Vereinfachtes Genehmigungsverfahren 2

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Rechtsreferendar R ist mittlerweile zu der Erkenntnis gekommen, dass die Unterhaltsbeihilfe doch eher bescheiden ausfällt. Er plant daher die Errichtung eines billigen Hauses. Dieses erfüllt aber nicht die Anforderungen an die Standsicherheit und verunstaltet das Straßenbild erheblich.

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Einordnung des Falls

Vereinfachtes Genehmigungsverfahren 2

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Baubehörde prüft die Bauvorlagen stets auf ihre Vereinbarkeit mit dem gesamten öffentlichen Recht.

Nein, das ist nicht der Fall!

Gemäß § 70 Abs. 1 S. 1 NBauO erteilt die Baubehörde die Baugenehmigung, wenn die Baumaßnahme dem öffentlichen Baurecht entspricht, soweit eine Prüfung erforderlich ist. Der Wortlaut der Norm verdeutlich bereits, dass der materielle Prüfungsumfang der Baubehörde beschränkt sein kann. Dabei wird zwischen dem vereinfachten Baugenehmigungsverfahren (§ 63 NBauO) und dem (herkömmlichen) Baugenehmigungsverfahren (§ 64 NBauO) differenziert.
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2. Für das von R geplante Haus ist das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren einschlägig (§ 63 Abs. 1 S. 1 NBauO).

Ja, in der Tat!

Gemäß § 63 Abs. 1 S. 1 NBauO wird das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren für die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung baulicher Anlagen durchgeführt, mit Ausnahme von solchen baulichen Anlagen, die Sonderbauten im Sinne des § 2 Abs. 5 NBauO sind. Damit stellt das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren das Regelverfahren für den überwiegenden Anteil aller Baumaßnahmen dar.Das von R geplante Haus ist kein Sonderbau, sodass sich der Prüfungsumfang der Baubehörde im Genehmigungsverfahren nach § 63 NBauO bestimmt.

3. Die Baubehörde muss hier prüfen, ob das geplante Haus das Straßenbild verunstaltet (§ 10 NBauO) und damit dem öffentlichen Baurecht widerspricht.

Nein!

Wenn das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren eingreift, so prüft die Behörde inhaltlich nur die Vorschrift des § 63 Abs. 1 S. 3 Nr. 1-3 NBauO. Dabei handelt es sich um ein eingeschränktes und abschließendes Prüfprogramm. Die Baubehörde trifft keine über § 63 Abs. 1 S. 3 NBauO hinausgehende Prüfpflicht. Ein Verstoß gegen Vorschriften, die im Prüfprogramm nicht enthalten sind, steht der Erteilung der Baugenehmigung daher grundsätzlich nicht entgegen.Gemäß § 63 Abs. 1 S. 3 Nr. 1-3 NBauO ist die Gestaltung baulicher Anlagen nach § 10 NBauO im vereinfachten Verfahren nicht zu prüfen. Das verunstaltete Haus steht der Erteilung einer Baugenehmigung daher nicht entgegen.Die wohl h.M. verneint eine über den ausdrücklich geregelten Prüfumfang hinausgehende Prüfkompetenz der Baubehörde und geht davon aus, dass der gesetzliche Prüfkatalog die Sachentscheidungskompetenz der Behörde beschränkend und abschließend bestimmt. Nach anderer Ansicht ist die Behörde dagegen befugt und unter Umständen sogar verpflichtet, die Einhaltung von Bestimmungen zu prüfen, die nicht zum gesetzlichen Umfang im vereinfachten Genehmigungsverfahren gehören.

4. Die Baubehörde muss hier prüfen, ob das geplante Haus dauerhaft standsicher im Sinne des § 12 NBauO ist.

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Baubehörde trifft keine über § 63 Abs. 1 S. 3 NBauO hinausgehende Prüfpflicht. Das gilt nach h.M. auch dann, wenn es um Vorschriften geht, die vor der Gefährdung hochwertiger Rechtsgüter wie Leben oder Gesundheit von Menschen schützen sollen.Da die Regelung über die Standsicherheit (§ 12 NBauO) nicht zum Prüfumfang des § 63 NBauO gehört, findet eine solche Prüfung hier nicht statt.Keine Sorge: da Standsicherheit und Brandschutz unmittelbar die Sicherheit von Leben, Gesundheit und hoher Sachwerte gewährleisten sollen, ist der Bauherr – unabhängig vom Genehmigungsverfahren – gemäß § 65 Abs. 1 S. 1 NBauO grundsätzlich dazu verpflichtet die Einhaltung dieser Anforderungen schon im Bauantrag durch bautechnische Nachweise nachzuweisen.
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