Strafrecht

BT 7: Nachtatdelikte u.a.

Strafvereitelung (§ 258 StGB)

Bezahlung einer Geldstrafe durch Dritte (str.)

Bezahlung einer Geldstrafe durch Dritte (str.)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
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Klassisches Klausurproblem

Q wurde rechtskräftig zur Zahlung einer Geldstrafe in Höhe von 50 Tagessätzen á €30 verurteilt. Ihre Mutter M zahlt die €1.500 für sie direkt an die Justizkasse.

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Einordnung des Falls

Bezahlung einer Geldstrafe durch Dritte (str.)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. M könnte sich wegen Vollstreckungsvereitelung strafbar gemacht haben, indem sie Qs Geldstrafe beglich (§ 258 Abs. 2 StGB).

Genau, so ist das!

Im objektiven Tatbestand müsste M dafür die Vollstreckung einer rechtskräftigen Strafe oder Maßnahme eines anderen vereitelt haben.
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2. Da das Bezahlen einer fremden Geldstrafe dazu führt, dass die verhängte Strafe für den Täter nicht spürbar ist, liegt unstreitig eine Vollstreckungsvereitelung nach § 258 Abs. 2 StGB vor.

Nein, das trifft nicht zu!

Es ist umstritten, ob das Bezahlen einer fremden Geldstrafe unter § 258 Abs. 2 StGB fällt. Die eingeschränkte Höchstpersönlichkeitstheorie bejaht das für die Fälle, in der der Täter die fremde Geldstrafe direkt an die Justizkasse entrichtet. Die von der h.L. und dem BGH vertretene Vertretbarkeitstheorie lehnt eine Strafbarkeit hingegen generell ab.

3. Die eingeschränkte Höchstpersönlichkeitstheorie führt für die Strafbarkeit wegen Vollstreckungsvereitelung den Sinn und Zweck der Geldstrafe an.

Ja!

Sinn und Zweck der Geldstrafe sei es, dass der Verurteilte persönlich getroffen werde. Er solle ein Strafübel in Form einer Vermögensminderung spüren. Das Bezahlen einer fremden Geldstrafe direkt an die Justizkasse unterlaufe diesen Zweck und müsse deswegen strafbar sein. Straffrei bleibe hingegen die Kompensation einer durch den Verurteilten entrichteten Geldstrafe, etwa durch Schenkung an den Verurteilten direkt oder den Erlass eines Darlehens. Denn in diesem Fall trete beim Verurteilten (zunächst) eine Vermögensminderung ein, auch wenn diese später kompensiert werde.M hat Qs Geldstrafe direkt an die Justizkasse gezahlt. Nach der eingeschränkten Höchstpersönlichkeitstheorie hat sie damit die Strafvollstreckung im Sinne des § 258 Abs. 2 StGB vereitelt.Eine innerhalb dieser Theorie vertretene Mindermeinung bejaht eine Strafbarkeit auch dann, wenn der Verurteilte selbst zahlt, die Vermögensminderung aber (etwa durch Schenkung) ausgeglichen wird. Dagegen spricht, dass die bezweckte Vermögensminderung zunächst eingetreten ist. Es sei nicht Sinn des § 258 Abs. 2 StGB ein „gefühltes” Strafübel zu erzwingen.

4. Die von h.M. und BGH vertretene Vertretbarkeitstheorie schließt eine Strafbarkeit nach § 258 Abs. 2 StGB bei der Bezahlung einer fremden Geldstrafe aufgrund des Wortlautes generell aus.

Genau, so ist das!

Der Wortlaut der Norm umfasse das Bezahlen einer fremden Geldstrafe nicht. Die Norm verlange die Vereitelung der „Vollstreckung”, worunter der äußere Vollstreckungsvorgang zu verstehen sei. Dieser werde beim Bezahlen einer fremden Geldstrafe nicht verhindert. Zudem lasse auch die eingeschränkte Höchstpersönlichkeitstheorie zahlreiche Möglichkeiten der Umgehung einer Strafbarkeit zu. Die Differenzierung zwischen direkter Zahlung an die Justizkasse vs. Kompensation des Verurteilten privilegiere den „cleveren” Täter. Das lehnt die Vertretbarkeitstheorie ab.M hat Qs Geldstrafe bezahlt. Sie hat dadurch nicht den äußeren Vollstreckungvorgang gestört oder verhindert. Eine Vereitelung der Vollstreckung liegt mithin nach dieser Ansicht nicht vor.
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