Allgemeine Gesetze auch bei Jugend- /Ehrschutz

22. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

B bestellt im Geschäft der G online. G legt der Sendung eine Zeitschrift bei, die für die Freikörperkultur (FKK) wirbt und mit Bildern versehen ist. Nach dem Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften (GjS) unterliegen solche Schriften Beschränkungen, ohne dass sie indiziert wurden. G sieht sich in ihrer Meinungsfreiheit verletzt. ‌

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Einordnung des Falls

Allgemeine Gesetze auch bei Jugend- /Ehrschutz

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Regelungen des GjS greifen in Gs Meinungsfreiheit ein.

Ja, in der Tat!

Nach dem modernen Eingriffsbegriff ist ein Eingriff jedes staatliche Handeln, das dem Einzelnen ein Verhalten, das in den Schutzbereich eines Grundrechts fällt, ganz oder teilweise unmöglich macht, unabhängig davon, ob diese Wirkung final oder unbeabsichtigt, unmittelbar oder mittelbar, rechtlich oder tatsächlich, mit oder ohne Zwang eintritt. Das GjS stellt eine Maßnahme der öffentlichen Gewalt, die die Meinungsäußerung oder Meinungsverbreitung durch Ge- oder Verbote beeinträchtigt. Das GjS beschränkt Schriften, die Kinder oder Jugendliche schwer gefährden können. Dies schränkt G in der Ausübung ihrer Meinungsfreiheit ein.
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2. Vorschriften der allgemeinen Gesetze können einen Eingriff in die Meinungsfreiheit rechtfertigen (Art. 5 Abs. 2 GG).

Ja!

Jeder Grundrechtseingriff bedarf einer verfassungsrechtlichen Rechtfertigung. Nach Art. 5 Abs. 2 GG findet die Meinungsfreiheit ihre Schranke in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre (sog. qualifizierter Gesetzesvorbehalt). Nach der sog. Kombinationslehre des BVerfG sind allgemeine Gesetze solche, die nicht eine Meinung als solche verbieten, sondern dem Schutz eines schlechthin ohne Rücksicht auf eine bestimmte Meinung zu schützenden Rechtsguts dienen. Dieses Rechtsgut muss in der Rechtsordnung allgemein und damit unabhängig davon geschützt sein, ob es durch Meinungsäußerungen oder auf andere Weise verletzt werden kann. Ob das GjS ein allgemeines Gesetz darstellt, hat das BVerfG vorliegend offengelassen. Jedenfalls könnte eine andere Schranke einschlägig sein.

3. Der Eingriff in Gs Meinungsfreiheit ist gerechtfertigt durch Vorschriften zum Schutze der Jugend.

Genau, so ist das!

Nach Art. 5 Abs. 2 GG findet die Meinungsfreiheit ihre Schranke nicht nur in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze. Auch gesetzliche Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre, die Sonderrecht gegen bestimmte Meinungen zulassen, können einen Eingriff in die Meinungsfreiheit rechtfertigen. Das GjS schützt die ungestörte Entwicklung der Jugend. Eine Gefahr für die Entwicklung droht auch von der Darstellung sexueller Vorgänge in grob schamverletzender Weise, die zu schwer oder nicht korrigierbaren Fehlentwicklungen führen können. In einer Güterabwägung überwiegt daher vorliegend der Jugendschutz vor der Meinungsfreiheit der G. Der Eingriff in Gs Meinungsfreiheit ist gerechtfertigt. Bei der Güterabwägung hat das BVerfG insbesondere berücksichtigt, dass es Erwachsenen auch möglich ist, die Zeitschriften auf anderem Weg als üben einen Versand zu beziehen.

4. Alle Vorschriften zum Schutze der Jugend müssen nach heutiger Rechtsprechung des BVerfG gleichzeitig auch allgemeine Gesetze sein.

Ja, in der Tat!

Nach der heutigen Rechtsprechung des BVerfG ist Sonderrecht auch im Bereich des Jugend- und Ehrschutzes unzulässig. Jugendschützende Regelungen müssen insofern stets auch als allgemeine Gesetze formuliert sein. Die gesonderte Aufnahme des Jugendschutzes als separate Schranke soll lediglich klarstellen, dass es sich um ein Schutzgut von Verfassungsrang handelt, ohne dass dadurch die Beschränkbarkeit der Meinungsfreiheit ausgedehnt wird. Die weiteren Schranken des Jugendschutzes und der persönlichen Ehre haben also nach der Rechtsprechung des BVerfG kaum eigenständige Bedeutung.
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