Unterbringung von Asylsuchenden im Transitbereich eines Flughafens bei Ausreisemöglichkeit


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Asylbewerber A reist mit dem Flugzeug aus einem sicheren Herkunftsstaat nach Berlin. Weil er nicht über entsprechende Reisedokumente verfügt, wird A im Transitbereich des Flughafens Berlin festgesetzt und für die Dauer seines Asylverfahrens (§ 18a AsylG) dort festgehalten.

Einordnung des Falls

Unterbringung von Asylsuchenden im Transitbereich eines Flughafens bei Ausreisemöglichkeit

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG schützt die Freiheit der Person und damit die körperliche Bewegungsfreiheit.

Ja, in der Tat!

Die Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG) schützt sachlich die Freiheit, einen beliebigen Ort aufzusuchen, sich dort aufzuhalten oder ihn zu verlassen. Das Grundgesetz misst der Freiheit der Person verfassungsrechtlich einen hohen Stellenwert bei. Dies kommt u.a. durch den Wortlaut ("unverletzlich") sowie durch die engen Schrankenvorbehalte des Art. 104 GG zum Ausdruck, die auf Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG Anwendung finden.

2. Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG schützt nur Deutsche.

Nein!

Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG schützt angesichts des unbeschränkten Wortlauts ("Person") und der Entstehungsgeschichte jede natürliche Person als Träger des Grundrechts (sog. Jedermann-Grundrecht). Geschützt sind damit auch Nicht-Deutsche. A ist mithin persönlich von Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG geschützt. Neben Jedermann-Grundrechten gibt es auch sog. Deutschen-Grundrechte (z.B. Art. 8 Abs. 1 GG).

3. Die Begrenzung des Aufenthalts des A auf den Transitbereich des Flughafens während des Verfahrens nach § 18a AsylG stellt einen Eingriff in die Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG) dar.

Nein, das ist nicht der Fall!

Durch die Begrenzung des Aufenthalts auf den Transitbereich ist A grundsätzlich in seinem Recht betroffen, einen beliebigen Ort aufzusuchen, sich dort aufzuhalten oder ihn zu verlassen. Allerdings macht das BVerfG dieses Recht teilweise davon abhängig, ob es sich um einen Ort handelt, der dem Grundrechtsträger tatsächlich und rechtlich zugänglich ist. Hier sei dies nicht der Fall, weil die Staatsgrenze ein anerkanntes Hindernis der freien Bewegung darstelle: "Rechtliche und tatsächliche Hindernisse für das freie Überschreiten der Staatsgrenze berühren deshalb nicht den Gewährleistungsgehalt der [...] körperlichen Bewegungsfreiheit" (RdNr. 115).

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L

L

12.12.2021, 18:32:15

Nach a.A. (Kingreen/Poscher) ist hier der SB eröffnet und es liegt auch ein Eingriff vor. Auf die Einschränkung nach § 18a AsylG kommt es aber dann i.R.d. Rechtfertigung an.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

13.12.2021, 09:54:34

Hallo L, in der Tat sieht ein Teil der Literatur bereits die Durchführung des Flughafenverfahrens als Eingriff an (vgl. auch Gusy, in: v. Mangoldt/Klein/Starck-GG, 7.A. 20188, Art. 104 RdNr. 20). In der Rechtsprechung wird dies jedenfalls dann angenommen, wenn das Verfahren abgeschlossen ist. Die weitere Festsetzung bedarf hier dann der Rechtfertigung (vgl. OLG München, NVwZ-RR 2006, 728; OLG Frankfurt, InfAuslR 1997, 226; LG Frankfurt, NVwZ-Beil. 1997, 5). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team


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