+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Aus Solidarität mit den Protesten im Iran hängt A eine Flagge von seinem Balkon. B erlässt einen schriftlichen Bescheid, wonach A die Flagge entfernen muss und gibt diesen am 01.03.23 zur Post auf. A hat die Flagge zwei Monate später immer noch nicht entfernt.
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Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Will B die Befolgung der Verfügung zwangsweise durchsetzen, muss sie hier § 3 VwVG beachten.
Nein, das ist nicht der Fall!
Die Vollstreckung von Geldforderungen richtet sich nach § 3 Abs. 2 und Abs. 3 VwVG. Die Vollstreckung von Verfügungen, die den Adressaten zur Vornahme einer Handlung, ein Unterlassen oder eine Duldung auffordern, richtet sich nach § 6 VwVG. Bei der Verfügung, die Flagge zu entfernen, handelt es sich um eine Aufforderung zu einem Handeln. Einschlägig ist daher § 6 VwVG. Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
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2. Voraussetzung der Zwangsvollstreckung nach § 6 Abs. 1 VwVG ist zunächst das Vorliegen eines wirksamen Verwaltungsakts.
Ja, in der Tat!
Voraussetzung für die zwangsweise Durchsetzung eines Verwaltungsakts ist vor allem dessen Bestandskraft bzw. sofortige Vollziehbarkeit (§ 6 Abs. 1 VwVG). Bestandskraft bedeutet, dass der Verwaltungsakt dauerhaft wirksam ist. Somit können nur Verwaltungsakte bestandskräftig werden, die auch wirksam sind. Die Wirksamkeit von Verwaltungsakten richtet sich nach § 43 VwVfG. Ein Verwaltungsakt wird durch Bekanntgabe gegenüber dem Berechtigten wirksam (§ 43 Abs. 1 VwVfG). Er bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist (§ 43 Abs. 2 VwVfG). Bevor B prüfen kann, ob der Verwaltungsakt bestandskräftig geworden ist, muss sie sich zunächst fragen, ob der Verwaltungsakt wirksam ist.
3. Der Verwaltungsakt ist mit Aufgabe bei der Post am 01.03.23 wirksam geworden.
Nein!
Die Wirksamkeit von Verwaltungsakten richtet sich nach § 43 VwVfG. Ein Verwaltungsakt wird durch Bekanntgabe gegenüber dem Berechtigten wirksam (§ 43 Abs. 1 VwVfG). Ein schriftlicher Verwaltungsakt gilt drei Tage, nachdem er bei der Post aufgegeben wurde, als bekanntgegeben (§ 41 Abs. 2 S. 1 VwVfG, sog. Drei-Tages-Fiktion). Der Verwaltungsakt gilt als am 04.03.23 bekanntgegeben. Damit ist er an diesem Tag wirksam geworden. Beachte auch die besonderen Vorschriften zur förmlichen Bekanntgabe (= Zustellung) nach dem Verwaltungszustellungsgesetz (VwZG).
4. Der Verwaltungsakt ist auch am 15.04.23 noch wirksam.
Genau, so ist das!
Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist (§ 43 Abs. 2 VwVfG). Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass das Gebot, die Flagge abzunehmen, am 15.04.23 keine Rechtswirksamkeit mehr entfaltet. Der Verwaltungsakt ist noch immer wirksam und kann damit grundsätzlich zwangsweise durchgesetzt werden. Im nächsten Schritt müsste geprüft werden, ob der wirksame Verwaltungsakt auch bestandskräftig geworden ist. In der Klausur thematisierst du die Wirksamkeit des Verwaltungsakts nur, wenn daran Zweifel bestehen.
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