Öffentliches Recht

Staatsorganisations-Recht

Wahlen und Wahlrechtsgrundsätze

Einführungsfall Wahlrechtsgrundsätze: Allgemeinheit und Gleichheit der Wahl

Einführungsfall Wahlrechtsgrundsätze: Allgemeinheit und Gleichheit der Wahl

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Nachdem Sieglinde Siegmund erklärt hat, dass seine Vorstellung von der Wahl den Ansprüchen einer Demokratie ganz und gar nicht gerecht werden, versucht Siegmund es noch einmal. Diesmal legt er fest, dass nur Männer wählen dürfen und dass Stimmen, die für ihn abgegeben werden, doppelt zählen.

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Einordnung des Falls

Einführungsfall Wahlrechtsgrundsätze: Allgemeinheit und Gleichheit der Wahl

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. In Deutschland kann der Gesetzgeber die Art und Weise, wie gewählt wird, vollkommen frei festlegen.

Nein, das ist nicht der Fall!

Zwar gibt das Grundgesetz keine ausdrücklichen Vorgaben zur konkreten Ausgestaltung des Wahlsystems. Es legt also nicht bis ins letzte Detail fest, wie genau die Wahlen ausgestaltet und organisiert sein müssen. Vielmehr wird in Art. 38 Abs. 3 GG der Gesetzgeber dazu ermächtigt, dies durch ein (einfaches) Bundesgesetz vorzunehmen. Bei der Ausgestaltung des Wahlsystems ist der Gesetzgeber jedoch nicht vollkommen frei. Denn Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG legt mit den Wahlrechtsgrundsätzen die verfassungsrechtlichen Standards fest, denen eine Wahl gerecht werden muss. Wird die Wahl diesen Standards nicht gerecht, kann sie für ungültig erklärt werden. Wie das funktioniert, schauen wir uns an einer anderen Stelle an.
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2. Die Allgemeinheit der Wahl bedeutet, dass grundsätzlich alle Bürger wahlberechtigt sind. Ist es damit vereinbar, dass – so wie Siegmund es vorsieht – nur Männer wählen dürfen?

Nein, das trifft nicht zu!

Die Allgemeinheit der Wahl (Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG) besagt, dass bei der Bundestagswahl grundsätzlich alle Bürgerinnen und Bürger des Staates unabhängig von Geschlecht, Rasse, Einkommen und Vermögensverhältnissen, Stand, Bildung oder Religionszugehörigkeit sowohl als Wählerinnen und Wähler (aktives Wahlrecht) als auch als Wahlbewerberinnen und Wahlbewerber (passives Wahlrecht) an der Wahl teilnehmen dürfen. Eine Wahl ist nicht allgemein, wenn bestimmte Personen aufgrund ihres Geschlechts von der Wahl ausgeschlossen werden. Siegmunds Regel, dass nur Männer wählen dürfen, verstößt gegen den Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl.

3. Nach der Gleichheit der Wahl muss jede Stimme den gleichen Wert haben. Verstoßen Siegmunds Regeln auch gegen diesen Grundsatz?

Ja!

Die Gleichheit der Wahl fordert, dass jede Wählerin und jeder Wähler dieselbe Anzahl von Stimmen und jede Stimme gleiches Gewicht hat (sog. Zählwertgleichheit). Außerdem muss jede Stimme gleichen Einfluss auf die Zusammensetzung des Parlaments haben (sog. Erfolgswertgleichheit). Dadurch, dass Siegmund vorsieht, dass alle Stimmen für ihn doppelt zählen, haben diese Stimmen im Vergleich zu Stimmen für andere Wahlbewerber ein stärkeres Gewicht. Es besteht daher keine Zählwertgleichheit. Darin liegt ein Verstoß gegen die Gleichheit der Wahl. Zur Abgrenzung: Die Allgemeinheit der Wahl bezieht sich auf die Wählenden, die Gleichheit der Wahl bezieht sich auf die von den Wählenden abgegebenen Stimmen.
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