Fallgruppe: Schenkung

26. Dezember 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

S hat G durch notariellen Vertrag versprochen, ihm seinen gebrauchten Bulli zu schenken. Als S mit dem Wagen zu G fährt, kommt es zu einem Verkehrsunfall mit D, wodurch das Auto einen Totalschaden erleidet. D trug die alleinige Schuld am Unfall.

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Einordnung des Falls

Fallgruppe: Schenkung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. G hat Eigentum an dem Bulli erworben (§ 929 S. 1 BGB).

Nein, das trifft nicht zu!

Die Übereignung nach § 929 S. 1 BGB setzt voraus: (1) Einigung, (2) Übergabe, (3) Einigsein bei Übergabe, (4) Berechtigung des Veräußerers. S hat sich durch die Schenkung bislang lediglich schuldrechtlich verpflichtet, G das Eigentum an dem Bulli zu verschaffen. Da S den Bulli noch nicht an G übergeben hat, liegen die Voraussetzungen der rechtsgeschäftlichen Übereignung bislang nicht vor. Somit hat G noch kein Eigentum am Bulli erworben.
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2. Kann G von S nach Zerstörung des Bulli die Lieferung eines anderen Bulli verlangen?

Nein!

Nach § 275 Abs. 1 BGB ist der Anspruch auf eine Leistung ausgeschlossen, wenn die Herbeiführen des Leistungserfolges dem Schuldner unmöglich wird. S hatte G lediglich versprochen, ihr seinen eigenen Bulli zu übergeben und übereignen (Stückschuld). Nicht damit verbunden war die Verpflichtung, G einen beliebigen Bulli zu verschaffen (Gattungsschuld). Da S' Bulli bei dem Untergang zerstört wurde, kann sie den geschuldeten Leistungserfolg nicht mehr herbeiführen. Der Anspruch ist somit ausgeschlossen (§ 275 Abs. 1 BGB).

3. Kann G von S Schadensersatz verlangen, weil S ihre geschuldete Leistung nicht erbringen kann (§§ 280 Abs. 1, 3, 283 BGB)?

Nein, das ist nicht der Fall!

Im Falle der Unmöglichkeit gibt es einen Ersatz nach §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 283 BGB nur, wenn der Schuldner die Unmöglichkeit zu vertreten hat. Der Unfall beruhte allein auf einem Verschulden des D (§ 276 Abs. 1 BGB). S hat den Unfall und damit die Unmöglichkeit also nicht zu vertreten. Damit haftet er G nicht auf Schadensersatz. Selbst wenn G den Unfall leicht fahrlässig verursacht hätte, müsste er wegen der Haftungsprivilegierung des § 521 BGB trotzdem keinen Ersatz leisten.

4. Hat S durch die Zerstörung des Bulli einen Schaden erlitten?

Nein, das trifft nicht zu!

Ein Schaden liegt nach der Differenzhypothese vor, wenn die tatsächliche Vermögenslage geringer ist, als sie hypothetisch bei Wegfall des schädigenden Ereignis wäre. Zwar hat D das Eigentum von S zerstört und damit ein von § 823 Abs. 1 BGB geschütztes Rechtsgut verletzt. S war zu diesem Zeitpunkt nach dem Schenkungsvertrag aber verpflichtet, den Wagen an G zu übereignen. Da S infolge des Unfalls von dieser Verpflichtung frei wurde, hat sich seine Vermögenslage nicht verschlechtert.

5. S kann von D trotzdem nach § 823 Abs. 1 BGB i.V.m den Grundsätzen der Drittschadensliquidation Schadensersatz verlangen.

Ja!

Die Geltendmachung eines fremden Schadens ist nach den Grundsätzen der Drittschadensliquidation möglich, wenn (1) der Geschädigte keinen Anspruch gegen den Schädiger hat, (2) der Anspruchsinhaber keinen Schaden hat und sich (3) die Schadensverlagerung aus Sicht des Schädigers als zufällig darstellt. Zu 3: Eine zufällige Schadensverlagerung liegt unter anderem vor, wenn der Verletzte dadurch von einer eigenen Leistungspflicht befreit wird (obligatorische Gefahrentlastung). S muss infolge des Unfalls seiner Schenkungspflicht gegenüber G nicht mehr nachkommen und ihr auch keinen Schadensersatz leisten. Der Schaden verlagert sich somit zufällig auf sie. Da G kein eigener Anspruch zusteht, kann S den Schaden für G geltend machen.
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