Strafrecht

BT 7: Nachtatdelikte u.a.

Strafvereitelung (§ 258 StGB)

Vollstreckungsvereitelung (§ 258 Abs. 2 StGB) – Grundfall

Vollstreckungsvereitelung (§ 258 Abs. 2 StGB) – Grundfall

24. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

C wird wegen Brandstiftung rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Sein Zwillingsbruder D, der C über alles liebt, möchte ihm die Haft ersparen. Er gibt sich deshalb als C aus und verbüßt an seiner Stelle die Haftstrafe.

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Einordnung des Falls

Vollstreckungsvereitelung (§ 258 Abs. 2 StGB) – Grundfall

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. D hat sich wegen Verfolgungsvereitelung strafbar gemacht, indem er an Cs Stelle dessen Freiheitsstrafe verbüßte (§ 258 Abs. 1 StGB).

Nein, das trifft nicht zu!

Die Verfolgungsvereitelung setzt im objektiven Tatbestand voraus , dass bereits die Verurteilung vereitelt wird (§ 258 Abs. 1 StGB). C wurde rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. D hat durch sein Handeln damit nicht vereitelt, dass eine Strafe für Cs Tat verhängt wurde. D hat keine Strafvereitelung nach § 258 Abs. 1 StGB begangen.
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2. D könnte sich wegen Vollstreckungsvereitelung strafbar gemacht haben, indem er an Cs Stelle dessen Freiheitsstrafe verbüßte (§ 258 Abs. 2 StGB).

Ja!

Objektive Voraussetzungen für eine Strafbarkeit nach § 258 Abs. 2 StGB sind: (1)Rechtskräftig verhängte Strafe oder Maßnahme (2)Vereitelung der Vollstreckung D müsste subjektiv vorsätzlich bezüglich der verhängten Strafe und absichtlich oder wissentlich bezüglich des Vereitelns gehandelt haben. Zudem müsste die Tat rechtswidrig und schuldhaft begangen worden sein und kein persönlicher Strafausschließungsgrund nach § 258 Abs. 5, Abs. 6 StGB eingreifen.Dogmatisch und in der Fallbearbeitung ergeben sich kaum Unterschiede zwischen § 258 Abs. 1 StGB und § 258 Abs. 2 StGB. Was Du bei § 258 Abs. 1 StGB gelernt hast, kannst Du hier also wieder anwenden. Wichtig ist aber, dass du in der Klausur genau zitierst, nach welchem Absatz eine Strafbarkeit in Frage kommt.

3. Gegen C wurde ein Strafe oder Maßnahme verhängt (§ 258 Abs. 2 StGB).

Genau, so ist das!

Unter Strafen fallen alle von einem deutschen Gericht verhängten rechtskräftigen und vollstreckbaren Strafen nach den §§ 38 ff. StGB. Maßnahmen sind solche des §11 Abs. 1 Nr. 8 StGB.C wurde rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Eine gegen einen anderen verhängte Strafe liegt damit vor.

4. Hat D die Vollstreckung der Strafe gegen C vereitelt (§ 258 Abs. 2 StGB)?

Ja, in der Tat!

Die Vollstreckung ist ganz vereitelt, wenn sie für geraume Zeit unverwirklicht bleibt. Sie ist zum Teil vereitelt, wenn der Täter bewirkt, dass der Voräter besser gestellt wird, als es der materiellen Rechtslage entspricht.D gab sich bei Haftantritt als C aus. Aus diesem Grund hat C die Haft nicht verbüßt. D hat die Vollstreckung der Strafe damit ganz vereitelt.Genau wie bei § 258 Abs. 1 StGB genügt die Vereitelung für eine geraume Zeit. D hätte die Strafe damit auch vereitelt, wenn der Irrtum später auffallen würde und C die Haftstrafe doch noch absitzen müsste.

5. D hat auch den subjektiven Tatbestand von § 258 Abs. 2 StGB verwirklicht.

Ja!

Der subjektive Tatbestand von § 258 Abs. 2 StGB beinhaltet zwei unterschiedliche Vorsatzerfordernisse: bezüglich der Verhängung einer Strafe oder Maßnahme genügt dolus eventualis. Im Hinblick auf die Vereitelung der Vollstreckung muss der Täter hingegen mit Absicht oder Wissentlichkeit handeln.D wusste, dass eine Freiheitsstrafe von drei Jahren gegen C verhängt wurde. Er gab sich in der Haft bewusst als C aus, mit dem Ziel, C vor der Gefängnisstrafe zu bewahren. D handelte damit vorsätzlich in Bezug auf die verhängte Strafe und absichtlich hinsichtlich der Vollstreckungsvereitelung.

6. Die Tat war auch rechtswidrig und schuldhaft. D hat sich somit nach § 258 Abs. 2 StGB strafbar gemacht.

Nein, das ist nicht der Fall!

Als Zwillingsbruder des C ist D Angehöriger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 1a StGB. Damit greift für D der persönliche Strafausschließungsgrund nach § 258 Abs. 6 StGB (sog. „Angehörigenprivileg”). Trotz rechtswidriger und schuldhafter Tat bleibt D damit straffrei.
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