Einsatz von Vertrauenspersonen (V-Leute)

5. April 2025

8 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Regelmäßig trifft sich Hooligan H mit der örtlichen Polizei und leitet Informationen über die dortige Hooliganszene weiter. Er informiert die Polizei insbesondere darüber, wann und wo Schlägereien mit verfeindeten Hooligans geplant sind.

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Einordnung des Falls

Einsatz von Vertrauenspersonen (V-Leute)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Polizeigesetze bzw. polizeilichen Datenverarbeitungsgesetze der Länder beinhalten Standardermächtigungen zur Datenerhebung ohne Einsatz technischer Mittel.

Ja!

Die Polizeigesetze bzw. polizeilichen Datenverarbeitungsgesetze der Länder sehen sowohl Standardermächtigungen zur Erhebung von personenbezogenen Daten unter Einsatz von technischen Mitteln als auch ohne Einsatz technischer Mittel vor. Unter Letzteres fällt z.B. die Observation (§ 34 Abs. 2 Nr. 1 PAG TH, § 25 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ASOG, § 185 Abs. 1 Nr. 1 LVwG), der Einsatz von Vertrauenspersonen (§ 16 Abs. 1 HSOG, § 28 Abs. 1 HamPolDVG) oder der Einsatz einer verdeckt ermittelnden Personen (§ 36a Abs. 1 NPOG, § 35 Abs. 1 BremPolG, § 35 Abs. 1 BbgPolG).
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2. Ist H ein verdeckter Ermittler (§ 36a Abs. 1 NPOG, § 35 Abs. 1 BremPolG, § 35 Abs. 1 BbgPolG) der örtlichen Polizei?

Nein, das ist nicht der Fall!

Eine verdeckt ermittelnde Person ist eine in der Regel gesondert ausgebildete Person, die der Polizei angehört. Sie tritt unter Nutzung einer sog. Legende einem gewissen kriminellen Milieu bei (wie der Motorradclubszene oder der Hooliganszene). Ziel ist es, Insiderinformationen zu erhalten. H ist kein Polizeivollzugsbeamter. Er gehört der Polizei nicht an und ist somit kein verdeckter Ermittler.

3. Der Einsatz von H als Vertrauenspersonen steht unter einem Richtervorbehalt.

Ja, in der Tat!

Der Einsatz von Vertrauenspersonen muss nach den meisten Polizeigesetzen und nach den hamburger und saarländischen PolDVG richterlich angeordnet werden (§ 16 Abs. 5 S. 2 HSOG, § 31 Abs. 3 S. 1 SPolGDVG, § 20 Abs. 2 S. 1 HamPolDVG). Bei Gefahr in Verzug kann die Polizei die Anordnung selbst treffen, welche aber nachträglich richterlich bestätigt werden muss (§ 36 Abs. 5 NPOG, § 16 Abs. 5 S. 3 HSOG, § 31 Abs. 3 S. 4f. SPolGDVG) Teilweise kann die Polizei die Maßnahme auch dann selbst anordnen, wenn keine Gefahr in Verzug vorliegt. In Sachsen-Anhalt darf der Einsatz einer Vertrauensperson durch einen Behördenleiter oder einen von ihm Beauftragten angeordnet werden (§ 18 Abs. 5 S. 1 SOG LSA).

4. Der Einsatz von H als Vertrauenspersonen ist materiell rechtmäßig, weil er zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten von erheblicher Bedeutung erfolgt.

Ja!

Auf Ebene der materiellen Rechtmäßigkeit unterscheiden sich die Tatbestandsvoraussetzungen je nach Polizei-/Datenverarbeitungsgesetz. Im Allgemeinen kann der Einsatz aber zur Abwehr einer Gefahr angeordnet werden (Art. 38 Abs. 1 S. 1 i.V.m. Art. 36 Abs. 2 S. 1 BayPAG), wobei Gefahrengrad und polizeiliches Schutzgut von Gesetz zu Gesetz variieren können. Teilweise ist der Einsatz von Vertrauenspersonen auch zulässig, wenn es der Verhinderung bestimmter Straftaten (§ 36 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 34 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 NPOG) oder Straftaten von erheblicher Bedeutung dient (§ 18 Abs. 1 S. 1 SOG LSA). Je nach anwendbarem Polizei-/Datenverarbeitungsgesetz kann die Maßnahme zur Straftatverhütung erfolgen. Je nach anwendbarem Polizei-/Datenverarbeitungsgesetz reicht es aus, dass die Begehung von Straftaten wie §§ 223ff. StGB droht, die typischerweise mit einer Schlägerei verbunden sind. Teilweise wird aber auch die drohende Begehung von schwerwiegenderen Straftaten verlangt.

5. H ist eine Vertrauensperson der Polizei (§ 16 Abs. 1 HSOG, § 28 Abs. 1 HamPolDVG).

Genau, so ist das!

Vertrauenspersonen (umgangssprachlich V-Personen) sind Personen, die der Polizei nicht angehören. Die Vertrauenspersonen werden nicht in eine kriminelle Szene eingeschleust, sondern sind Bestandteil von ihr. Sie kooperieren mit der Polizei und geben Informationen an diese weiter, ohne dass Dritten die Zusammenarbeit bekannt ist. H ist tatsächlich bereits Teil der Hooliganszene und gehört nicht der Polizei an. Er ist somit eine Vertrauensperson.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

WY

Wysiati

22.1.2025, 12:51:21

In Bayern besteht ein Richtervorbehalt nur hier: "1Richtet sich der Einsatz einer Vertrauensperson gegen eine bestimmte Person oder soll eine nicht allgemein zugängliche Wohnung betreten werden, dürfen die Maßnahmen nur durch den Richter angeordnet werden.", Art. 38 II PAG. In Abs. 1 ist ein solcher Vorbehalt nicht vorgesehen und im Umkehrschluss gehe ich davon aus, dass auch sonst nirgends (insb. nicht in Art. 44 PAG) ein Richtervorbehalt für den "einfachen" Fall des Einsatzes der Vertrauensperson vorgesehen ist. Bei euch werden Antworten der Minderheitsmeinung als falsch markiert, was ich nachvollziehen kann. Wenn ich die Rechtslage richtig verstehe, wäre es dann möglich, hier beide Antworten als richtig gelten zu lassen, denn in Bayern ist kein Richtervorbehalt vorgesehen. Die Hooliganszene ist insb. nicht "eine bestimmte Person". Verstehe ich hier etwas falsch, würde ich mich freuen, wenn ihr mir weiterhelfen könntet.


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