Öffentliches Recht
Grundrechte
Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 GG)
Wunsiedel Beschluss - Allgemeines Gesetz
Wunsiedel Beschluss - Allgemeines Gesetz
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
B meldet eine „Rudolf Heß-Gedenkkundgebung“ in Wunsiedel an. Das Landesratsamt verbietet die Veranstaltung gestützt auf § 15 VersG und § 130 Abs. 4 StGB. B hält § 130 Abs. 4 StGB sowie dessen Auslegung im konkreten Fall für verfassungswidrig.
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Einordnung des Falls
Wunsiedel Beschluss - Allgemeines Gesetz
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. § 130 Abs. 4 StGB greift in den Schutzbereich der Meinungsfreiheit ein.
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. Vorschriften der allgemeinen Gesetze können einen Eingriff in die Meinungsfreiheit rechtfertigen (Art. 5 Abs. 2 GG).
Genau, so ist das!
3. Gesetze, die an den Inhalt einer Meinungsäußerung anknüpfen, stellen nie ein allgemeines Gesetz i.S.d. Art. 5 Abs. 2 GG dar.
Nein, das trifft nicht zu!
4. An der Allgemeinheit eines Gesetzes fehlt es, wenn eine inhaltsbezogene Meinungsbeschränkung nicht hinreichend offen gefasst ist und sich von vornherein nur gegen bestimmte Überzeugungen richtet.
Ja!
5. Ausgehend von diesem Maßstab ist § 130 Abs. 4 StGB ein allgemeines Gesetz.
Nein, das ist nicht der Fall!
6. Art. 5 Abs. 2 sieht als weitere Schranken der Meinungsfreiheit Gesetze zum Schutz der der Jugend und der persönlichen Ehre vor. Solche Gesetze müssen nicht allgemein sein.
Nein, das trifft nicht zu!
7. Art. 5 Abs. 1 und 2 GG enthalten eine immanente Ausnahme vom Verbot des Sonderrechts für Bestimmungen, die der propagandistischen Gutheißung des nationalsozialistischen Regimes von 1933-1945 Grenzen setzen.
Ja!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Whale
12.7.2024, 14:35:39
Bei einer Frage steht, dass nach dieser Auslegung (auch Gesetze zum Schutze der Jugend und der persönlichen
Ehresind allgemein zu halten) diesen beiden Schranken kaum eigenständige Bedeutung zukommt. Was ist damit gemeint?
Edward Hopper
9.9.2024, 21:58:07
Damit ist wohl gemeint, dass auch diese Gesetze (also solche die beispielsweise die Jugend schützen) allgemein sein müssen. Man könnte das ja auch so lesen: "Einschränkende Gesetze dürfen nicht allgemein sein und wenn Sie es doch sind es es ok, wenn diese dem Schutz der Jugend dienen". Dem ist aber nicht so, somit ist der Bereich indem ein Gesetze nicht allgemein ist es aber die Meinungsfreiheit auf Grund von Jugendschutz einschränken kann sehr klein.
Artimes
2.9.2024, 15:30:44
So wie ich das sehe überschneiden sich die Kombinationsl
ehre/
Abwägungslehremit der Verhältnismäßigkeitsprüfung?! Wie gehe ich damit geschickt in der Klausur um, damit ich die Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht vorweg nehme (soll ich zB klausurtaktisch lieber der
Sonderrechtstheoriefolgen?)? Oder entspricht diese Vorwegnahme an dieser Stelle der Üblichkeit?
Leo Lee
9.9.2024, 14:34:36
Hall Artimes, vielen Dank für die sehr gute Frage! In der Tat könnte man meinen, die Kombinationsl
ehresei eine Vhmk-Prüfung. Beachte allerdings, dass es bei dieser Formel nur darum geht, auf Ebene der "Schranke" bei den qualifizierten Anforderungen LEDIGLICH festzustellen, ob das Gesetz eine Meinung als solche (wie bei 130 IV) verbietet oder nicht bzw. GENERELL eine Abwägung vornimmt. Hier sagst du im Grunde "ja" bzw. "nein" mit Begründung. Die eig. Vhmk-Prüfung folgt allerdings erst später. Beachte auch, dass es bei dieser Formel häufig nur auf den ersten Teil ankommen wird, da diese Anforderungen insofern "klarer" ist. Summa summarum: Auf Ebene der qualifizierten Anforderungen an die Schranke prüfst und stellst du also fest, dass dieses Gesetz eine Meinung als solche nicht verbietet. Hier prüfst du also NICHT die Vhmk. Das kommt erst später :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
Artimes
12.9.2024, 18:30:25
@[Leo Lee](213375) Im Alpmann Schmidt Skript Grundrechte 2021 S. 83 steht: "Das BVerfG kombiniert beide Prüfungen [also Sonderrechts- und
Abwägungslehre] und vermischt diese. In der Sache nimmt das Bundesverfassungsgericht damit die Prüfung der Verhältnismäßigkeit i.e.S. vorweg." Du beziehst dich in deiner Antwort offenbar nur auf das erste Element der Kombinationsl
ehre("Sonderrechtsteil") und nicht auf das zweite Element ("Abwägungsteil"), welcher zur Vorwegnahme der Angemessenheitsprüfung führt. Alpmann Schmidt empfiehlt daher ebenfalls in der Klausur der
Sonderrechtslehrezu folgen, wie meine Frage es auch nahegelegt hat.