+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
A wird am 01.08. ein belastender Verwaltungsakt des Ordnungsamts bekannt gegeben. Gegen diesen legt A bei der zuständigen Widerspruchsbehörde am 01.09. Widerspruch ein. Diese meint, nur die Erlassbehörde sei zuständig, und weist den Widerspruch als unzulässig ab. A legt am 02.09. Widerspruch beim Ordnungsamt ein.
Diesen Fall lösen 86,2 % der 15.000 Nutzer:innen
unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Vorverfahren Widerspruch (§§ 68 ff. VwGO): Frist zum Einlegen eines Widerspruchs - Einlegung bei der Widerspruchsbehörde
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Der Beginn und das Ende der Widerspruchsfrist nach § 70 Abs. 1 S. 1 VwGO berechnen sich unter Heranziehung der §§ 187 ff. BGB.
Ja, in der Tat!
Nach welchen Vorschriften sich die Fristberechnung richtet, ist umstritten. Eine Ansicht zieht §§ 79, 31 Abs. 1 VwVfG heran, eine andere § 57 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 222 Abs. 1 ZPO. Die Frage kann jedoch offen bleiben, da beide Ansichten Vorschriften für maßgeblich halten, die für die Fristberechnung letztlich auf die §§ 187 ff. BGB verweisen.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.
2. Die Widerspruchsfrist begann am 01.08.
Nein!
Gemäß § 187 Abs. 1 BGB beginnt der Fristlauf mit dem Tag, der auf das Ereignis folgt, durch das die Frist in Gang gesetzt wird. Das Ereignis ist hier die Bekanntgabe des Verwaltungsakts (§ 70 Abs. 1 S. 1 VwGO). Die Frist beginnt somit am Tag nach der Bekanntgabe. Da die Bekanntgabe am 01.08. erfolgte, begann die Frist am 02.08.
3. Die Frist endete am 02.09. Der Widerspruch des A beim Ordnungsamt war somit fristgemäß (§ 70 Abs. 1 S. 1 VwGO).
Nein, das ist nicht der Fall!
Gemäß § 188 Abs. 2 BGB endet die Frist mit Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche bzw. des letzten Monats der Frist, welcher dem Tag entspricht, in den das Ereignis des Fristbeginns fällt. Bei der Monatsfrist entspricht mithin der Tag des Fristendes dem Tag, an dem das die Frist auslösende Ereignis stattfand.
Da dies am 01.08. erfolgte, endete die Monatsfrist des § 70 Abs. 1 S. 1 VwGO am 01.09., 24 Uhr. A hat erst am 02.04 Widerspruch beim Ordnungsamt eingelegt. Dieser Widerspruch ist verfristet. Der Widerspruch bei der Widerspruchsbehörde hingegen wäre fristgemäß.4. Die Einlegung des Widerspruchs bei der Widerspruchsbehörde genügt den Anforderungen an einen ordnungsgemäßen Widerspruch.
Ja, in der Tat!
§ 70 Abs. 1 VwGO regelt Anforderungen an Form und Frist des Widerspruchs: Der Widerspruch ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts bei der Erlassbehörde einzulegen (§ 70 Abs. 1 S. 1 VwGO). Die Frist wird aber auch durch Einlegung bei der Behörde, die den Widerspruchsbescheid zu erlassen hat (= Widerspruchsbehörde), gewahrt (§ 70 Abs. 1 S. 2 VwGO). Damit war auch die Einlegung des Widerspruchs bei der Widerspruchsbehörde am 01.09. ordnungsgemäß. Der Widerspruch war somit auch fristgemäß. Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.