Öffentliches Recht

VwGO

Vorläufiger Rechtsschutz (§§ 80, 80a VwGO)

Grundlagen: Was ist das (allgemeine) Rechtsschutzbedürfnis?

Grundlagen: Was ist das (allgemeine) Rechtsschutzbedürfnis?

3. Juli 2025

8 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

In Lawras Lerngruppe geht es heute um die Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO. Die Freunde möchten zunächst wiederholen, was es mit dem Rechtsschutzbedürfnis auf sich hat.

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Einordnung des Falls

Grundlagen: Was ist das (allgemeine) Rechtsschutzbedürfnis?

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis ist eine allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzung.

Genau, so ist das!

Das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis (oft auch als Rechtsschutzinteresse bezeichnet) ist eine Zulässigkeitsvoraussetzung, die für sämtliche Verfahrensarten gilt. Es besagt, dass die Inanspruchnahme der Gerichte nur zulässig ist, wenn der Kläger bzw. Antragsteller ein von der Rechtsordnung anerkanntes („rechtsschutzwürdiges“) Interesse an der gerichtlichen Klärung des Sachverhalts hat. Für das Rechtsschutzbedürfnis haben sich mehrere Fallgruppenherausgebildet. Das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis ist nicht gesetzlich normiert, sondern ein ungeschriebener Grundsatz, der im gesamten Prozessrecht gilt. In zwei Sonderfällen regelt die VwGO, dass der Kläger ein „berechtigtes Interesse“ haben muss: in § 43 Abs. 1 VwGO (Feststellungsklage) sowie in § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO (Fortsetzungsfeststellungsklage). In diesen Fällen spricht man von besonderem Rechtsschutzbedürfnis.
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2. Das Rechtsschutzbedürfnis entfällt, wenn der Kläger sein Ziel auf einfachere oder schnellere (außergerichtliche) Weise verwirklichen kann.

Ja, in der Tat!

Das Rechtsschutzbedürfnis besteht nicht, wenn der Kläger sein Ziel auf einfachere oder schnellere (außergerichtliche) Weise erreichen kann. Denn in diesem Fall ist eine Inanspruchnahme der Gerichte nicht notwendig. Das Rechtsschutzbedürfnis soll überflüssige Prozesse vermeiden und dient damit dem Schutz der Ressourcen der Gerichte. Beispiel: Der Staat klagt gegen einen Bürger, obwohl er seinen Anspruch durch Erlass eines Verwaltungsakts geltend machen kann, etwa im Falle von § 49a Abs. 1 S. 2 VwVfG. Hier fehlt dem Staat das Rechtsschutzbedürfnis, da er einen rechtskräftigen Verwaltungsakt auch im Wege der Verwaltungsvollstreckung zwangsweise durchsetzen kann. Ein Gerichtsprozess zur Durchsetzung seines Anspruchs wäre nicht notwendig.

3. Das Rechtsschutzbedürfnis ist nur gegeben, wenn der angestrebte Rechtsschutz die Rechtsstellung des Klägers verbessern kann.

Ja!

Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt, wenn der angestrebte Rechtsschutz die Rechtsstellung des Klägers nicht verbessern kann, ihm also selbst bei Erfolg keinen rechtlichen Vorteil bringt. In diesen Fällen soll der Kläger die Ressourcen des Gerichts nicht in Anspruch nehmen können. Beispiel: Der Antragsteller verlangt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines bereits vollzogenen Verwaltungsakts.

4. Das Rechtsschutzbedürfnis entfällt, wenn die Klage rechtsmissbräuchlich ist.

Genau, so ist das!

Das Rechtsschutzbedürfnis verlangt, dass die Inanspruchnahme der Gerichte nur zulässig ist, wenn der Kläger bzw. Antragsteller ein von der Rechtsordnung anerkanntes („rechtsschutzwürdiges“) Interesse an der gerichtlichen Klärung des Sachverhalts hat. Im Falle von Rechtsmissbrauch hat der Kläger zwar ein Interesse an der Durchsetzung seines Rechts, dieses Interesse wird aber nicht von der Rechtsordnung anerkannt. Das Verbot des Missbrauchs prozessualer Rechte ist ein Ausfluss des Gebots von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Beispiel: Der Kläger erhebt eine Klage ausschließlich mit dem Ziel, den Beklagten zu schädigen oder das Gericht zu belästigen.

5. Lawra meint, dass das Vorliegen des Rechtsschutzbedürfnisses in jeder Klausurkonstellation umfangreich zu prüfen ist. Hat sie damit Recht?

Nein, das trifft nicht zu!

Das Rechtsschutzbedürfnis dient in Ausnahmefällen als „Korrektiv“, wenn andere Zulässigkeitsvoraussetzungen nicht eingreifen. Sind alle Zulässigkeitsvoraussetzungen gegeben, besteht in der Regel auch das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis. In diesen Fällen reicht in der Klausur ein kurzer Hinweis, dass das Rechtsschutzbedürfnis gegeben ist. Nur in Ausnahmefällen, wenn die Klausur erkennbar darauf angelegt ist, musst Du das Rechtsschutzbedürfnis näher thematisieren. Die in dieser Aufgabe thematisierten Fallgruppen sind die Hauptanwendungsfälle für das Fehlen des Rechtsschutzbedürfnisses. In den nächsten Aufgaben wirst Du weitere Fälle kennenlernen, bei denen speziell im vorläufigen Rechtsschutz beim Rechtsschutzbedürfnis Probleme auftreten können.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Kind als Schaden

Kind als Schaden

21.2.2025, 19:00:13

Dort steht, man solle das

Rechtsschutzbedürfnis

in einer Klausur auch dann kurz ansprechen, wenn es unproblematisch vorliegt. Vielleicht ist man in Mainz irgendwie komisch, aber ich habe das in noch keiner einzigen Lösung in fast 5 Jahren Studium so gesehen und halte es daher für einen schlechten Tipp, dass in einer Klausur so zu machen. Falls es Leute gibt, die das schon so in Lösungen gesehen haben, bitte mal hierzu austauschen, vielleicht ist das ja wirklich regional unterschiedlich :)

HartzFear99

HartzFear99

22.2.2025, 21:42:00

Uns wurde damals im Rep geraten das RSB stets kurz anzusprechen, selbst wenn es unproblematisch vorliegt. Es reicht ja ggf. ein kurzer Satz. Es ist nunmal Zulässigkeitsvoraussetzung und daher immer ein Prüfungspunkt, auf den eingegangen werden muss. Bin aus NRW :)

PAUHE

Paul Hendewerk

21.6.2025, 10:17:20

"Im Übrigen besteht das durch das Vorliegen der sonstigen Zulässigkeitsvoraussetzungen indizierte allgemeine

Rechtsschutzbedürfnis

"


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