+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
A baut eine große Gartenlaube ohne die erforderliche Baugenehmigung. Baubehörde B verabredet mit A, dass B von dem Erlass einer Baubeseitigungsverfügung absehen wird, A erklärt sich im Gegenzug bereit, die Gartenlaube so umzubauen, dass ein größerer Abstand zum Nachbargrundstück besteht.
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Einordnung des Falls
Abgrenzung öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Vertrag (Gegenstandstheorie)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Hat B einen Verwaltungsakt gegenüber A erlassen?
Nein, das trifft nicht zu!
Zwar ist das häufigste Handlungsinstrument der Verwaltung der Erlass eines Verwaltungsakts. Allerdings kann die Behörde auch privatrechtliche sowie öffentlich-rechtliche Verträge abschließen. Unter einem öffentlich-rechtlichen Vertrag i.S.d. § 54 VwVfG versteht man einen verwaltungsrechtlichen Vertrag, durch den ein Rechtsverhältnis auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts begründet, geändert oder aufgehoben wird. Der Unterschied zum Verwaltungsakt besteht darin, dass die Behörde nicht einseitig handelt, sondern zwei übereinstimmende Willenserklärungen vorliegen. Dies ermöglicht ein flexibleres Handeln der Verwaltung. Hier haben A und B einen Vertrag geschlossen, indem sie korrespondierende Willenserklärungen abgegeben haben. Es liegt kein Verwaltungsakt vor.
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2. Schließt die Verwaltung einen Vertrag, so ist dieser immer öffentlich-rechtlicher Natur.
Nein!
Die Verwaltung kann auch privatrechtliche Verträge abschließen. Die Abgrenzung, ob es sich um einen öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Vertrag handelt. ist zum einen entscheidend dafür, welcher Rechtsweg für eine Streitigkeit um den Vertrag eröffnet ist (vgl. § 40 S. 1 VwVfG). Zum anderen entscheidet die Rechtsnatur des Vertrags darüber, ob der Vertrag nach den (teilweise strengeren) Vorschriften der §§ 54ff. VwVfG beurteilt werden oder sich der Vertrag ausschließlich nach dem bürgerlichen Recht richtet. Da sowohl in § 35 S. 1 VwVfG als auch in § 40 S. 1 VwVfG und § 54 S. 1 VwVfG das Kriterium „auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts“ verwendet wird, können hier im Grundsatz dieselben Abgrenzungsansätze verwendet werden, also insbesondere die sog. modifizierte Subjektstheorie. Die einzelnen Abgrenzungtheorien kannst Du Dir hier anschauen. 3. Für die Zuordnung eines Vertrags zum öffentlichen oder privaten Recht kommt es entscheidend auf den Gegenstand des Vertrags an.
Genau, so ist das!
Zur Unterscheidung, ob ein privatrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Vertrag vorliegt, kommt es darauf an ob der Vertragsgegenstand überwiegend nach öffentlich-rechtlichen Normen beurteilt wird oder nicht. Nach der modifizierten Subjektstheorie ist dies der Fall, wenn die zugrundeliegenden Normen ausschließlich einen Hoheitsträger berechtigen oder verpflichten. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt ist ausschließlich der (objektive) Sachverhalt, der dem Vertrag zugrundeliegt (sog. Gegenstandstheorie). Der subjektive Wille der Parteien ist hingegen kein zulässiges Abgrenzungskriterium. Der Wille der Parteien ist ausnahmsweise nur dann entscheidend, wenn der Behörde eine Wahlfreiheit bezüglich der Rechtsnatur ihres Handelns eingeräumt ist.
4. Der Vertrag zwischen A und B bezieht sich auf einen Sachverhalt, der sich nach Maßgabe öffentlich-rechtlicher Vorschriften bestimmt. Es handelt sich um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag.
Ja, in der Tat!
Ein Vertrag ist öffentlich-rechtlich, wenn die dem vertraglich geregelten Sachverhalt zugrundeliegenden Normen öffentlich-rechtlicher Natur sind. Dies ist der Fall, wenn die Normen ausschließlich Hoheitsträger berechtigen und/oder verpflichten. Der Erlass bzw. das Absehen vom Erlass einer Baubeseitigungsverfügung richtet sich nach dem jeweils einschlägigem landesrechtlichen Bauordnungsrecht (vgl. z.B. § 79 Abs. 1 S. 1, 2 Nr. 4 NBauO, § 82 Abs. 1 S. 1 BauO NRW, § 65 Abs. 1 S. 1 LBO). Die Vorschriften ermächtigen und verpflichten ausschließlich Hoheitsträger und sind daher öffentlich-rechtlicher Natur. Der Vertrag zwischen A und B ist ein öffentlich-rechtlicher Vertrag. Die §§ 54ff. VwVfG finden Anwendung.
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