Gang des Mahnverfahrens
7. Juli 2025
12 Kommentare
4,8 ★ (25.390 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
G aus Hamburg will erreichen, dass S aus Berlin endlich seine Schulden in Höhe von 3.000 Euro bei ihr begleicht. S bestreitet auch nicht, dass er diese Summe schon im vergangenen Monat an G hätte zahlen sollen.
Diesen Fall lösen 71,9 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Gang des Mahnverfahrens
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Ansprüche auf Zahlung bestimmter Geldbeträge in Euro können in einem Mahnverfahren geltend gemacht werden.
Genau, so ist das!
2. Gegen den Mahnbescheid kann S Widerspruch erheben.
Ja, in der Tat!
3. Erhebt der Schuldner nicht innerhalb von 2 Wochen Widerspruch, bekommt der Gläubiger automatisch einen Vollstreckungsbescheid.
Nein!
4. Wider Erwarten erhebt S 3 Wochen nach Zustellung des Mahnbescheids Widerspruch. G hatte bisher noch keinen Antrag auf Erlass eines Vollstreckungsbescheids gestellt. Für den Antrag ist es nun zu spät.
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
ehemalige:r Nutzer:in
14.11.2023, 12:28:53
Ist es nicht doch zu spät für den Antrag, da ja nun ein Widerspruch vorliegt?

Nora Mommsen
16.11.2023, 11:37:19
Hallo L, genau so ist es. Dies entspricht auch der letzten Frage. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

Cosmonaut
30.1.2025, 16:15:11
Hallo, was ist denn nun der Einspruch für ein Rechtsbehelf? Den § 694 II 1 ZPO habe ich zur Kenntnis genommen, aber mir ergibt sich nicht wirklich, was der Unterschied zu einem fristgerechten Widerspruch und einem verspäteten Widerspruch (= Einspruch) sein soll. Danke vorab!

Cosmonaut
28.2.2025, 07:53:59
Hab es mittlerweile dank Podcast von Martin Fries (Mahnverfahren - ZPO I) raus: Widerspruch —> - gegen Mahnbescheid; - nach den Vorschriften des Mahnverfahrens; - Frist = wenigstens (!) 2 Wochen, wenn aber der Gläubiger dem
Schuldner mehr Zeit lässt, so verfristet die Möglichkeit eines Widerspruchs für den
Schuldner NICHT. Einspruch —> - gegen Vollstreckungsbescheid; - über den Verweis im Mahnverfahrensrecht nach den Vorschriften des Versäumnisurteils-Einspruchs (insb. Schlüssigkeitsprüfung notwendig); - Einspruchsfrist = Notfrist = unabänderlich 2 Wochen. Ein verspäteteter - also nach Beantragung eines Vollstreckungsbescheid durch den Gläubiger ergangener - Widerspruch wird gem. 694 II 1 ZPO schlicht umgedeutet. Die Sache devoliert also direkt vor das zuständige Gericht, welches also nun ohne weiteren Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid nur aufgrund des verspäteteten Widerspruchs gleich nach den Einspruchsregeln (s.o.) die Schlüssigkeit prüft.
Martin
1.4.2025, 09:39:40
Hier sollte unbedingt noch auf die zentralen Rechtsfolgen von Widerspruch und Einspruch (= streitiges Verfahren) sowie deren Unterbleiben (z.B. dass Vollstreckungsbescheid einem Versäumnisurteil gleichsteht; Säumnis in Verhandlung führt zu Erlass eines zweiten VU; etc.) eingegangen werden. Die wichtigsten Punkte für Klausur und Examen werden hier m.E. nicht mal angedeutet.
Juri
19.5.2025, 16:15:21
Also bleibt der Verstoß gegen die Frist des § 692 I Nr. 3 ZPO folgenlos? Oder habe ich etwas falsch verstanden?
m.e.l.a.n.i.e
12.6.2025, 22:46:11
Es scheint so zu sein, denn in § 694 Abs. 1 ZPO steht ja ausdrücklich drin, dass Widerspruch erhoben werden kann, solange kein Vollstreckungsbescheid verfügt ist. Nebenbei bemerkt fände ich es auch nicht richtig, wenn eine wichtige Frist in einer Norm versteckt wäre, die aufzählt, was ein bestimmter Bescheid zu enthalten hat. Ich hatte nach einer Norm gesucht, die "
Widerspruchsfrist" o.Ä. heißt und in § 694 ZPO steht nichts drin von einer 2-Wochen-Frist. Ich glaube, die Mechanik ist hier so: Der Gläubiger _darf_ nach 2 Wochen den Vollstreckungsbescheid beantragen, deshalb diese Aufforderung in § 692 Nr. 3 ZPO, dass der
Schuldner sich innerhalb von 2 Wochen äußert. Der Widerspruch ist aber solange gem. § 694 Abs. 1 ZPO nicht verfristet, solange der Gläubiger noch keinen Vollstreckungsbescheid beantragt hat (bzw. genauer: solange dieser noch nicht verfügt ist). Und selbst wenn, nach § 694 Abs. 2 ZPO wird ein verspäteter Widerspruch als Einspruch (als solcher dann gegen den Vollstreckungsbescheid) behandelt. Das Versäumen der 2-Wochen-Frist scheint also in keiner Weise Nachteile für den
Schuldner zu haben, der sich im Laufe des Mahnverfahrens doch noch wehren will.
m.e.l.a.n.i.e
12.6.2025, 23:01:19
Folgenlos in dem Sinne, dass ggf. noch Widerspruch eingelegt werden kann, ja, denn in § 694 Abs. 1 ZPO steht ja ausdrücklich drin, dass Widerspruch erhoben werden kann, solange kein Vollstreckungsbescheid verfügt ist. Es besteht allerdings schon ein Risiko für den
Schuldner, denn der Vollstreckungsbescheid steht einem für vorläufig vollstreckbar erklärten Versäumnisurteil gleich (§ 700 Abs. 1 ZPO), das heißt, der Gläubiger könnte schon die Zwangsvollstreckung betreiben. Ich glaube, die Mechanik ist so: Der Gläubiger _darf_ nach 2 Wochen den Vollstreckungsbescheid beantragen, deshalb diese Aufforderung in § 692 Nr. 3 ZPO, dass der
Schuldner sich innerhalb von 2 Wochen äußert. Der Widerspruch ist aber solange gem. § 694 Abs. 1 ZPO nicht verfristet, solange der Gläubiger noch keinen Vollstreckungsbescheid beantragt hat (bzw. genauer: solange dieser noch nicht verfügt ist). Und selbst wenn, nach § 694 Abs. 2 ZPO wird ein verspäteter Widerspruch als Einspruch (als solcher dann gegen den Vollstreckungsbescheid) behandelt. Das heißt, der Verstoß gegen die 2-Wochen-Frist nimmt dem
Schuldner nicht die Möglichkeit, sich doch noch im Mahnverfahren zu wehren. Nebenbei bemerkt finde ich es komisch, dass diese 2-Wochen-Frist im § 692 versteckt ist, der nur aufzählt, was ein Mahnbescheid zu enthalten hat. Ich hatte nach einer Norm gesucht, die "
Widerspruchsfrist" o.Ä. heißt und in § 694 ZPO steht nichts drin von einer 2-Wochen-Frist.