Zivilrecht
Examensrelevante Rechtsprechung ZR
Sonstige Schuldverhältnisse
Mangelhafte Leasingsache – Rückabwicklung und Aufrechnung (BGH, Urt. v. 13.11.2024 – VIII ZR 168/23)
Mangelhafte Leasingsache – Rückabwicklung und Aufrechnung (BGH, Urt. v. 13.11.2024 – VIII ZR 168/23)
21. Mai 2025
13 Kommentare
4,5 ★ (13.057 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Kunde K schließt mit Leasinggeberin L einen Vertrag über ein bei Händlerin H angebotenes Auto. L kauft das Auto von H und stellt es K zur Verfügung. L tritt sämtliche Mängelrechte aus dem Vertrag mit H an K ab. Der Vertrag zwischen L und K beinhaltet einen Gewährleistungsausschluss.
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Einordnung des Falls
Mangelhafte Leasingsache – Rückabwicklung und Aufrechnung (BGH, Urt. v. 13.11.2024 – VIII ZR 168/23)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 12 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. K hat einen Leasingvertrag mit L geschlossen.
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. K und seine Vertragspartnerin L haben im Leasingvertrag die §§ 536 ff. BGB ausgeschlossen. Muss sich K bei Mängeln somit an H wenden?
Ja, in der Tat!
3. Nach kurzer Zeit entdeckt K einen alten Unfallschaden an dem Auto. Könnte K gegen H einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises gemäß §§ 437 Nr. 2, 323 Abs. 1, 346 Abs. 1 BGB i.V.m. § 398 BGB haben?
Ja!
4. L hat „sämtliche Gewährleistungsrechte“ an K abgetreten. Müsste davon auch das Rücktrittsrecht umfasst sein, damit K dieses gegenüber H geltend machen kann?
Genau, so ist das!
5. Das Auto ist mangelhaft. K setzt H eine angemessene Frist zu Mangelbeseitigung. Nach Ablauf erklärt K gegenüber H den Rücktritt vom Kaufvertrag. Entsteht damit ein Rückgewähranspruch aus § 346 Abs. 1 BGB?
Ja, in der Tat!
6. Erlischt der Anspruch des K, wenn die Voraussetzungen für eine Aufrechnung durch H vorliegen (§ 389 BGB)?
Ja!
7. K hat das Fahrzeug inzwischen an L zurückgegeben, die es an einen Dritten weiterveräußert hat. Hat H infolge des Rücktritts somit einen Anspruch auf Wertersatz (§ 346 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB)?
Genau, so ist das!
8. Der Anspruch auf Wertersatz richtet sich nach der Abtretung der Gewährleistungsrechte gegen Leasingnehmer K.
Nein, das trifft nicht zu!
9. Sind Hauptforderung (Ks Rückzahlungsanspruch) und Gegenforderung (Hs Wertersatzanspruch) hier somit grundsätzlich gegenseitig?
Nein!
10. H hat keine Gegenforderung i.S.v. § 389 BGB gegen K. Könnte H dennoch wirksam gegenüber K aufrechnen, wenn die Voraussetzungen des § 406 BGB vorliegen?
Genau, so ist das!
11. Angenommen, H hatte Kenntnis vom Leasingvertrag zwischen L und K. Kann H gegenüber dem neuen Gläubiger K aufrechnen (§ 406 BGB)?
Nein, das trifft nicht zu!
12. K hat somit gegen H einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises gemäß §§ 437 Nr. 2, 323 Abs. 1, 346 Abs. 1, 398 S. 2 BGB.
Ja!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
TrowaBarton
6.5.2025, 09:17:02
Nur zum Verständnis: Die Mängelgewährleistungsrechte gegen den Lieferanten werden ja vom Leasinggeber an den Leasingnehmer abgetreten. Wie ist das denn mit den Rechten aus den §§ 280ff BGB? Hat diese Rechte dann auch der Leasingnehmer oder kann der Leasinggeber im Rahmen dieser Rechte den ausgebliebenen Gewinn (der sich aus dem Leasingvertrag ergeben hätte) vom Lieferanten fordern?
Nico
6.5.2025, 10:33:15
Hätte H im Rahmen des Rechtsstreits gegen K die Möglichkeit, den Wertersatzanspruch gegen L im Wege einer isolierten
Drittwiderklagegeltend zu machen?
P K
6.5.2025, 23:55:48
Wohl ja, BGH NJW 2021, 1093. Dort war zwar der Leasingnehmer in der Rolle des Beklagten und
Widerklägers, aber das macht aus meiner Sicht keinen Unterschied.
Tin
6.5.2025, 22:35:09
Soweit es nicht um den
Schadenals solchen, sondern das Kriterium als Unfall
schadengeht, so stellt dies doch einen Sachmangel dar, der weder im Wege der Nachlieferung, noch im Wege der Nachbesserung behoben werden kann. Muss man diese Rechte dennoch ansprechen / prüfen oder eine Frist setzen ?
ÖA
7.5.2025, 16:42:13
Achtung Nachlieferung ist grds. möglich. Das Auto muss nicht "genau" gleich sein, wobei das bei Neu
fahrzeugen deutlich einfacher sein sollte. Gleiche Klasse, ähnliche Ausstattung (bzw. die für den Käufer wichtige Ausstattung) genügt für eine Nachlieferung (vereinfacht dargestellt)
Tin
7.5.2025, 16:50:11
Ich denke es wäre aber ja eigentlich ( zumindest ggf. ) eine
Stückschuldund da ist eine Nachlieferung ja schon schwierig. Gerade bei gebrauchten Sachen.
ÖA
7.5.2025, 16:55:45
jeder kaufvertrag ist nach Gefahrübergang schon eine
Stückschuld. Das steht aber einer Nachlieferung (Nach
erfüllung) nicht entgegen. oder verstehe ich das falsch? Sonst muss man ja nie Nachliefern, weil eine
Stückschuldkonkretisiert wurde?
Tin
7.5.2025, 16:59:30
Das meine ich so nicht. Was ich sagen wollte ist, dass eine Nachlieferung bei gebrauchten Sachen, meiner Meinung nach, ohnehin problematisch ist, weil da eine Lieferung nach Art und Güte nicht so einfach möglich ist, wie bei Neu
ware, die natürlich auch durch die
Konkretisierungzur
Stückschuldwurde. Allerdings meine ich mich zu erinnern, dass gerade bei einem Gebrauchtwagen, bei dem sich später herausstellt, dass es sich um ein Unfallfahrzeug handelt, eine Nachbesserung ohnehin wegfällt und eine Nachlieferung ist ja oftmals garnicht möglich. Die gebrauchten Sachen gibt es ja oftmals genau so garnicht nochmal.
ÖA
7.5.2025, 17:00:07
dazu @[Tin](195209) https://applink.jurafuchs.de/vCTaHBC7aTb Der Käufer einer mangelhaften Sache kann statt Nachbesserung auch die Lieferung einer anderen gleichartigen und gleichwertigen mangelfreien Sache (Nachlieferung) verlangen (§ 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB). Beim Gattungskauf muss dann ein anderes Exemplar aus der vereinbarten Gattung geleistet werden. Auch wenn bei der
Stückschuldgrundsätzlich nur die Lieferung der konkret ge
schuldeten Sache verlangt werden kann, kommt hier eine Nachlieferung in Betracht. Allerdings ist diese nach hM nur dann möglich, wenn die Kaufsache nach dem (hypothetischen) Parteiwillen durch eine gleichartige und gleichwertige Sache ersetzt werden kann. Das ist in der Regel der Fall bei vertretbaren Sachen (§ 91 BGB) oder wenn auch mit der Ersatzsache das Leistungsinteresse des Käufers befriedigt wird. Entscheidend ist also, dass der Käufer durch die Ersatzlieferung im Ergebnis das erhält, was er haben wollte. Dies ist umso weniger der Fall, desto individueller die Kriterien
waren, die beim Kauf bezüglich der konkreten Sache zugrunde lagen.
Roxxin
7.5.2025, 12:02:03
"Der Kläger sei berechtigt, im eigenen Namen die an ihn von der Leasinggeberin abgetretenen Gewährleistungsrechte auszuüben und insbesondere den
Rücktritt vom Kaufvertraggeltend zu machen. Allerdings dürfe er den sich aus dem
Rücktrittergebenden Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises nur zu Gunsten der Leasinggeberin geltend machen und müsse deshalb im Prozess - wie hier geschehen - auf Zahlung an diese klagen." Das Berufungsgericht ging davon aus, dass K nur Zahlung an den Leasinggeber verlangen kann. das Revisionsgericht äußert sich dazu nicht. Hier in der Jurafuchs Lösung wird von einem Zahlungsanspruch an K ausgegangen. könnt ihr das nochmal erläutern?
Mandy
7.5.2025, 12:16:40
Eine Erläuterung hierzu fände ich auch super. Und ich Frage mich, ob sich dass dann auch auf das Problem der Gegenseitigkeit der Forderungen auswirkt?
Yves
12.5.2025, 10:33:57
Plus 1
Mandy
7.5.2025, 12:11:06
Hallo zusammen, ich finde der Fall eignet sich super, um Mängelgewährleistungen bei Leasingverhältnissen darzustellen. Allerdings finde ich, dass der Sachverhalt insgesamt mehr Informationen enthalten könnte, damit man auf einige Prüfungspunkte selber kommt. z.B. die Tatsache, dass der Leasinggeber das Auto bereits weiterveräussert hat. Zudem fände ich eine Angabe dazu, was der Leasingnehmer denn geltend machen möchte auch sinnvoll. Möchte er, dass der Unfall
schadenausgebessert wird, oder möchte er einen einen unfallfreien Wagen (ich vermute eher letzteres), dann wäre allerdings eine
Fristsetzungzu Nach
erfüllung, wegen
Unmöglichkeitder Nach
erfüllungentbehrlich und ich meine der
Rücktrittsgrund wäre auch ein anderer (§ 326 Abs. 5 und nicht § 323 Abs. 1, oder?) nun konkret zur 2ten Frage, diese lautet: L und K haben haben im Leasingvertrag die §§ 536 ff. BGB ausgeschlossen. Muss sich K bei Mängeln somit direkt an H wenden. Die Antwort kautet Ja. Dies ist im Ergebnis zwar richtig, aber es ergibt sich mE nach aus der Abtretung der Gewährleistungsrechte und nicht aus dem Ausschluss der §§ 536 ff. BGB. Da wäre eine konkretere Formulierung hilfreich, um die richtige Antwort geben zu können. Ich würde mich freuen, wenn ihr euch das noch einmal anschauen könntet.