Referendariat

Die zivilrechtliche Urteilsklausur

Aufrechnung

Klage voll begründet, Hilfsaufrechnung unbegründet

Klage voll begründet, Hilfsaufrechnung unbegründet

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

K klagt gegen B auf Zahlung von €6.000. B bestreitet die zugrunde liegenden Tatsachen. Für den Fall, dass die Klageforderung besteht, erklärt er die Aufrechnung mit einer angeblichen Forderung über €6.000. Ks Forderung ist begründet, Bs Gegenforderung ist unbegründet.

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Einordnung des Falls

Klage voll begründet, Hilfsaufrechnung unbegründet

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die von B erklärte Aufrechnung ist eine Primäraufrechnung.

Nein, das trifft nicht zu!

Eine Primäraufrechnung liegt vor, wenn der Beklagte die vom Kläger vorgetragenen Tatsachen nicht bestreitet, sondern sich gegen die Klage im Wesentlichen mit der Aufrechnung verteidigt. Im Gegensatz dazu liegt eine Hilfsaufrechnung vor, wenn der Beklagte zunächst die vom Kläger vorgetragenen Tatsachen bestreitet und nur unter der Bedingung, dass der klägerische Anspruch besteht, die Aufrechnung erklärt. B bestreitet vorrangig den Klägervortrag. Nach seinem Willen soll über die Aufrechnung erst entschieden werden, wenn feststeht, dass die Klage ansonsten Erfolg hat. B erklärt somit nur hilfsweise die Aufrechnung.
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2. Da die Aufrechnung bedingungsfeindlich ist, ist die Erklärung einer Hilfsaufrechnung im Prozess unzulässig (§ 388 S. 2 BGB).

Nein!

Die Erklärung der Aufrechnung ist grundsätzlich bedingungsfeindlich (§ 388 S.2 BGB), denn als einseitiges Gestaltungsgeschäft gestattet die Aufrechnung keinen Schwebezustand. Dennoch ist die Zulässigkeit der Hilfsaufrechnung allgemein anerkannt. Die Begründungen variieren: (1) Überwiegend wird vertreten die Hilfsaufrechnung als innerprozessuale Bedingung stelle eine bloße Rechtsbedingung dar. Mangels Schwebezustand sei sie vom Begriff der Bedingung in § 388 S. 2 BGB nicht erfasst (Wortlaut). Denn die Voraussetzungen würden im Prozess abschließend geklärt. (2) Teilweise wird dagegen darauf abgestellt, dass für diesen Fall eine teleologische Reduktion erfolgen müsse (vgl. Schlüter, in: MüKo-BGB, 9. A. 2022, § 388 RdNr. 4).

3. Hat B sich mit der hilfsweisen Aufrechnung erfolgreich gegen die Klage verteidigt.

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Aufrechnung ist ein Verteidigungsmittel des Beklagten, denn er kann mit der Aufrechnung im Prozess den Klage zu Fall bringen. Nach § 389 BGB bewirkt die Aufrechnung, dass die sich aufrechenbar gegenüberstehenden Forderungen, erlöschen, allerdings nur soweit sie bestehen und sich decken (rechtsvernichtende Einwendung). Soweit der klägerische Anspruch erlischt, ist die Klage als unbegründet abzuweisen. Nur die Klageforderung (€6.000), aber nicht die Gegenforderung des B (€6.000) ist begründet. Damit fehlt es an einer aufrechenbaren Gegenforderung. B konnte die Klageforderung somit nicht durch die Aufrechnung zum Erlöschen bringen (§ 389 BGB). B wird verurteilt, an K €6.000 zu zahlen.
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