Platzverweis Überblick

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Aktivist A setzt sich gegen Massentierhaltung ein. Er setzt sich mitten auf die Zufahrtsstraße zu einem großen Schlachtbetrieb. Polizistin P fordert A auf, die Einfahrt zu verlassen und diese nicht wieder zu betreten.

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Einordnung des Falls

Platzverweis Überblick

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Polizei kann eine Person vorübergehend von einem Ort verweisen (sog. Platzverweis). Stellen die Normen zum Platzverweis die richtige Ermächtigungsgrundlage dar?

Genau, so ist das!

Die Polizei kann im Rahmen eines Platzverweises (Art. 16 Abs. 1 BayPAG, § 16 Abs. 1 BbgPolG, § 13 Abs. 1 POG RP) anordnen, dass eine Person vorübergehend einen bestimmten Ort verlassen (sog. Entfernungsgebot) oder einen bestimmten Ort nicht betreten soll (sog. Betretungsverbot). In der Praxis kombiniert die Polizei in der Regel beide Anordnungsbefugnisse zu einem einheitlichen Platzverweis. P fordert A auf, dass er die Einfahrt verlassen und nicht wieder betreten soll. P sprich ein Entfernungsgebot und Betretungsverbot gegenüber A aus. Die Normen zum Platzverweis der Polizeigesetze der Länder sind die richtigen Ermächtigungsgrundlagen.
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2. Der Platzverweis (§ 17 Abs. 1 NPOG, § 21 SächsPolG, § 12 Abs. 1 SPolG) ist ein Realakt.

Nein, das trifft nicht zu!

Die Verwaltungsaktqualität einer polizeilichen Maßnahme richtet sich nach § 35 VwVfG. Entscheidendes Element für die Abgrenzung zum Realakt ist das der Regelung (§ 35 S. 1 VwVfG NRW). Eine Regelung liegt vor, wenn die Maßnahme darauf gerichtet ist, eine Rechtsfolge zu setzen. Spricht die Polizei ein Handlungsgebot oder -verbot aus, ist das Handeln auf Setzung einer Rechtsfolge gerichtet. Fehlt es an der Setzung einer Rechtsfolge, ist das Handeln ein reiner Realakt. P ordnet an, dass A die Einfahrt verlassen soll und nicht wieder betreten soll. P spricht ein Entfernungsgebot und Betretungsverbot aus, sodass die Maßnahme auf die Setzung einer Rechtsfolge gerichtet ist.

3. Der Platzverweis gegenüber A greift in die Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG) ein.

Nein!

Unstrittig garantiert die Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG) die positive Freiheit, einen Ort zu verlassen und jeden anderen beliebigen Ort aufzusuchen (sog. Fortbewegungsfreiheit). Nach überwiegender Auffassung ist nicht das Recht umfasst, einen bestimmten Ort aufzusuchen (sog. Hinbewegungsfreiheit) oder das Recht einen bestimmten Ort nicht zu verlassen oder nicht aufzusuchen, es sei denn denn es wird unmittelbarer Zwang angewandt (sog. negative Bewegungsfreiheit). P ordnet an, dass A die Einfahrt verlassen soll. Somit wird A in seiner Freiheit beschränkt, einen bestimmten Ort nicht zu verlassen (sog. negative Bewegungsfreiheit) bzw. einen bestimmten Ort aufzusuchen (sog. Hinbewegungsfreiheit). Nach überwiegender Auffassung sind diese Freiheitsgehalte nicht von Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG umfasst. Es liegt kein Eingriff in die Freiheit der Person vor.

4. Der Platzverweis greift in die allgemeine Handlungsfreiheit ein (Art. 2 Abs. 1 GG)

Genau, so ist das!

Insoweit die Einschränkung der körperlichen Bewegungsfreiheit nicht die Schwelle der Beeinträchtigung der Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG) überschreitet, kommt eine Verletzung der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) oder der Freizügigkeit (Art. 11 GG) in Betracht. Eine Beeinträchtigung von Art. 11 GG ist erst bei einer gewissen zeitlichen Erheblichkeit gegeben, eine kurzfristige Beeinträchtigung ist nicht ausreichend. P ist nach der jeweiligen Norm zum Platzverweis nur dazu befugt, A vorübergehend eines Platzes zu verweisen. Es liegt eine kurzfristige Einschränkung der räumlichen Bewegungsfreiheit vor, sodass allein die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) beeinträchtigt ist. Was genau der Begriff "vorübergehend" bedeutet oder wann die zeitliche Erheblichkeitsschwelle zur Beeinträchtigung von Art. 11 GG überschritten ist, ist nicht abschließend und eindeutig geklärt.

5. Der Platzverweis (§ 17 Abs. 1 NPOG, § 21 SächsPolG, § 12 Abs. 1 SPOlG) kann zur Abwehr einer abstrakten Gefahr erteilt werden.

Nein, das trifft nicht zu!

Der Platzverweis kann nach allen Polizeigesetzen der Länder zur Abwehr einer Gefahr ausgesprochen werden. Gemeint ist eine konkrete Gefahr. Erforderlich ist eine Sachlage, die bei ungehindertem Ablauf in absehbarer Zeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden am Schutzgut der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung führen wird. In Bayern kann darüberhinaus ein Platzverweis bei einer drohendes Gefahr für ein bedeutendes Rechtsgut erteilt werden (Art. 16 Abs. 1 Nr. 2 BayPAG). In fast allen Ländern kann der Platzverweis gegen Personen angeordnet werden, die Feuerwehr- oder Hilfs- oder Rettungskräfte behindern (§ 17 Abs. 1 S. 2 NPOG, § 21 Abs. 1 S. 2 SächsPolG, § 36 Abs. 1 S. 2 SOG LSA). Die Eingriffsschwelle ist dabei herabgesetzt: Es genügt als Gefahr die Behinderung der Rettungskräfte, eine konkrete Gefahr muss nicht vorliegen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

JCF

JCF

1.3.2024, 14:36:53

In einem Subsumtionskasten steht "Die Normen zum Platzverweis der Polizeigesetz der Länder sind die richtige Ermächtigungsgrundlage". Das ist kein korrekter deutscher Satz. Im Vertiefungskasten am Ende steht "In fast allen Ländern kann der Platzverweis gegen Personen angeordnet werden, die Feuerwehr- oder von Hilfs- oder Rettungskräfte behindern". Auch das ist kein sprachlich korrekter Satz. 😉

LELEE

Leo Lee

4.3.2024, 09:40:26

Hallo JCF, vielen lieben Dank für den Hinweis! vielen Dank für dein Feedback! In der Tat hatte sich hier der Fehlerteufel eingeschlichen! Wir haben den Fehler nun korrigiert und möchten uns bei dir vielmals dafür bedanken, dass du uns dabei hilfst, die App zu perfektionieren und freuen und auf weiter Feedbacks von dir; deine Beiträge helfen uns immer IMMENS dabei, Grammatik- und Rechtschreibfehler aufzuspüren, sodass du mittlerweile fast schon ein Moderator hier bist :D. Deshalb nochmal: DANKE :)!!!! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo


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