Prozessrecht & Klausurtypen
Die zivilrechtliche Urteilsklausur
Klageänderung
Rubrum, Tenor und Tatbestand bei gewillkürter Parteiänderung
Rubrum, Tenor und Tatbestand bei gewillkürter Parteiänderung
2. Juli 2025
17 Kommentare
4,8 ★ (9.233 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

K hat B auf Zahlung von €4.000 verklagt. Nach Beginn der mündlichen Verhandlung beantragt K einen Beklagtenwechsel. Statt B soll C Beklagter sein, womit auch B und C einverstanden sind. Gegen B ist noch kein Kostenbeschluss ergangen. C wird antragsgemäß verurteilt.
Diesen Fall lösen 75,0 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Rubrum, Tenor und Tatbestand bei gewillkürter Parteiänderung
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Im Rubrum ist nur noch C als Beklagter aufzuführen.
Nein!
2. Der Hauptsachetenor lautet: „Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger €4.000 zu zahlen“.
Nein, das ist nicht der Fall!
3. Die Kostenentscheidung lautet: „Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte zu 2, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1. Diese trägt der Kläger.“
Ja, in der Tat!
4. Das Urteil ist für K nur gegen Sicherheitsleistung, für B ohne Sicherheitsleistung aber mit Abwendungsbefugnis vorläufig vollstreckbar.
Ja!
5. Der Beklagtenwechsel ist in der kleinen Prozessgeschichte des Tatbestands zu erwähnen.
Genau, so ist das!
Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!
Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Nicolas
8.12.2023, 09:50:44
Wieso trägt - bei einem Wechsel von B zu C - der C im Unterliegen sämtliche Kosten des Prozesses, die ggf im Verhältnis K - B anfielen und nicht angefallen wären, wenn K direkt C verklagt hätte? Ich denke da an Gutachten, die aufgrund des Vortrages von B erforderlich wurden. Werden die tatsächlich dem C aufgebürdet?

Nora Mommsen
8.12.2023, 10:56:42
Hallo Nicolas, danke für deine Frage! Ich vermute, du bist bei den Beteiligten durcheinander gekommen. Der Kläger trägt - auch wenn der Klage in vollem Umfang stattgegeben wird - die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1. Diese muss nicht der Beklagte zu 2 tragen, der ja erst nachträglich in den Rechtsstreit gekommen ist. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
Nicolas
8.12.2023, 18:15:12
Danke für die schnelle Antwort. Dies meine ich aber tatsächlich nicht. Beispiel: K verklagt A zu unrecht. A geht in den Prozess und verursacht Kosten, indem er mit seinem Vorbringen ein gerichtl. 'provoziert'. Dieses wird erhoben. K merkt den Fehler. A steigt aus und B tritt ein. Trägt der B im Unterliegen auch die Kosten des Gutachtens und wenn ja - wäre das nicht unfair?
Florian
16.11.2024, 23:33:39
Push - bitte erläutern:)
Felix Finito
30.3.2024, 09:14:18
Wieso ist das Urteil für B nur mit Abwendungsbefugnis des K vollstreckbar? Müsste nicht grds. nach §§ 269 III 2, 269 IV 1 ZPO über die Kosten zwischen B und K durch Beschluss entschieden werden, sodass B auch bei einer
Kostenmischentscheidungdurch Urteil nicht benachteiligt werden darf und nach § 794 Nr. 3 ZPO ohne Abwendungsbefugnis des K vollstrecken dürfte?

Nocebo
24.5.2024, 15:57:48
Ich denke das folgt daraus, dass es sich nicht um eine Klagerücknahme im eigentlichen Sinn handelt, sondern § 269 ZPO nur hinsichtlich Zustimmung und Zeitpunkt analog angewendet wird. Ansonsten hättest du Recht.

Nocebo
3.8.2024, 17:44:02
Ich habe zwar leider nur Urteile gefunden, die meinen Kommentar stützen - ich halte das im Nachhinein aber für Quatsch. Du hast völlig Recht, wenn das in Urteilen anders gemacht wird, ist es eben dort falsch ...
Florian
16.11.2024, 23:32:23
Push, bitte beantworten:)
trizzlmaker
2.1.2025, 10:30:42
@[Lukas_Mengestu](136780) hat @[Felix Finito](241506) recht? :)

Tim Gottschalk
20.2.2025, 14:26:11
Hallo @[Felix Finito](241506), @[Nocebo](222699), @[Florian](48917), @[trizzlmaker](280817) @[Felix Finito](241506) hat zwar Recht, dass bei einer Entscheidung durch Beschluss eine Abwendungsbefugnis grundsätzlich nicht vorliegt. Allerdings wurde hier eben gerade nicht durch Beschluss entschieden, sodass die Entscheidung im Urteil erfolgt. Dort ist §
711 ZPOdem Wortlaut nach anwendbar. Auch spricht gegen eine mögliche teleologische Reduktion von §
711 ZPO, dass es durchaus möglich ist, dass die
Kostenentscheidungfalsch ist und in nächster Instanz aufgehoben wird, sodass ein Interesse des Klägers an einer Abwendungsbefugnis ebenso bestehen kann wie in den anderen Fällen des §
711 ZPO. Insbesondere besteht für das Gericht bei der Entscheidung aufgrund der Formulierung "oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind" in § 269 III 2 ZPO ein gewisser Spielraum. Ich habe darüber hinaus auch in Kommentaren und an der unter dem Fall zitierten Fundstelle im Knöringer nichts gefunden, dass das anders gehandhabt würde. Explizit sieht letzterer auch die Tenorierung der Abwendungsbefugnis vor. Liebe Grüße Tim - für das Jurafuchs-Team

Max08152
6.5.2025, 23:30:30
In einem anderen Fall hatte der Kläger seine Klage gegen lediglich einen Beklagten teilweise zurückgenommen. Dazu habt ihr folgendes geschrieben: "Bei teilweiser Klagerücknahme muss der Teil der Kosten, der auf die Teilrücknahme entfällt, ohne
Sicherheitsleistungfür vorläufig vollstreckbar erklärt werden. Dies folgt aus §§ 794 Abs.1 Nr.3, 269 Abs.5 ZPO. Denn dem Vollstreckungsgläubiger darf kein Nachteil dadurch entstehen, dass wegen des Grundsatzes der Kosteneinheit durch Urteil und nicht durch Beschluss nach § 269 Abs.4 ZPO entschieden wird." Zugegebenermaßen ist der Fall hier etwas anders gelagert. Ich verstehe aber trotzdem nach wie vor nicht ganz, wieso @[Felix Finito](241506) nicht Recht haben soll. Insbesondere verstehe ich @[Tim Gottschalk](287974)s Antwort nicht, weil es doch bei der von mir zitierten Erläuterung gerade heißt, dass es für den Vollstreckungsgläubiger nicht von Nachteil sein darf, dass durch Urteil und nicht durch Beschluss entschieden wird. Hier wäre die Abwendungsbefugnis ja aber ein Nachteil für den (einen) Vollstreckungsgläubiger.

Max08152
7.5.2025, 08:16:08
Auch bei der teilweisen, einseitigen Erledigungserklärung schreibt ihr dazu: "(...) Hinsichtlich des Teils der Kosten der auf den erledigten Teil fällt, ist dagegen zu berücksichtigen, dass bei vollständiger übereinstimmender Erledigung ein Beschluss nach § 91a Abs. 1 ZPO ergangen wäre. Dieser wäre stets ohne
Sicherheitsleistungvorläufig vollstreckbar (§§ 794 Abs. 1 Nr. 3, 91a Abs. 2 S. 1 ZPO). Dass bei bloßer
Teilerledigungwegen des Grundsatzes der Kosteneinheit durch Urteil und nicht durch Beschluss entschieden wird, soll aber nicht zulasten des Vollstreckungsgläubigers gehen. Deshalb ist keine
Sicherheitsleistungnach § 709 S. 1 ZPO anzuordnen, soweit es um die zu vollstreckenden Kosten auf der Grundlage des § 91a ZPO geht." Wäre es da nicht nur konsequent auch hier die Abwendungsbefugnis abzulehnen?
Florian
7.5.2025, 10:43:38
Würde ich auch so sehen! Könntet ihr hier für Klärung sorgen?:) @[Sebastian Schmitt](263562) @[Lukas_Mengestu](136780) @[Linne_Karlotta_](243622) @[Tim Gottschalk](287974)

Tim Gottschalk
5.6.2025, 20:11:06
Hallo @[Max08152](207734) und @[Florian](48917), ihr habt Recht, dass das in unseren Fällen bisher widersprüchlich ist und unsere Erklärungen auch zu meinem Kommentar hier im Widerspruch stehen. Ich konnte zu dem Thema jedoch in Online-Datenbanken nichts finden. Ich werde mir die unter den Fällen zitierten Quellen noch einmal in der Bibliothek anschauen und mich in ein paar Tagen dazu melden. Liebe Grüße Tim - für das Jurafuchs-Team

Tim Gottschalk
18.6.2025, 09:22:50
Hallo @[Felix Finito](241506), @[Nocebo](222699), @[Florian](48917), @[trizzlmaker](280817) und @[Max08152](207734), wie versprochen habe ich das Problem noch einmal in den Literaturquellen nachgeschaut. Das Kaiser-Skript vertritt die Meinung so, wie wir sie in den anderen Fällen dargestellt haben, gibt dafür jedoch keinerlei Literaturquellen an. Der Knöringer macht es so wie in diesem Fall hier und geht auf das Problem gar nicht ein. So sind wohl auch unsere widersprüchlichen Fälle zustande gekommen. Auch mit der weiteren Begründung im Kaiser-Skript habe ich in den verfügbaren Kommentaren allenfalls Andeutungen in die Richtung gefunden. Aber ausführlich: Die von Kaiser vertretene Meinung basiert darauf, dass in den Fällen der teilweisen übereinstimmenden Erledigungserklärung nach § 91a Abs. 1 ZPO sowie des Teil
anerkenntnisses nach § 307 ZPO und der teilweisen Klagerücknahme nach § 269 Abs. 3 ZPO gegen den Teil der Kosten, der sich auf diesen Grund bezieht, die
Beschwerde nach §§ 91a Abs. 2, 99 Abs. 2, 269 Abs. 5 ZPO statthaft ist. Das ist auch dann der Fall, wenn über die Kosten nicht in Form des Beschlusses, sondern in Form einer
Kostenmischentscheidungim Urteil entschieden wird. Das ist bis hierhin auch herrschende Meinung, siehe etwa MüKoZPO/Becker-Eberhard, 7. Aufl. 2025, ZPO § 269 Rn. 76; BGH, Beschluß vom 19. 10. 2000 - I ZR 176/00; BeckOK ZPO/Jaspersen, 56. Ed. 1.3.2025, ZPO § 91a Rn. 40-43, Thomas/Putzo ZPO 36. A. 2025, § 91a Rn. 55. Daraus würde nach dem Wortlaut von § 794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO folgen, dass dieser Teil der Entscheidung vollstreckbar ist, ohne dass er für vorläufig vollstreckbar erklärt werden müsste. Insofern muss in dem Urteil darüber keine Entscheidung getroffen werden, sondern die
vorläufige Vollstreckbarkeitwird nur festgestellt. Diesen Schritt scheint sonst aber niemand zu gehen. Bereits im Hinblick auf die Anwendbarkeit von § 794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO sprechen die meisten Kommentare schon nur noch vom "Beschluss", worunter das Urteil in unserem Fall nicht mehr zu fassen wäre. BeckOK ZPO/Hoffmann, 56. Ed. 1.3.2025, ZPO § 794 Rn. 35 erwähnt zwar die "
Kostenentscheidungen in §§ 99 Abs. 2, 269 Abs. 4", geht aber nicht weiter darauf ein, ob das nur für den Standardfall des Beschlusses gilt oder auch für den Fall der
Kostenmischentscheidungim Urteil. Ebenso Thomas/Putzo ZPO 36. A. 2025, § 794 Rn. 43. Auch geht kein Kommentar in den Vorschriften zur vorläufigen Vollstreckbarkeit darauf ein, dass es dahingehend eine Besonderheit gäbe. Ich halte es mit der Argumentation von Kaiser für vertretbar, dass so zu sehen. Gleichzeitig muss ich aber für die Klausur auch ein wenig davor warnen, denn wenn das nirgendwo außer in diesem Skript erwähnt wird, ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Lösungsskizze das so macht, wohl ziemlich gering. Dann so einen exotischen Tenor zu haben, den der Korrektor gegebenenfalls noch nie gesehen hat, ist durchaus riskant. Nicht jeder Korrektor wird sich darauf einlassen und das akzeptieren, auch mit guter Argumentation. Meines Erachtens gewichtiges Gegenargument gegen die Ansicht von Kaiser ist, dass der Zweck von § 704 Abs. 1 ZPO ist, dass solche Entscheidungen ohne besondere Erklärung vollstreckt werden können. Das ist aber nur möglich, wenn für den Gerichtsvollzieher oder das sonstige Vollstreckungsorgan auch aus dem Tenor ersichtlich und hinreichend bestimmt ist, dass der Titel dem § 794 Abs. 1 ZPO unterfällt. Das ist bei einer
Kostenmischentscheidungin einem Urteil jedoch nicht der Fall. Da steht einfach Endurteil drüber und bezüglich der Kosten "Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.". Es ist aus dem Tenor aber nicht ersichtlich, dass gegen diese Entscheidung zum Teil die
Beschwerde statthaft wäre. Deswegen könnte man auch gut vertreten, dass das Urteil nicht § 794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO unterfällt, sondern lediglich der entsprechende Beschluss, bei dem das auch für das Vollstreckungsorgan erkennbar ist. Insofern ist die Vollstreckbarkeit nicht gesetzlich geregelt und das Gericht muss eine normale Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeitnach den allgemeinen Regeln treffen. Dafür spricht auch, dass die
Kostenmischentscheidungnicht nur mit der
Beschwerde, sondern auch insgesamt mit der Berufung angefochten werden kann (BGH, Beschluß vom 19. 10. 2000 - I ZR 176/00). Insofern liegt ein Sonderfall vor, der nicht dem typischen Fall von § 794 I Nr. 3 ZPO entspricht. Man kann wohl davon ausgehen, dass der Gesetzgeber das bei der Formulierung von § 794 Abs. 1 ZPO nicht auf dem Schirm hatte und auch im Hinblick darauf eine teleologische Reduktion erwägen. Einen allgemeinen Grundsatz, dass hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostengläubiger nicht durch die Entscheidung im Urteil im Vergleich zum Beschluss benachteiligt werden darf, gibt es so meines Erachtens nicht. Jedenfalls habe ich auch dazu nichts gefunden. Ich werde das im Hinblick darauf im Team nochmal absprechen, ob wir hier unsere Aufgaben insgesamt anpassen werden. Klar ist, dass wir das vereinheitlichen müssen, die Frage ist nur, in welche Richtung. Wenn ihr hierzu weitere Anmerkungen habt, lasst es mich gerne wissen. Liebe Grüße Tim - für das Jurafuchs-Team
SDee
30.5.2024, 17:03:14
ist die Formulierung hier richtig? Es heißt, das Urteil sei vorläufig versteckt war, für den Kläger jedoch nur gegen
Sicherheitsleistungin Höhe von 110 %. Chat doch verloren, d. h. er hat nichts vorläufig zu vollstrecken. Korrekt wäre dann doch: „Das Urteil ist für den Kläger gegen
Sicherheitsleistungi. H. v. 110 % vorläufig vollstreckbar.“

Denny Crane
15.1.2025, 21:26:03
Aber B kann seine außergerichtlichen Kosten vollstrecken, von C ist auch gar nicht die Rede (weil er in der Tat nichts vollstrecken kann).