Abwandlung: Konkret drohender VA

21. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Die zuständige Behörde B teilt Gastwirtin W mit, dass sie beabsichtigt, ihre Gaststättenerlaubnis zu widerrufen. Da W sich zur Zeit finanziell gerade so über Wasser hält, wäre bereits ein Tag, an dem sie ihre Kneipe nicht öffnet, ein großes Problem für sie. Sie will, dass B den Widerruf gar nicht erst erlässt.

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Einordnung des Falls

Abwandlung: Konkret drohender VA

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der angekündigte Widerruf wäre ein Verwaltungsakt, wenn B ihn erlassen würde.

Ja!

Ein Verwaltungsakt ist eine (1) hoheitliche Maßnahme einer (2) Behörde auf dem (3) Gebiet des öffentlichen Rechts zur (4) Regelung eines (5) Einzelfalls mit (6) Außenwirkung. Der Widerruf einer Gaststättenerlaubnis nach § 15 Abs. 2, Abs. 3 GastG ist eine hoheitliche Maßnahme einer Behörde auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts. Mit dem Widerruf wird die Rechtswirkung, die die zunächst an W erteilte Genehmigung entfaltet hat, im Einzelfall der W mit Außenwirkung beseitigt (= Regelung). Einer solchen ausführlichen Definition und Subsumtion bedarf es nicht, wenn der Verwaltungsakt so eindeutig vorliegt, wie hier. Du solltest nur feststellen, dass es sich um einen Verwaltungsakt nach § 35 S. 1 VwVfG handelt.
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2. Der vorbeugende Unterlassungsanspruch kann nur gegen hoheitliches Realhandeln geltend gemacht werden.

Nein, das ist nicht der Fall!

Voraussetzung des vorbeugenden Unterlassungsanspruchs ist ein erwarteter rechtswidriger Eingriff in subjektive Rechte des Anspruchstellers durch hoheitliche Maßnahmen. Eine „klassische“ hoheitliche Maßnahme ist der Erlass eines Verwaltungsakts. Erwartet der Anspruchsteller den Erlass eines rechtswidrigen Verwaltungsakts, kommt der vorbeugende Unterlassungsanspruch grundsätzlich in Betracht Dass es grundsätzlich möglich ist, einen vorbeugenden Unterlassungsanspruch gegen einen erwarteten Verwaltungsakt geltend zu machen, hat nichts mit der Frage zu tun, ob eine gerichtliche Durchsetzung des Anspruchs Erfolg hat. Regelmäßig scheitert die Durchsetzung daran, dass es dem Betroffenen wegen des Suspensiveffekts von Widerspruch und Anfechtungsklage (§ 80 Abs. 1 VwGO) zumutbar ist, den Erlass des Verwaltungsakts abzuwarten und repressiven Rechtsschutz zu erlangen.

3. Der Anspruch scheitert bereits am Vorliegen der erforderlichen Wiederholungs- bzw. Erstbegehungsgefahr.

Nein, das trifft nicht zu!

Im Rahmen des vorbeugenden Unterlassungsanspruch muss eine subjektive Rechtsverletzung durch hoheitliches Realhandeln gerade noch nicht eingetreten sein. Es muss kein andauernder Eingriff in die Rechte des Betroffenen vorliegen. Es bedarf lediglich einer Wiederholungs- bzw. Erstbegehungsgefahr. Eine Erstbegehungsgefahr kann vor allem dann angenommen werden, wenn die Behörde ein bestimmtes Verhalten konkret angekündigt hat. Für die Geltendmachung des vorbeugenden Unterlassungsanspruchs reicht es aus, dass B gegenüber W konkret angekündigt hat, die Erlaubnis zu widerrufen.Sollte dieser Anspruch Gegenstand Deiner Klausur sein, wirst Du die Wiederholungs- und insbesondere die Erstbegehungsgefahr zweifelsfrei dem Sachverhalt entnehmen können.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

LI

Lilyphant

20.6.2024, 16:52:35

Hallo, ist es bei der Frage, ob der Widerruf einen Verwaltungsakt darstellt auch zulässig, auf den actus contrarius abzustellen: Wenn die Erteilung der Erlaubnis ein Verwaltungsakt ist, ist auch der Widerruf einer?

Linne_Karlotta_

Linne_Karlotta_

13.8.2024, 17:39:54

Hallo @[Lilyphant](243009), genauso ist es (siehe z.B. Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 22.A. 2022, § 49 RdNr. 5). Da die Rechtsnatur von Widerruf und Rücknahme unproblematisch ist, reicht es, wenn Du das in der Prüfung in einem Satz feststellst, z.B.: „Als actus contrarius zum Erlass eines Verwaltungsakts erfolgt auch der Widerruf durch Verwaltungsakt.“ Viele Grüße - Linne, für das Jurafuchs-Team


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