Öffentliches Recht

Verwaltungsrecht AT

Verwaltungsvollstreckung

Erledigte Grundverfügung (= keine wirksame Grundverfügung)

Erledigte Grundverfügung (= keine wirksame Grundverfügung)

22. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

B erlässt gegenüber A eine Verfügung, wonach A am 21.01.23 ihr Auto nicht vor ihrem Haus parken soll, um städtische Bauarbeiten zu ermöglichen. A parkt am 21.01.23 dennoch vor ihrem Haus. Die Bauarbeiten werden an diesem Tag nur teilweise ausgeführt, am 28.01.23 soll es weitergehen.

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Einordnung des Falls

Erledigte Grundverfügung (= keine wirksame Grundverfügung)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Vollstreckung nach § 6 Abs. 1 VwVG setzt zunächst einen rechtmäßigen Grundverwaltungsakt voraus.

Nein, das trifft nicht zu!

Auch rechtswidrige Verwaltungsakte können Grundlage einer Vollstreckung sein. Voraussetzung für die zwangsweise Durchsetzung eines Verwaltungsakts ist zunächst lediglich dessen Bestandskraft bzw. sofortige Vollziehbarkeit (§ 6 Abs. 1 VwVG). Bestandskraft bedeutet, dass der Verwaltungsakt dauerhaft wirksam ist. Somit können nur Verwaltungsakte bestandskräftig werden, die auch wirksam sind. Auch können nur wirksame Verwaltungsakte sofort vollziehbar sein. Die Wirksamkeit eines Verwaltungsakts ergibt sich aus § 43 VwVfG. B könnte das Gebot, dass A sein Auto umparken muss, nach § 6 Abs. 1 VwVG vollstrecken, wenn darin ein bestandskräftiger bzw. sofort vollziehbarer Verwaltungsakt zu sehen wäre.
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2. Der Verwaltungsakt ist auch mit Ablauf des 21.01.23 noch wirksam.

Nein!

Nur wirksame Verwaltungsakte können zwangsweise durchgesetzt werden. Die Wirksamkeit von Verwaltungsakten richtet sich nach § 43 VwVfG. Ein Verwaltungsakt wird durch Bekanntgabe gegenüber dem Berechtigten wirksam (§ 43 Abs. 1 VwVfG). Er bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist (§ 43 Abs. 2 VwVfG). Von einer Bekanntgabe der Verfügung gegenüber A ist hier auszugehen. Allerdings war der Verwaltungsakt in seiner Wirkung zeitlich begrenzt auf den 21.03.23 - nur an diesem Tag sollte A ihr Auto woanders parken. Mit Ablauf dieses Datums ist die Wirksamkeit der Verfügung durch Zeitablauf entfallen. Der Verwaltungsakt ist nicht mehr wirksam.

3. Weil der Verwaltungsakt einmal wirksam war, kann er dennoch Grundlage einer Vollstreckung nach § 6 Abs. 1 VwVG sein.

Nein, das ist nicht der Fall!

Bei der Beurteilung, ob ein wirksamer Grundverwaltungsakt als Grundlage der Vollstreckung vorliegt, ist auf den Zeitpunkt der Vollstreckung abzustellen. Irrelevant ist, dass ein Verwaltungsakt einmal wirksam war. Der ursprünglich erlassenen Verwaltungsakt ist durch Zeitablauf unwirksam geworden. B kann ihn daher nicht zum Gegenstand einer Zwangsvollstreckung machen. Sie müsste eine neue Verfügung für den 28.01.23 erlassen. B könnte die neue Verfügung direkt mit der Androhung eines Zwangsmittels versehen und dieses am 28.01.23 festsetzen und anwenden. Alternativ käme auch der Sofortvollzug nach § 6 Abs. 2 VwVG in Betracht.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

RAP

Raphaeljura

5.7.2023, 03:33:06

Für die Zwangsvollstreckung kommt es darauf an, ob ein wirksamer VA vorliegt. Das ist der Fall wenn der VA bestandsmäßig ist. Man prüft also nicht die Rechtswidrigkeit. Aber ich kann doch einfach die Nichtigkeit prüfen, bzw. ich muss die Nichtigkeit prüfen. Denn wenn das gegeben ist, dann ist auch die Zwangsvollstreckung rechtswidrig oder nichtig??

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

25.7.2023, 17:42:18

Hallo Raphael, in der Tat ist die

Rechtmäßigkeit

des VA keine Voraussetzung der Zwangsvollstreckung, sondern lediglich die Vollziehbarkeit. Neben der Bestandskräftigkeit liegt diese auch vor, wenn der VA für sofort vollziehbar erklärt wird. Die Rechtswidrigkeit bleibt aber außen vor. Ist die

Grundverfügung

rechtswidrig, so hat der Betroffene aber regelmäßig die Möglichkeit hiergegen Rechtsmittel einzulegen und damit erst einmal die Vollziehbarkeit zu verhindern. Ein Sonderfall liegt dagegen vor, wenn der VA nichtig, also nicht wirksam ist. Da es dann an einer Grund-Verfügung gänzlich fehlt, kommt auch eine Vollziehung dieser (unwirksamen) Verfügung nicht in Betracht. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team


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