Muss die Vortat vollendet sein?

22. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

K hat sich bei ihrem Nachbar N einen Rasenmäher ausgeliehen. Sie verkauft und übergibt ihn an die in alles eingeweihte E.

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Einordnung des Falls

Muss die Vortat vollendet sein?

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. K hat sich wegen Unterschlagung strafbar gemacht, indem sie E den Rasenmäher übergeben hat (§ 246 Abs. 1 StGB).

Ja!

Objektive Tatbestandsvoraussetzungen für die Unterschlagung sind: (1) Tatobjekt: fremde bewegliche Sache (2) Tathandlung: Sich oder einem Dritten zueignen (3) Rechtswidrigkeit der Zueignung K müsste zudem vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft gehandelt haben. Ggf. ist ein Strafantrag erforderlich, §§ 247, 248a StGB. Für die Zueignung genügt nach neuerer Rspr. (BGH, 6 StR 191/23) nicht – wie bisher – der Zueignungswille (sog. Manifestationstheorie). Vielmehr müsse eine Zueignung auch tatsächlich eigetreten sein, etwa dadurch, dass sich der Täter als Eigentümer geriert.Ns Rasenmäher ist ein für K fremde, bewegliche Sache. Durch die Übereignung an E hat K sich als Eigentümerin geriert (= Zueignung). Die Zueignung war objektiv rechtswidrig, K handelte vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft. Mangels Geringwertigkeit ist kein Strafantrag nach § 248a StGB erforderlich.Alle Inhalte zur Unterschlagung kannst Du hier wiederholen.
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2. E könnte sich wegen Hehlerei strafbar gemacht haben, indem sie den Rasenmäher von K annahm (§ 259 Abs. 1 StGB).

Genau, so ist das!

Objektive Voraussetzungen des § 259 Abs. 1 StGB sind: (1) Rechtswidrige, gegen fremdes Vermögen gerichtete Vortat eines anderen (2) durch die der Vortäter die Sache erlangt hat (3) Tathandlung: Ankaufen oder die Sache sich oder einem Dritten auf andere Weise verschaffen oder sie absetzen oder beim Absetzen helfen E müsste subjektiv vorsätzlich und mit eigen- oder fremdnütziger Bereicherungsabsicht gehandelt haben. Zudem müsste E die Tat rechtswidrig und schuldhaft begangen haben.

3. War die Unterschlagung der K vollendet, bevor sie E den Rasenmäher übergab?

Nein, das trifft nicht zu!

Eine Tat ist vollendet, wenn alle objektiven Tatbestandsmerkmale erfüllt sind.Bevor K den Rasenmäher an E übergab, hatte sich ihr Zueignungswille noch nicht einmal in einem äußerlich erkennbaren Akt manifestiert (sog. Manifestationstheorie). K hatte sich den Rasenmäher noch nicht zugeeignet (neuere Rspr.). K vollendete die Unterschlagung erst in dem Moment, in dem sie E den Rasenmäher übergab.

4. Es ist strittig, ob auch die vollendete Tat eine taugliche Vortat des § 259 StGB sein kann. Dafür spricht, dass es sonst zu zufälligen Ergebnissen kommen könnte.

Ja!

Nach einer Mindermeinung handelt es sich auch dann um eine taugliche Vortat, wenn sie erst in dem Moment vollendet wird, in dem die Sache übergeben wird. Damit würde vermieden, dass eine Strafbarkeit vom (teils) zufälligen Moment der Übertragung der Sache abhinge. Zudem spreche auch der Telos des § 259 StGB für eine Strafbarkeit in diesen Fällen: auch wenn die Vortat erst durch die Übertragung vollendet werde, halte der Täter eine rechtswidrige Besitzlage aufrecht.Nach dieser Ansicht läge in der Unterschlagung des K eine taugliche Vortat für eine Hehlerei. E hat die Sache auch in Bereicherungsabsicht angekauft. Sie hätte sich demnach gem. § 259 Abs. 1 StGB strafbar gemacht.

5. Nach der h.M. muss die Hehlerei der Vortat zeitlich nachfolgen. Dafür spricht der Wortlaut des § 259 StGB.

Genau, so ist das!

Der Wortlaut des § 259 StGB verlangt, dass der Vortäter die Sache „erlangt hat”. Damit werde zum Ausdruck gebracht, dass das Erwerben der Sache durch den Vortäter zeitlich vor der Hehlerei liegen müsse. Zudem sei ein Aufrechterhalten einer rechtswidrigen Vermögenslage nur möglich, wenn diese zuvor geschaffen worden sei.Nach der h.M. kann eine Tat nur dann eine für den § 259 StGB taugliche Vortat sein, wenn sie bereits vor der Hehlereihandlung vollendet ist. Das ist hier nicht der Fall. E hätte sich demnach nicht wegen § 259 StGB strafbar gemacht.

6. Wenn man mit der h.M. annimmt, dass die Vortat zeitlich vor der Hehlerei liegen muss, bleibt E straffrei.

Nein, das trifft nicht zu!

E hat K bei deren Unterschlagung Hilfe geleistet. Sie hat sich wegen Beihilfe zur Unterschlagung strafbar gemacht, §§ 246, 27 StGB.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Juraddicted

Juraddicted

21.10.2024, 20:59:49

woran würde die

versuchte Hehlerei

scheitern? vielen Dank :)


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