Gewalt gegen Sachen
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Schüler T möchte verhindern, dass sein Lehrer O am nächsten Tag rechtzeitig zur Schule kommt, um die Klassenarbeit schreiben zu lassen. Daher befestigt er nachts eine Parkkralle am Fahrzeug des O. O kommt daraufhin, wie von T beabsichtigt, am nächsten Tag zu spät zur Schule, da er notgedrungen auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen muss, und verschiebt den Test.
Einordnung des Falls
Gewalt gegen Sachen
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Wenn T "einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt", verwirklicht er den objektiven Tatbestand der Nötigung (§ 240 Abs. 1 StGB).
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Ja, in der Tat!
2. Indem T eine Parkkralle an das Auto des O befestigt, hat er "Gewalt" ausgeübt (§ 240 Abs. 1 Var. 1 StGB).
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Ja!
3. T hat O zu einem Unterlassen genötigt (§ 240 Abs. 1 StGB).
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Genau, so ist das!
4. T hat gerade mit der eingesetzten Gewalt das Unterlassen des O kausal und objektiv zurechenbar herbeigeführt (nötigungsspezifischer Zusammenhang).
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Ja, in der Tat!
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Helena
10.1.2022, 14:29:10
Ich finde die Abgrenzung unterlassen/Handlung hier etwas verwirrend. Könnte man nicht theoretisch auch vertreten, dass durch die „Gewalt“ O dazu gezwungen wird, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen beziehungsweise zu spät zu kommen. Könnte demnach nicht auch ein Handeln vorliegen?

Lukas_Mengestu
11.1.2022, 10:34:35
Hallo Helena, es wären hier sicher auch andere Anknüpfungspunkte denkbar. Schwerpunktmäßig sollte hier durch die Parkkralle aber in erster Linie bewirkt werden, dass O das Auto nicht nutzen kann. Welches Transportmittel er dann konkret nutzen würde, war T dagegen letztlich egal. Insofern bietet es sich an, hier auf das Unterlassen abzustellen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team