Schaden am Mietobjekt (Verkürzte Verjährungsfrist)


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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

M mietet von V einen LKW. Bei der Fahrt unterschätzt M die Maße des Fahrzeugs und fährt durch eine zu niedrige Straßenunterführung. V wendet sich erst neun Monate später an M und verlangt den Schaden ersetzt. M wendet ein, dies sei doch viel zu spät.

Einordnung des Falls

Schaden am Mietobjekt (Verkürzte Verjährungsfrist)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Schadensersatzanspruch des Vermieters ist in den §§ 535ff. BGB zu finden.

Nein, das ist nicht der Fall!

Im Mietrecht sind grundsätzlich nur die Schadensersatzansprüche des Mieters gegen den Vermieter geregelt (§ 536a BGB). Eine Ausnahme besteht bei einem Schaden, der durch die Nichtanzeige eines Mangels entstanden ist (§ 536c Abs. 2 S. 1 BGB). Daher ist für die Schädigung der Mietsache oder sonstiger Rechtsgüter des Vermieters auf die Regelungen des allgemeinen Schuldrechts zurückzugreifen (§§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB).

2. V hat einen durchsetzbaren Anspruch gegen M (§§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB).

Nein, das trifft nicht zu!

Durch die Beschädigung des LKWs hat M eine Pflicht aus dem Mietvertrag verletzt (§ 241 Abs. 2 BGB). Aufgrund fehlender Angaben wird auch vermutet, dass M dies zu verschulden hat (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB). Es fehlt allerdings an der Durchsetzbarkeit. Diese ist gegeben, wenn dem Anspruch keine rechtshemmenden Einwendungen entgegenstehen. Hier kommt die Einrede der Verjährung in Betracht (§§ 214 Abs. 1, 194 Abs. 1 BGB). Für das Mietrecht gilt eine verkürzte Verjährungsfrist von 6 Monaten (§ 548 Abs. 1 BGB). Damit ist der Anspruch verjährt und M ist nicht mehr zur Leistung verpflichtet. M hat die Einrede auch erhoben.

3. Der Anspruch von V gegen M wegen einer unerlaubten Handlung ist grundsätzlich entstanden (§ 823 Abs. 1 BGB).

Ja!

Der Begriff der unerlaubten Handlung umfasst unter anderem die haftungsbegründenden Tatbestände der §§ 823-826 BGB. Die unerlaubte Handlung in § 823 Abs. 1 BGB beinhaltet (1) die Rechtsgutsverletzung, (2) die kausale Verletzungshandlung, (3) die Rechtswidrigkeit und (4) das Verschulden. Mit der Beschädigung des LKWs hat der M zumindest fahrlässig (§ 276 Abs. 2 BGB) das Rechtsgut Eigentum der V verletzt. Die Rechtswidrigkeit wird dabei indiziert. Somit hat V grundsätzlich einen Anspruch gegen M (§ 823 Abs. 1 BGB).

4. V hat einen durchsetzbaren Anspruch gegen M (§ 823 Abs. 1 BGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Der Anspruch ist durchsetzbar, wenn dem Anspruch keine rechtshemmenden Einwendungen entgegenstehen. Hierzu gehört die Einrede der Verjährung (§§ 214 Abs. 1, 194 Abs. 1 BGB). Grundsätzlich gilt die regelmäßige Verjährungsfrist von 3 Jahren, soweit es keine spezielle Regelung gibt (§ 195 BGB). Die Anwendung der regelmäßigen Verjährungsfrist unterläuft jedoch das Ziel des § 548 Abs. 1 BGB, möglichst schnell Rechtssicherheit für den Mieter zu schaffen. Daher ist es nach h.M. erforderlich, die verkürzte Verjährungsfrist aus § 548 BGB aus dem Mietrecht auch in das Deliktsrecht zu übertragen. Somit kann sich M auch hinsichtlich deliktischer Ansprüche auf Verjährung berufen.

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FML

FML

4.6.2021, 07:23:51

Wendet man dann hier §548 I BGB direkt oder analog an?

Tigerwitsch

Tigerwitsch

4.6.2021, 11:17:50

ME wird die Vorschrift direkt auf die deliktischen Ansprüche übertragen. § 548 BGB hat einen weiten Anwendungsbereich und ist neben den mietvertraglichen Ansprüchen auch auf konkurrierende Ansprüche des Vermieters aus Deliktsrecht anzuwenden (Voraus.: derselbe Sachverhalt, Verknüpfung). So führt der BGH (U. v. 29.06.2011 - AZ.: VIII ZR 349/10) aus: „Der Zweck des § 548 BGB besteht darin, die mit der Beendigung eines Gebrauchsüberlassungsverhältnisses verbundenen Ansprüche einer beschleunigten Klärung zuzuführen […]. Deshalb entspricht es allgemeiner Meinung, dass der Anwendungsbereich des § 548 BGB weit zu fassen ist. So unterliegen nicht nur mietvertragliche Ansprüche der kurzen Verjährung, sondern auch die aus demselben Sachverhalt herrührenden konkurrierenden Ansprüche des Vermieters, etwa aus unerlaubter Handlung oder aus dem Eigentum.“ Vgl. ferner nur BGH, U. v. 23.05.2006 - AZ.: VI ZR 259/04 m.w.N.

PH

Philippe

19.5.2022, 18:16:34

Richtigerweise sind die Ansprüche durchsetzbar, weil im Sachverhalt nichts davon stand, dass sich der Schuldner auf die Einrede berufen hat. Ich würde es in einer Klausur für überflüssig halten, die Verjährungsproblematik anzusprechen, wenn es an einem Hinweis wie "X meint, Z komme viel zu spät" fehlen würde, weil es nicht entscheidungserheblich ist.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

22.5.2022, 15:27:08

Vielen Dank für den Hinweis, Philippe. In der Tat ist der Anspruch solange durchsetzbar, wie der Schuldner die Einrede der Verjährung nicht erhebt. Wir haben das hier entsprechend im Sachverhalt präzisiert. In der Klausur musst Du aber aufpassen, dass Du entsprechende Ausführungen nicht vorschnell unterlässt. Nur weil der Schuldner die Einrede noch nicht erhoben hat, bedeutet dies nicht, dass er sie nicht noch erheben kann. Wenn also zB nach der Rechtslage gefragt ist, so kannst Du durchaus zu dem Ergebnis kommen, dass ein durchsetzbarer Anspruch besteht. Wenn dieser allerdings verjährt ist, so werden hier idR auch Ausführungen zu verlangt, da die Einrede ja noch erhoben werden kann (ggfs. auch in einem späteren Prozess). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

EVA

evanici

11.9.2023, 15:41:15

Würde man § 548 analog anwenden bei Leasing-Verträgen?


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