Zivilrecht

BGB Allgemeiner Teil

Tatbestand der Willenserklärung

rechtsverbindliche Willenserklärung auf Abschluss eines „Verhütungsvertrags“ („Pillenfall“)

rechtsverbindliche Willenserklärung auf Abschluss eines „Verhütungsvertrags“ („Pillenfall“)

6. Juli 2025

49 Kommentare

4,7(61.799 mal geöffnet in Jurafuchs)

[...Wird geladen]

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

M und F sind „friends with benefits“. Sie möchten keine Kinder. M ist es extrem wichtig, dass F die „Pille“ nimmt. F ist einverstanden. Später setzt sie die „Pille“ ohne Wissen des M ab und wird schwanger. M muss Kindesunterhalt zahlen (§ 1601 BGB). Diesen verlangt er als Schadensersatz von F ersetzt.

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

...Wird geladen

Einordnung des Falls

rechtsverbindliche Willenserklärung auf Abschluss eines „Verhütungsvertrags“ („Pillenfall“)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Vorschlag des M, dass F die „Pille nimmt, enthält eine rechtsverbindliche Willenserklärung, gerichtet auf den Abschluss eines „friends with benefits Verhütungsvertrags“.

Ja, in der Tat!

Der äußere (objektive) Tatbestand einer Willenserklärung liegt in einem äußerlich erkennbaren Verhalten, das auf das Vorliegen eines Handlungs-, eines Rechtsbindungs- und eines Geschäftswillens schließen lässt. Ob ein Rechtsbindungswille vorliegt, ist unter Berücksichtigung der Interessenlage beider Parteien nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte festzustellen (§§ 133, 157 BGB).Die Geburt eines Kindes bedeutet für den M als Unterhaltsverpflichteten ein erhebliches Haftungsrisiko. Es liegt nahe, einen Rechtsbindungswillen auf Seiten des M anzunehmen.
Zivilrecht-Wissen in 5min testen
Teste mit Jurafuchs kostenlos dein Zivilrecht-Wissen in nur 5 Minuten.

2. Selbst wenn F und M sich rechtlich hätten binden wollen, wäre die Vereinbarung unwirksam nach § 138 Abs. 1 BGB.

Ja!

Nach § 138 Abs. 1 BGB ist ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, nichtig. Über § 138 Abs. 1 BGB wirkt das im Grundgesetz verkörperte Wertsystem in das Privatrecht ein.BGH: Die Entscheidungsfreiheit für ein Kind gehöre zum Persönlichkeitsrecht und zur personalen Würde von Partnern. Ein Verhütungsvertrag betreffe den engsten persönlichen Freiheitsbereich, die Intimsphäre. Dieser Freiheitsbereich sei vertraglichen Regelungen entzogen. Daraus folgt, dass die Vereinbarung auch mit Rechtsbindungswille unwirksam wäre. Der Verhütungsvertrag ist somit nichtig.

3. Indem F dem Vorschlag zustimmte, hat sie das Angebot angenommen und mit M einen "friends with benefits Verhütungsvertrag" abgeschlossen.

Nein, das ist nicht der Fall!

Unter Berücksichtigung der Interessenlage der Parteien, nach Treu und Glauben und mit Rücksicht auf die Verkehrssitte ist zu prüfen, ob ein Rechtsbindungswille vorliegt. Zur Verhütung der Schwangerschaft müssen regelmäßig Medikamente (mit allen evtl. Nebenwirken) eingenommen werden.Laut BGH liegt es nach der Verkehrsanschauung eher fern, dass die Parteien persönliche, intime Beziehungsfragen, wie die Entscheidung über ein Kind zum Gegenstand vertraglicher Bindung machen wollen. Ein Rechtsbindungswille der F liegt also nicht vor.
Dein digitaler Tutor für Jura
Zivilrecht-Wissen testen
Jurafuchs
Eine Besprechung von:
Jurafuchs Brand
facebook
facebook
facebook
instagram

Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Dein digitaler Tutor für Jura
Zivilrecht-Wissen testen