Strafrecht

BT 2: Diebstahl, Betrug, Raub u.a.

Betrug (§ 263 StGB)

Vermögensbegriff – Erwerbs und Gewinnaussichten

Vermögensbegriff – Erwerbs und Gewinnaussichten

2. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T gehört ein Pferd samt Abstammungsurkunde. Als der Gerichtsvollzieher G das Pferd pfändet, fragt er T, ob er eine Abstammungsurkunde hätte. T verneint dies. Daraufhin wird das Pferd für €3.000 verkauft. Mit Abstammungsurkunde hätte ein deutlich höherer Erlös erzielt werden können.

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Einordnung des Falls

Vermögensbegriff – Erwerbs und Gewinnaussichten

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. T hat G über Tatsachen getäuscht (§ 263 StGB).

Genau, so ist das!

Täuschung ist das Einwirken auf einen anderen mit dem Ziel der Erregung eines Irrtums. Der T hat dem G vorgespielt, dass er nicht im Besitz der Abstammungsurkunde des bereits gepfändeten Pferdes sei.
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2. G hat eine Vermögensverfügung getätigt.

Ja, in der Tat!

Eine Vermögensverfügung ist jedes Handeln, Dulden oder Unterlassen das sich unmittelbar vermögensmindernd auswirkt. Voraussetzung hierfür ist stets auch ein Verfügungsbewusststein, welches sich auf die verfügten Gegenstände bezieht. Neben einem Handeln oder Dulden ist auch in Unterlassen, das sich unmittelbar vermögensmindernd auswirkt, eine Vermögensverfügung. Wegen des Irrtums unterließ es G, die Papiere bei T einzufordern. Dies stellt eine Vermögensverfügung zum Nachteil des Pfandgläubigers dar. Verfügender und Geschädigter müssen nicht identisch sein. Es genügt, dass der Gerichtsvollzieher "im Lager" des geschädigten Pfandgläubigers steht.

3. G hat den Kaufpreis von T erhalten, sodass kein Vermögensschaden vorliegt.

Nein!

Das Vermögen erleidet einen Schaden, wenn sein wirtschaftlicher Wert vermindert wird. Ein Vermögensschaden ist auch dann zu bejahen, wenn eine Verschlechterung der konkret gegebenen Vollstreckungsaussichten eintritt. Es werden damit auch Erwerbs- und Gewinnaussichten erfasst, soweit diese derart konkret sind, dass sie reale Vermögenspositionen darstellen. Sie müssen mit einiger Wahrscheinlichkeit einen Vermögenszuwachs erwarten lassen. Die Verwertungsmöglichkeiten des Pferdes hätten sich durch die Abstammungsurkunde konkret erhöht. Die Verschlechterung der konkret gegebenen Vollstreckungsaussicht stellt insoweit einen Vermögensnachteil des Vollstreckungsgläubigers dar.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

iudexaquo

iudexaquo

28.4.2023, 13:03:03

Moin, ihr schreibt in eurer Antwort, dass stets auch ein

Verfügungsbewusstsein

erforderlich ist. Im Kaiserskript zum materiellen Strafrecht steht jedoch zu § 263, dass die Rspr grds kein

Verfügungsbewusstsein

verlangt (außer beim

Sachbetrug

). Meint ihr dasselbe oder mache ich einen Denkfehler?

ALE

Alexander

2.5.2023, 11:04:12

Die Rechtsprechung fordert mit der wohl h.L. ein

Verfügungsbewusstsein

beim

Sachbetrug

zur Abgrenzung zum Diebstahl. Hier geht es ja um eine Forderung.

DIAA

Diaa

29.8.2023, 22:48:52

Wie soll ein

Gerichtsvollzieher

das Pferd einer Person pfänden und gleichzeitig den Kaufpreis von ihr verlangen?

Dogu

Dogu

7.1.2024, 13:17:14

S.o.

Simon

Simon

17.7.2024, 23:22:21

Der Gläubiger (Gl.) hat hier ja einen zivilrechtlichen Anspruch auf Zahlung eines bestimmten Geldbetrages gegen den T. Insofern kann die konkrete Aussicht auf eine erfolgreiche Zwangsvollstreckung nicht zusätzlich zu diesem Anspruch das Vermögen des Gl. m

ehre

n, sondern allenfalls seinen Zahlungsanspruch wirtschaftlich werthaltig werden lassen. Liegt der Anspruch über den in der Versteigerung erzielten 3.000 €, bleibt der Anspruch des Gl. insoweit bestehen. Einen Vermögensschaden kann man mE nur bejahen, wenn man davon ausgeht, dass T sonst nichts mehr hat, in das vollstreckt werden könnte, andernfalls ist die Restforderung wirtschaftlich werthaltig und ein Vermögensschaden zu verneinen. Diesbezüglich fehlen aber Sachverhaltsangaben, sodass ich den Vermögensschäden in dubio pro reo abgelehnt hätte. Indem das OLG hier allein auf die konkret gegebene Vollstreckungsaussicht abstellt, verdoppelt es zuerst das Vermögen des Gl. (Geldzahlungsanspruch UND Vollstreckungsaussicht), sodass es in einem zweiten Schritt einen Vermögensschaden durch Wegfall der Verdoppelung fingieren kann. Man kann die Vollstreckungsaussicht nicht vom zugrundeliegenden Anspruch entkoppeln, denn sonst müsste man auch einen Vermögensschaden bejahen, wenn Gl. lediglich einen Anspruch iHv 2000 € hätte.


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