Öffentliches Recht

Grundrechte

Freiheit des Eigentums (Art. 14 GG)

Allgemeinwohlerfordernis - Enteignung zugunsten privater Unternehmen - BVerfGE 74, 264 (285 f.) (Boxberg)

Allgemeinwohlerfordernis - Enteignung zugunsten privater Unternehmen - BVerfGE 74, 264 (285 f.) (Boxberg)

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Um neue Arbeitsplätze zu schaffen und wegen der attraktiven Steuereinnahmen, will Gemeinde G, dass sich Auto-Unternehmen U bei ihr ansiedelt. Um den Bau einer Teststrecke für U zu ermöglichen, enteignet und entschädigt G Grundstückseigentümer auf Grundlage eines entsprechenden Gesetzes. ‌

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Einordnung des Falls

Allgemeinwohlerfordernis - Enteignung zugunsten privater Unternehmen - BVerfGE 74, 264 (285 f.) (Boxberg)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Eine Enteignung unterliegt einem einfachen Gesetzesvorbehalt (vgl. Art. 14 Abs. 3 GG).

Nein!

Der Gesetzesvorbehalt nach Art. 14 Abs. 3 S. 2 GG geht über einen einfachen Gesetzesvorbehalt hinaus. Eine Enteignung ist danach nur zulässig, wenn in dem zugrunde liegenden Gesetz Art und Umfang der Entschädigung geregelt ist (sog. Junktimklausel). Die Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit möglich. Zudem muss die Enteignung zur Güterbeschaffung zur Erreichung des Gemeinwohlziels vorgenommen werden. Laut Sachverhalt erfolgt hier die Enteignung durch die Verwaltung aufgrund eines Gesetzes, welches auch eine Entschädigungsregel vorsieht.
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2. Einzig zulässiges Ziel einer Enteignung ist die Verwirklichung des Gemeinwohls (Art. 14 Abs. 3 S. 1 GG).

Genau, so ist das!

Die Enteignung darf ausschließlich zum Zwecke des Gemeinwohls geschehen. Die bloße Vermehrung staatlichen Vermögens oder fiskalische Interessen reicht für sich genommen nicht aus. Die Aussicht auf mehr Steuereinnahmen der Gemeinde G ist somit kein die Enteignung rechtfertigendes Ziel.

3. Stellt die Schaffung von Arbeitsplätzen in einer strukturschwachen Region ein Gemeinwohlerforderniss dar?

Ja, in der Tat!

Das verfassungsrechtliche Erfordernis des Allgemeinwohls ist recht weit und unbestimmt. Welche Interessen dem Wohl der Allgemeinheit dienen, ist grundsätzlich vom Gesetzgeber festzulegen (z.B. Rohstoffversorgung). Nach Auffassung des BVerfG in seiner Boxberg-Entscheidung fällt darunter auch die Schaffung von Arbeitsplätzen.Zugrunde lag der Entscheidung die Enteignung eines Grundstückbesitzers, um der Daimler-AG den Bau einer Teststrecke zu ermöglichen.

4. Aufgrund des Gemeinwohlerfordernisses sind Enteignungen zugunsten privater Unternehmen aber nie zulässig.

Nein!

Die Enteignung darf ausschließlich zum Zwecke des Gemeinwohls geschehen. BVerfG: Dabei sei aber nicht erforderlich, dass der Staat selbst diese Ziele verwirkliche. Die Aufgabe könnten auch private Unternehmen wahrnehmen. Hierbei sei aber nötig, dass die öffentlichen Ziele gegenüber der privaten Gewinnerzielungsabsicht eindeutig Vorrang haben.In der hier zugrunde liegenden Boxberg Entscheidung hatte das BVerfG die Enteignung letztlich aber dennoch als unzulässig erachtet. Dort hatte es an einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage gefehlt und keine Vorkehrungen gegeben, um den Enteignungszweck (Schaffung von Arbeitsplätzen) sicherzustellen.
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