+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
M und F sind „friends with benefits“. Sie möchten keine Kinder. M ist es extrem wichtig, dass F die „Pille“ nimmt. F ist einverstanden. Später setzt sie die „Pille“ ohne Wissen des M ab und wird schwanger. M muss Kindesunterhalt zahlen (§ 1601 BGB). Diesen verlangt er als Schadensersatz von F ersetzt.
Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen
unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
...Wird geladen
Einordnung des Falls
rechtsverbindliche Willenserklärung auf Abschluss eines „Verhütungsvertrags“ („Pillenfall“)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Der Vorschlag des M, dass F die „Pille nimmt, enthält eine rechtsverbindliche Willenserklärung, gerichtet auf den Abschluss eines „friends with benefits Verhütungsvertrags“.
Ja, in der Tat!
Der äußere (objektive) Tatbestand einer Willenserklärung liegt in einem äußerlich erkennbaren Verhalten, das auf das Vorliegen eines Handlungs-, eines Rechtsbindungs- und eines Geschäftswillens schließen lässt. Ob ein Rechtsbindungswille vorliegt, ist unter Berücksichtigung der Interessenlage beider Parteien nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte festzustellen (§§ 133, 157 BGB).Die Geburt eines Kindes bedeutet für den M als Unterhaltsverpflichteten ein erhebliches Haftungsrisiko. Es liegt nahe, einen Rechtsbindungswillen auf Seiten des M anzunehmen.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.
2. Selbst wenn F und M sich rechtlich hätten binden wollen, wäre die Vereinbarung unwirksam nach § 138 Abs. 1 BGB.
Ja!
Nach § 138 Abs. 1 BGB ist ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, nichtig. Über § 138 Abs. 1 BGB wirkt das im Grundgesetz verkörperte Wertsystem in das Privatrecht ein.BGH: Die Entscheidungsfreiheit für ein Kind gehöre zum Persönlichkeitsrecht und zur personalen Würde von Partnern. Ein Verhütungsvertrag betreffe den engsten persönlichen Freiheitsbereich, die Intimsphäre. Dieser Freiheitsbereich sei vertraglichen Regelungen entzogen. Daraus folgt, dass die Vereinbarung auch mit Rechtsbindungswille unwirksam wäre. Der Verhütungsvertrag ist somit nichtig.
3. Indem F dem Vorschlag zustimmte, hat sie das Angebot angenommen und mit M einen "friends with benefits Verhütungsvertrag" abgeschlossen.
Nein, das ist nicht der Fall!
Unter Berücksichtigung der Interessenlage der Parteien, nach Treu und Glauben und mit Rücksicht auf die Verkehrssitte ist zu prüfen, ob ein Rechtsbindungswille vorliegt. Zur Verhütung der Schwangerschaft müssen regelmäßig Medikamente (mit allen evtl. Nebenwirken) eingenommen werden.Laut BGH liegt es nach der Verkehrsanschauung eher fern, dass die Parteien persönliche, intime Beziehungsfragen, wie die Entscheidung über ein Kind zum Gegenstand vertraglicher Bindung machen wollen. Ein Rechtsbindungswille der F liegt also nicht vor.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.