Öffentliches Recht

Grundrechte

Freiheit des Eigentums (Art. 14 GG)

Juristische Personen des öffentlichen Rechts - Grundsatz

Juristische Personen des öffentlichen Rechts - Grundsatz

21. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Gemeinde G ist Eigentümerin eines Grundstücks an der Gemeindegrenze, welches sie zur landwirtschaftlichen Nutzung verpachtet. Direkt an dieser Grenze errichtet nun die Nachbargemeinde N eine Müllverbrennungsanlage. G findet, dass das ihr nach Art. 14 GG geschütztes Eigentum verletze. ‌

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Einordnung des Falls

Juristische Personen des öffentlichen Rechts - Grundsatz

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Können sich deutsche juristische Personen des öffentlichen Rechts grundsätzlich auf Grundrechte berufen?

Nein!

Deutsche juristische Personen des öffentlichen Rechts sind als Teil des Staates an die Einhaltung der Grundrechte gebunden (Art. 1 Abs. 3 GG). Wer aber grundrechtsverpflichtet ist, kann grundsätzlich nicht auch grundrechtsberechtigt sein (Konfusionsargument). Gemeinden sind als Gebietskörperschaften juristische Personen des öffentlichen Rechts. Sie sind deshalb verpflichtet, die Grundrechte Dritter zu wahren und können sich nicht selbst auf diese berufen. Ein Recht der Gemeinde ist die Selbstverwaltungsgarantie (Art. 28 Abs. 2 GG).
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2. Gemeinde G kann sich aber auf ihr Eigentumsrecht berufen, wenn sie bei der Verpachtung nicht in Erfüllung öffentlicher Aufgaben handelt.

Nein, das ist nicht der Fall!

Nach der Rechtsprechung des BVerfG ist es für die Frage der Anwendbarkeit der Grundrechte unerheblich, ob die juristischen Personen des öffentlichen Rechts in Ausübung ihrer öffentlichen Aufgaben oder außerhalb dessen betroffen ist. Auch wenn sie keine öffentlichen Aufgaben wahrnehmen, läge keine „grundrechtstypische Gefährdungslage” vor, die bei juristischen Personen des Privatrechts die Anwendbarkeit begründen würde (vgl. RdNr. 78 ff.). G kann sich gegenüber der Nachbargemeinde also nicht auf ihre Eigentumsfreiheit berufen. Sie ist nicht vom persönlichen Schutzbereich erfasst.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

TO

TomBombadil

20.5.2024, 09:45:03

Wird nicht an anderer Stelle vertreten, dass es auf die Ausübung öffentlicher Aufgaben ankommt? Irgendwie habe ich da noch diesen komischen Fall mit dem Roten Kreuz in Erinnerung. Vielleicht mag jemand Licht ins Dunkel bringen. :)

FalkTG

FalkTG

2.6.2024, 13:03:11

Ja genau. Bin ach verwirrt.

CR7

CR7

2.8.2024, 17:46:44

Hi, könntet ihr den Fall mal verlinken? Ich finde es ehrlicherweise nicht wirklich vertretbar. Das BVerfG sagt dazu: "Einer Gemeinde steht das Eigentumsrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG auch außerhalb der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben nicht zu (BVerfGE 61, 82 <100 ff.> "Sasbach"). Auch bei nicht-hoheitlicher Tätigkeit befindet sich die Gemeinde in keiner grundrechtstypischen Gefährdungslage. Wenngleich sie hierbei wie jede andere Person hoheitlichen Eingriffen unterworfen sein kann, bedarf sie insoweit des Grundrechtsschutzes aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG nicht. Denn zum einen unterscheidet sich ihre Position von der Stellung Privater schon durch so genannte Fiskusprivilegien. Zum anderen untersagt das Gemeindewirtschaftsrecht weithin eine wirtschaftliche Betätigung der Gemeinden ohne Bezug zu ihren öffentlichen Aufgaben. Vielmehr binden die Gemeindeordnungen die Unternehmenstätigkeit regelmäßig an den öffentlichen Zweck der Gemeinde. Daher hat das Eigentum in der Hand einer Gemeinde nicht dieselbe Funktion wie in der Hand des Privaten, nämlich dem Eigentümer als Grundlage eigenverantwortlicher privater Initiative von Nutzen zu sein. Art. 14 als Grundrecht schützt nicht das Privateigentum, sondern das Eigentum Privater (BVerfG a.a.O. <108 f.>). Das Bundesverfassungsgericht hat offen gelassen, ob es "ganz besonders gelagerte Ausnahmefälle geben kann, in denen es denkbar ist, einer Gemeinde den Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG oder einen gleichartigen Schutz zuzubilligen, wenn sie in ihrem Eigentum außerhalb der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben beeinträchtigt wird" (BVerfG a.a.O. <109>)." BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 23. Juli 2002 - 2 BvR 403/02 -, Rn. 11, https://www.bverfg.de/e/rk20020723_2bvr040302.html


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