Recht.

Nocebo

Nocebo

3.8.2024, 17:44:02

Ich habe zwar leider nur Urteile gefunden, die meinen Kommentar stützen - ich halte das im Nachhinein aber für Quatsch. Du hast völlig Recht, wenn das in Urteilen anders gemacht wird, ist es eben dort falsch ...

FL

Florian

16.11.2024, 23:32:23

Push, bitte beantworten:)

TR

trizzlmaker

2.1.2025, 10:30:42

@[Lukas_Mengestu](136780) hat @[Felix Finito](241506) recht? :)

Tim Gottschalk

Tim Gottschalk

20.2.2025, 14:26:11

Hallo @[Felix Finito](241506), @[Nocebo](222699), @[Florian](48917), @[trizzlmaker](280817) @[Felix Finito](241506) hat zwar Recht, dass bei einer Entscheidung durch Beschluss eine

Abwendungsbefugnis

grundsätzlich nicht vorliegt. Allerdings wurde hier eben gerade nicht durch Beschluss entschieden, sodass die Entscheidung im Urteil erfolgt. Dort ist § 711 ZPO dem Wortlaut nach anwendbar. Auch spricht gegen eine mögliche teleologische Reduktion von § 711 ZPO, dass es durchaus möglich ist, dass die Kostenentscheidung falsch ist und in nächster Instanz aufgehoben wird, sodass ein Interesse des Klägers an einer

Abwendungsbefugnis

ebenso bestehen kann wie in den anderen Fällen des § 711 ZPO. Insbesondere besteht für das Gericht bei der Entscheidung aufgrund der Formulierung "oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind" in § 269 III 2 ZPO ein gewisser Spielraum. Ich habe darüber hinaus auch in Kommentaren und an der unter dem Fall zitierten Fundstelle im Knöringer nichts gefunden, dass das anders gehandhabt würde. Explizit sieht letzterer auch die Tenorierung der

Abwendungsbefugnis

vor. Liebe Grüße Tim - für das Jurafuchs-Team

SDEE

SDee

30.5.2024, 17:03:14

ist die Formulierung hier richtig? Es heißt, das Urteil sei vorläufig versteckt war, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 %. Chat doch verloren, d. h. er hat nichts vorläufig zu vollstrecken. Korrekt wäre dann doch: „Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung i. H. v. 110 % vorläufig vollstreckbar.“

Denny Crane

Denny Crane

15.1.2025, 21:26:03

Aber B kann seine außergerichtlichen Kosten vollstrecken, von C ist auch gar nicht die Rede (weil er in der Tat nichts vollstrecken kann).


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