Handschenkung (donandi causa)

22. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

M übergibt der T zu ihrem 18. Geburtstag ein Auto und sagt, dass es ab jetzt T gehöre. M erwartet keine Gegenleistung. T freut sich und nimmt das Geschenk an.

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Einordnung des Falls

Handschenkung (donandi causa)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. M und T haben einen wirksamen Schenkungsvertrag geschlossen (§ 516 Abs. 1 BGB).

Ja!

M und T haben sich geeinigt (Angebot und Annahme, §§ 145, 147 BGB), dass M der T unentgeltlich das bereits übergebene Auto zuwendet. Demnach liegt ein Fall der Handschenkung nach § 516 Abs. 1, 2 BGB vor, der, anders als das Schenkungsversprechen nach § 518 Abs. 1 BGB, nicht formbedürftig ist. Ein wirksamer Schenkungsvertrag liegt daher vor.
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2. Dadurch, dass M der T das Auto geschenkt und übergeben hat, hat T "etwas erlangt" (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB).

Genau, so ist das!

„Etwas“ im Sinne von § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB ist jede vorteilhafte Rechtsposition. Der Vorteil muss tatsächlich in das Vermögen des Schuldners übergegangen sein. Man kann vier Kategorien unterscheiden: (1) Rechte (z.B. Eigentum), (2) vorteilhafte Rechtsstellungen (z.B. Besitz), (3) Befreiung von Verbindlichkeiten, (4) erlangte Nutzungen an fremden Sachen oder Rechten. M hat Eigentum (§ 929 S. 1 BGB) und Besitz (§ 854 Abs. 1 BGB) am Auto erlangt.

3. T hat Eigentum und Besitz am Auto "durch Leistung" (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB) der M erlangt.

Ja, in der Tat!

Eine Leistung ist jede bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens. M hat T das Auto übergeben und übereignet. M war dazu nicht verpflichtet (der Schenkungsvertrag war vor Bewirken der Leistung nichtig, § 518 Abs. 1 BGB). Der Leistungszweck kann allerdings nicht nur in der Erfüllung einer Verbindlichkeit (solvendi causa) bestehen, sondern auch, um eine Schenkung vorzunehmen (donandi causa). Es liegt eine wirksame Leistung der M vor.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

DAI

Daisy.

21.3.2020, 14:47:02

Würde man auch von einem Schenkungsvertrag sprechen, wenn M der T das Auto schenkt, damit diese für M z.B. weiterhin einkaufen geht und beide Parteien wissen, dass die Schenkung nur darum erfolgt ist?

SNEU

Stefan Thomas Neuhöfer

31.3.2020, 16:16:37

Hi, herzlichen Dank für die Frage! Eine Schenkung im Sinne von § 516 Abs. 1 BGB setzt (a) eine Zuwendung voraus, die (b) zu einer Bereicherung bei einer anderen Person führt und (c) unentgeltlich ist. Weitere Voraussetzungen (wie die innere Willensrichtung, Motive etc.) sieht das Gesetz nicht vor. Damit würde man auch in dem geschilderten Fall von einer Schenkung sprechen. Aber die Fallgestaltung wirkt sich an anderer Stelle aus: Solche weiteren Zwecke können im Fall des § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 (

condictio ob rem

) eine Rückforderung rechtfertigen! Beispiele sind genau die genannte

Zweckschenkung

und auch sogenannte unbenannte Zuwendungen bei der nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Ich hoffe, die Frage damit beantwortet zu haben! Viele Grüße Für das Jurafuchs-Team - Stefan

1511

1511jura

20.4.2023, 11:02:44

Resultiert aus dem Schenkungsvertrag nicht auch eine Verbindlichkeit?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

20.4.2023, 12:17:50

Hallo 1511jura, bei einem Schenkungsvertrag handelt es sich um einen einseitig verpflichtenden Vertrag. Der Schenkende verpflichtet sich einen Gegenstand zu übergeben und zu übereignen. Die

Handschenkung

markiert die besondere (im Alltag sehr übliche) Konstellation, dass die Schenkung unmittelbar vollzogen wird. Der Schenkende übergibt und übereignet also zeitgleich mit Abgabe des Schenkungsversprechens den Gegenstand. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

LENA1

Lena123

6.11.2024, 09:46:43

Habe ich es richtig verstanden, dass bei der

Handschenkung

, die Rechtsgrundabrede den Rechtsgrund iSd § 812 I S.1 BGB darstellt?

Sebastian Schmitt

Sebastian Schmitt

12.11.2024, 12:01:35

Hallo @[Lena123](234295), das ist auf jeden Fall gut vertretbar. In der Lit differenziert man hier oft nicht so genau, Rechtsgrund ist dann einfach "die

Handschenkung

". Etwas präziser zB Grüneberg/Weidenkaff, 82. Aufl 2023, § 518 Rn 4 und Dauner-Lieb/Langen/Dendorfer-Ditges/Wilhelm, BGB SchuldR, 4. Aufl 2021, § 518 Rn 7, wonach der "Rechtsgrund zugleich im Rechtsgeschäft oder im

Realakt

liegt", mit dem der Gegenstand auf den Beschenkten übertragen wird. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team


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