Öffentliches Recht

VwGO

Vorläufiger Rechtsschutz (§§ 80, 80a VwGO)

Grundlagen: Was ist das (allgemeine) Rechtsschutzbedürfnis?

Grundlagen: Was ist das (allgemeine) Rechtsschutzbedürfnis?

22. Februar 2025

3 Kommentare

4,4(938 mal geöffnet in Jurafuchs)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

In Lawras Lerngruppe geht es heute um die Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO. Die Freunde möchten zunächst wiederholen, was es mit dem Rechtsschutzbedürfnis auf sich hat.

Diesen Fall lösen 85,2 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

Einordnung des Falls

Grundlagen: Was ist das (allgemeine) Rechtsschutzbedürfnis?

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis ist eine allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzung.

Genau, so ist das!

Das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis (oft auch als Rechtsschutzinteresse bezeichnet) ist eine Zulässigkeitsvoraussetzung, die für sämtliche Verfahrensarten gilt. Es besagt, dass die Inanspruchnahme der Gerichte nur zulässig ist, wenn der Kläger bzw. Antragsteller ein von der Rechtsordnung anerkanntes („rechtsschutzwürdiges”) Interesse an der gerichtlichen Klärung des Sachverhalts hat. Für das Rechtsschutzbedürfniss haben sich mehrere Fallgruppenherausgebildet. Das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis ist nicht gesetzlich normiert, sondern ein ungeschriebener Grundsatz, der im gesamtem Prozessrecht gilt. In zwei Sonderfällen regelt die VwGO, dass der Kläger ein „berechtigtes Interesse” haben muss: in § 43 Abs. 1 VwGO (Feststellungsklage) sowie in § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO (Fortsetzungsfeststellungsklage). In diesen Fällen spricht man von besonderem Rechtsschutzbedürfnis.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. Das Rechtsschutzbedürfnis entfällt, wenn der Kläger sein Ziel auf einfachere oder schnellere (außergerichtliche) Weise verwirklichen kann.

Ja, in der Tat!

Das Rechtsschutzbedürfnis besteht nicht, wenn der Kläger sein Ziel auf einfachere oder schnellere (außergerichtliche) Weise erreichen kann. Denn in diesem Fall ist eine Inanspruchnahme der Gerichte nicht notwendig. Das Rechtsschutzbedürfnis soll überflüssige Prozesse vermeiden und dient damit dem Schutz der Ressourcen der Gerichte. Beispiel: Der Staat klagt gegen einen Bürger, obwohl er seinen Anspruch durch Erlass eines Verwaltungsakts geltend machen kann, etwa im Falle von § 49a Abs. 1 S. 2 VwVfG. Hier fehlt dem Staat das Rechtsschutzbedürfnis, da er einen rechtskräftigen Verwaltungsakt auch im Wege der Verwaltungsvollstreckung zwangsweise durchsetzen kann. Ein Gerichtsprozess zur Durchsetzung seines Anspruchs wäre nicht notwendig.

3. Das Rechtsschutzbedürfnis ist nur gegeben, wenn der angestrebte Rechtsschutz die Rechtsstellung des Klägers verbessern kann.

Ja!

Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt, wenn der angestrebte Rechtsschutz die Rechtsstellung des Klägers nicht verbessern kann, ihm also selbst bei Erfolg keinen rechtlichen Vorteil bringt. In diesen Fällen soll der Kläger die Ressourcen des Gerichts nicht in Anspruch nehmen können. Beispiel: Der Antragsteller verlangt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines bereits vollzogenen Verwaltungsakts.

4. Das Rechtsschutzbedürfnis entfällt, wenn die Klage rechtsmissbräuchlich ist.

Genau, so ist das!

Das Rechtsschutzbedürfnis verlangt, dass die Inanspruchnahme der Gerichte nur zulässig ist, wenn der Kläger bzw. Antragsteller ein von der Rechtsordnung anerkanntes („rechtsschutzwürdiges”) Interesse an der gerichtlichen Klärung des Sachverhalts hat. Im Falle von Rechtsmissbrauch hat der Kläger zwar ein Interesse an der Durchsetzung seines Rechts, dieses Interesse wird aber nicht von der Rechtsordnung anerkannt. Das Verbot des Missbrauchs prozessualer Rechte ist ein Ausfluss des Gebots von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Beispiel: Der Kläger erhebt eine Klage ausschließlich mit dem Ziel, den Beklagten zu schädigen oder das Gericht zu belästigen.

5. Lawra meint, dass das Vorliegen des Rechtsschutzbedürfnisses in jeder Klausurkonstellation ausdrücklich zu prüfen ist. Hat sie damit Recht?

Nein, das trifft nicht zu!

Das Rechtsschutzbedürfnis dient in Ausnahmefällen als „Korrektiv”, wenn andere Zulässigkeitsvoraussetzungen nicht eingreifen. Sind alle Zulässigkeitsvoraussetzungen gegeben, besteht in der Regel auch das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis. In diesen Fällen reicht in der Klausur ein kurzer Hinweis, dass das Rechtsschutzbedürfnis gegeben ist. Nur in Ausnahmefällen, wenn die Klausur erkennbar darauf angelegt ist, musst Du das Rechtsschutzbedürfnis näher thematisieren. Die in dieser Aufgabe thematisierten Fallgruppen sind die Hauptanwendungsfälle für das Fehlen des Rechtsschutzbedürfnisses. In den nächsten Aufgaben wirst Du weitere Fälle kennenlernen, bei denen speziell im vorläufigen Rechtsschutz beim Rechtsschutzbedürfnis Probleme auftreten können.
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen
Jurafuchs
Eine Besprechung von:
Jurafuchs Brand
facebook
facebook
facebook
instagram

Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Johannes Nebe

Johannes Nebe

8.2.2025, 08:54:43

Das Rechtsschutzbedürfnis ist schon ausdrücklich zu prüfen, das heißt, es muss dazu etwas gesagt werden, wenn auch nur kurz. Die Frage ist mit ja zu beantworten, es sei denn, gemeint wäre, ob das Rechtsschutzbedürfnis "ausführlich" zu prüfen ist.

Kind als Schaden

Kind als Schaden

18.2.2025, 01:00:49

Meinst du mit "prüfen", es in einem Gutachten zu schreiben? Falls ja, dann liegst du falsch. Das Rechtsschutzbedürfnis ist nur zu prüfen, wenn es Anhaltspunkte dafür gibt, dass an seinem Vorliegen zu zweifeln ist.

Johannes Nebe

Johannes Nebe

20.2.2025, 13:31:37

Ich hatte den Klausurhinweis so verstanden. Dort stand, dass, wenn alle

Zulässigkeit

svoraussetzungen gegeben sind, in der Regel auch das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis bestehe und in der Klausur ein kurzer Hinweis ausreiche, dass das Rechtsschutzbedürfnis gegeben sei. Dieser Hinweis beruht doch wohl auf einer "Prüfung", wenn auch nicht auf einer ausführlichen.


Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und mit 15.000+ Nutzer austauschen.
Kläre Deine Fragen zu dieser und 15.000+ anderen Aufgaben mit den 15.000+ Nutzern der Jurafuchs-Community

Weitere für Dich ausgwählte Fälle

Jurafuchs

Vorheriges Aussetzungsverfahren bei Behörde nötig?

Behörde B ordnet an, dass Restaurantbetreiberin G ihr Restaurant schließen muss und erklärt die Maßnahme für sofort vollziehbar. Ohne vorher mit der Behörde Kontakt aufzunehmen, wendet sich R an das Verwaltungsgericht.

Fall lesen

Jurafuchs

(Keine) Einlegung der Anfechtungsklage in der Hauptsache?

Behörde B ordnet an, dass Restaurantbetreiberin G ihr Restaurant schließen muss. B erklärt den Bescheid für sofort vollziehbar und gibt ihn am 01.03. bekannt. Am 05.03. stellt G stellt beim Gericht einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz, vergisst aber, Anfechtungsklage zu erheben.

Fall lesen

Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen