Zivilrecht

Deliktsrecht

§ 832 BGB

Deliktische Haftung der Eltern beim Filesharing des Kindes

Deliktische Haftung der Eltern beim Filesharing des Kindes

21. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Der 13-jährige Sohn S der Eltern E lädt auf einer Torrent-Internettauschbörse das neue Lied Bologna der Band Wanda herunter und bietet es dort gleichzeitig eine Stunde lang für andere zum Herunterladen an. Die Lizenzinhaberin L erleidet dadurch einen Schaden in Höhe von €1.000. Als die E dem S das WLAN-Passwort verrieten, verboten sie ihm solches Filesharing, weil dieses illegal sei.

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Einordnung des Falls

Deliktische Haftung der Eltern beim Filesharing des Kindes

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der aufsichtsbedürftige S hat die L widerrechtlich geschädigt (§§ 823ff. BGB).

Genau, so ist das!

Der Aufsichtsbedürftige muss widerrechtlich eine unerlaubte Handlung im Sinne der §§ 823ff. BGB begangen haben. S ist als Minderjähriger aufsichtsbedürftig, die E haben als Eltern die Aufsichtspflicht inne (§§ 1626, 1631 Abs. 1 BGB). S hat L widerrechtlich geschädigt (§ 823 Abs. 1 BGB), indem er das Lied in der Tauschbörse zum Herunterladen angeboten hat. Denn damit hat er in das der L zustehende Recht des Tonträgerherstellers, den Tonträger öffentlich zugänglich zu machen (§ 85 Abs. 1 S. 1 Fall 3 UrhG) und das ihr übertragene Recht der ausübenden Künstler eingegriffen, ihre Darbietung öffentlich zugänglich zu machen (§ 78 Abs. 1 Nr. 1 UrhG).
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2. Eine Exkulpation der E ist ausgeschlossen (§ 832 Abs. 1 S. 2 BGB), da sie die Installation und Nutzung von Filesharingsoftware nicht überwacht und verhindert haben.

Nein, das trifft nicht zu!

Für den Inhalt der elterlichen Aufsichtspflicht (§§ 1626, 1631 Abs. 1 BGB) ist entscheidend, was verständige Eltern nach vernünftigen Anforderungen im konkreten Fall unternehmen müssen, um die Schädigung Dritter durch ihr Kind zu verhindern. BGH: Eltern eines normal entwickelten 13-Jährigen erfüllten ihre Aufsichtspflicht regelmäßig bereits dadurch, dass sie (1) ihn über die Rechtswidrigkeit der Teilnahme an Internettauschbörsen belehren und (2) die Teilnahme daran verbieten. Nur bei konkreten Anhaltspunkten dafür, dass das Kind sich nicht an das Verbot hält, müssten die Eltern die Nutzung des Internets durch das Kind überwachen, den Computer überprüfen oder dem Kind den Zugang zum Internet (teilweise) versperren. Es war ausreichend, dass die E dem S das Filesharing verboten, weil dieses illegal sei.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Im🍑nderabilie

Im🍑nderabilie

5.10.2022, 12:11:44

Hier haftet das Kind aber trotzdem nach §823, richtig?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

6.10.2022, 09:21:24

Hallo Im🍑nderabilie, in der Tat haftet S hier nach § 823 BGB bzw. § 97 Abs. 2 UrhG, sofern ihm nicht die notwendige Einsichtsfähigkeit iSv § 828 Abs. 3 BGB fehlt. Diese dürfte aber regelmäßig bei einem 13-Jährigen vorliegen (vgl. LG Bielefeld,4.03.2015 – 4 O 211/14 = ZUM-RD 2016, 144). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

CR7

CR7

2.7.2024, 11:34:50

Was ist denn hier die genaue AGL? 823 I oder/und 823 II i.V.m UrhG?

BAY

bayilm

1.2.2024, 11:25:48

Wäre es in solchen Fällen nicht klüger für die Eltern, wenn sie sich dadurch exkulpieren, dass sie sagen, dass sie sich mit dem Internet nicht auskennen und ihren Sohn immer mit dem Internet machen lassen, was er will? Die eigenübliche Sorgfalt in der elterlichen Sorge sollte doch viel günstiger für die Eltern sein, als jetzt darlegen zu müssen, dass sie ihr Kind richtig über solche Verbote aufgeklärt haben.

LELEE

Leo Lee

3.2.2024, 16:30:03

Hallo baylim, vielen Dank für dein Feedback! In der Tat könnte das auch ein schlauer Ansatz sein, wobei sich natürlich die Frage stellt, ob Eltern von heutigen Jugendlichen sich auf ein solches Argument wirklich berufen können, zumal sie selbst wahrscheinlich „digital natives“ sind :). Zudem stellt sich natürlich die Frage, ob nicht bereits die grobe Fahrlässigkeit (wovor 277 NICHT schützt) überschritten wurde, wenn sie sagen, dass sie ihren Sohn immer machen lassen, „was er will“. Allerdings hast du natürlich recht, dass wenn diese Argument ziehen sollten, der Nachweis viel einfacher wäre als bei diesem konkreten Fall :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

JURA

juravulpes

24.3.2024, 13:47:07

Die Eltern können sich hier auf keinen Fall auf die Beachtung der eigenüblichen Sorgfalt berufen, da die

Haftungsprivilegierung

des § 1664 BGB nur im Verhältnis zum Kind eingreift. Hier geht es um die Haftung der Eltern gegenüber einem Dritten.

CR7

CR7

2.7.2024, 11:33:55

@[juravulpes](240712) Dann kommen wir aber zum schönen Problem der gestörten Gesamtschuld


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