Klageauswechslung

5. Dezember 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
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Pferde

K kauft von B ein Pferd. Das Pferd lahmt. K erklärt die Minderung und verklagt B auf Rückzahlung eines Kaufpreisanteils. Im weiteren Verlauf erklärt K stattdessen den Rücktritt und verlangt den Gesamtkaufpreis zurück. B stimmt der Änderung zu und verhandelt sodann mit K über die Rücktrittsvoraussetzungen.

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Einordnung des Falls

Klageauswechslung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Wenn K eine wirksame Klageänderung vorgenommen hat, wird dasselbe Verfahren unter identischem Aktenzeichen weiterverhandelt.

Genau, so ist das!

Eine Klageänderung im Sinne des § 263 ZPO liegt vor, wenn der Kläger Änderungen am Streitgegenstand vornimmt. Der Streitgegenstand setzt sich aus dem Klageantrag und dem zugrundeliegenden Sachverhalt zusammen (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Tauscht der Kläger den bisher vorgetragenen Lebenssachverhalt, den Antrag oder beides, spricht man von einer Klageauswechslung. Die Zulässigkeit von Klägeränderungen dient der Prozessökonomie - es soll kein neuer Prozess angefangen werden müssen. Ist die Klageänderung unzulässig, muss das Gericht darauf hinweisen und fragen, ob der Kläger die ursprüngliche Klage aufrechterhalten, zurücknehmen oder darüber nicht mehr verhandeln will (§ 139 Abs. 2 ZPO).
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2. K hat den Streitgegenstand verändert.

Ja, in der Tat!

Ursprünglich wollte K aus dem Kaufvertrag vorgehen, nunmehr stützt sie ihren Anspruch auf ein Rückgewährschuldverhältnis. Indem K nicht mehr den Anspruch auf teilweise Rückzahlung, sondern einen vollständigen Rückgewähranspruch geltend macht, ändert sie sowohl den Antrag als auch den Lebenssachverhalt. Es handelt sich um einen anderen Streitgegenstand (vgl. BGHZ 205, 151).Eine solche Klageauswechslung ist in folgenden Fällen zulässig: (1) der Beklagte erteilt seine Einwilligung (§ 263 Alt. 1 ZPO), (2) der Beklagte lässt sich rügelos im Sinne des § 267 ZPO darauf ein oder (3) das Gericht erachtet die Klageänderung als sachdienlich (§ 263 Alt. 2 ZPO).

3. Ist die Änderung des Streitgegenstands durch K hier zulässig (§§ 263, 267 ZPO)?

Ja!

Eine Einwilligung des Beklagten ermöglicht stets die Klageänderung (§ 263 Alt. 1 ZPO).So liegt der Fall auch hier. B ist mit der Klageänderung einverstanden. Die Klage bleibt zulässig. Das Gericht entscheidet also nur über den zuletzt gestellten Klageantrag. Ob K materiell-rechtlich von der Minderung zum Rücktritt wechseln konnte, ist eine Frage der Begründetheit.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Tigerwitsch

Tigerwitsch

11.2.2021, 00:07:03

Könnt Ihr bitte noch ein paar mehr Lektionen einfügen?

Tigerwitsch

Tigerwitsch

11.2.2021, 00:08:54

Gerne auch zur Klagerücknahme und Erledigung (sowohl übereinstimmend als auch die in der Klausur relevantere einseitige). Danke schon mal für die Mühe! 😊

Marilena

Marilena

11.2.2021, 09:18:38

Hallo Sven, danke für die tollen Vorschläge! Nehmen wir auf die Liste und machen wir ;) Liebe Grüße für das Jurafuchs-Team, Marilena

Anastasia

Anastasia

8.9.2023, 14:05:12

Viele Fragen, würde mich freuen, wenn jemand auf einige von denen Antworten hat. 1. Was ist der Unterschied zwischen

Klageänderung

und Klageauswechlung? 2. Was bedeutet „Antrag“ in der Definition: Eine konkrete Geldsumme oder eher klägerisches Begehren wie Geldzahlung, Handlung, Duldung, Unterlassen, Feststellung etc.? 3. Warum wurde in diesem Fall eine RECHTSVERHÄLTNISänderung dem Streit zugrunde liegenden SACHVERHALTsänderung gleichgestellt? Es handelt sich ja um denselben der Streit zugrunde liegenden Lebenssachverhalt. 4. Was ist „Gegenstand“ iSv 253 II Nr. 2 ZPO?

JO

JonasRehder

11.10.2023, 14:08:17

Antwort zu Frage 4 und damit zugleich zu Frage 3: Die herrschende Meinung sieht im „Gegenstand“ des § 253 II Nr. 2 ZPO als dem Klagegegenstand keine explizite Bedeutung. Vielmehr setzt sich der Streitgegenstand zweigliedrig zusammen (sog. zweigliedriger Streitgegenstandsbegriff): 1) aus dem „Grund“, vgl. § 253 II Nr. 2 ZPO. Dieser meint den zu Grunde liegenden Lebenssachverhalt. 2) Den Antrag, hier also urspr. die Rückzahlung eines Kaufpreisanteils. Dieser stellt das Begehren des Klägers da, kann also im Falle einer

Leistungsklage

ein Tun, Dulden oder Unterlassen sein, in anderen Klagearten wiederum bspw. die Feststellung eines Rechtsverhältnisses. Dieser muss hinreichend bestimmt sein, da der Beklagte sich erschöpfend verteidigen können muss. Wenn sich nun eines der beiden ändert wie vorliegend (K begehrt nun den Gesamtkaufpreis, ergo der Antrag ändert sich, plump gesagt, sie will nun etwas anderes), ändert sich damit auch der zweigliedrige Streitgegenstand, da zwar der zu Grunde liegende Lebenssachverhalt der gleiche bleibt, aber das rechtliche Begehren nun ein anderes ist. Zur Frage 1:

Klageauswechslung

ist letztlich ein Fall der

Klageänderung

. Ein anderer Fall kann bspw. die

nachträgliche Klagehäufung

sein. Hoffe, das hilft dir!

TI

Timurso

28.12.2023, 18:38:47

Zu 2: Antrag meint den konkreten Antrag inklusive der exakten Höhe der Klagesumme. Ein Euro mehr oder weniger ist eine

Klageänderung

. Weiteres zu 3: Anders als mein Vorredner würde ich hier neben dem neuen Antrag auch eine Änderung des zugrunde liegenden Lebenssachverhalts sehen. Denn zu diesem kommt die Tatsache, dass der Rücktritt erklärt wurde, hinzu. Dies verändert die rechtliche Bewertung.

HI

Hille93

28.12.2023, 10:03:42

Warum ist die Änderung des Streitgegenstands hier nach §§ 263,

267 ZPO

zulässig? Die Beklagte hat doch zugestimmt, sodass wir bei § 263 Alt. 1 ZPO wären? Auf die vermutete Einwilligung nach §

267 ZPO

käme es dann doch gerade nicht an.

TI

Timurso

28.12.2023, 18:35:16

In der Lösung der Frage steht doch, dass die

Klageänderung

nach § 263 Alt. 1 ZPO zulässig ist. Lediglich die Frage zitiert §§ 263,

267 ZPO

, um abstrakt nach der Zulässigkeit zu fragen. Diese kann unter den Voraussetzungen der §§ 263,

267 ZPO

zulässig sein.

STE

StellaChiara

23.2.2024, 16:43:05

Wird hier nicht nur der

Klageantrag

geändert? Lebenssachverhalt ist doch immer noch der Kauf des Pferdes und die Lahmheit oder?

DO

Domenic

5.3.2024, 10:30:06

Was genau ist das Verständnisproblem? Klagegegenstand sind zum einen der Antrag und einmal der Lebenssachverhalt nach h.M.

Liese

Liese

21.6.2024, 12:51:12

Der Lebenssachverhalt hat sich geändert, weil der Kläger sich nun darauf beruft, den Rücktritt erklärt zu haben. Die Ausübung eines Gestaltungsrechts ist Teil des Lebenssachverhalts.

der D

der D

12.10.2024, 07:02:05

Ist es nicht so, dass sich der Antrag bei gleichbleibendem Lebenssachverhalt geändert hat? Dachte „Das Pferd lahmt“ ist der zugrundeliegende Lebenssachverhalt. Der Antrag war erst Minderung+Kaufpreisanteil und jetzt Rücktritt+Gesamtkaufpreis.

Dogu

Dogu

12.4.2024, 10:02:56

S.o.


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