Schumacker: Kriterium der Vergleichbarkeit

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Belgier B wohnt in Belgien und arbeitet in Aachen. Er beantragt in Deutschland die Veranlagung in Steuerklasse III, um vom Ehegattensplitting zu profitieren. Der Antrag wird abgelehnt, da B beschränkt steuerpflichtig ist und damit in Steuerklasse I zu veranlagen ist.

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Einordnung des Falls

Schumacker: Kriterium der Vergleichbarkeit

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Ablehnung des Antrags des B stellt eine offen diskriminierende Maßnahme dar.

Nein, das ist nicht der Fall!

Eine offene Diskriminierung ist dann gegeben, wenn eine Ungleichbehandlungen von Personen direkt an die Staatsangehörigkeit anknüpft. Offene Diskriminierungen führen zu einer Ungleichbehandlung von Inländern und Ausländern, indem sie Personen aufgrund der Staatsangehörigkeit an dem Zugang zum Markt hindern. Die Regelung, dass beschränkt Steuerpflichtige der Steuerklasse I zugeordnet werden, gelten unabhängig von der Staatsangehörigkeit des Betroffenen. Vorliegend wird der Antrag des B nicht aufgrund seiner Staatsangehörigkeit, sondern aufgrund seines Wohnsitzes in Belgien abgelehnt. Es liegt damit keine offene Diskriminierung vor.
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2. Die Ablehnung des Antrags könnte allerdings eine versteckt diskriminierende Maßnahme darstellen.

Ja, in der Tat!

Bei der versteckten Diskriminierung wird die Ungleichbehandlung an einen anderen Tatbestand als die Staatsangehörigkeit angeknüpft. Formal liegt bei der versteckten Diskriminierung eine gleiche (unterschiedslose) Behandlung von Inländern und Ausländern vor. Durch die versteckt diskriminierende Maßnahme werde ausländische Arbeitnehmer jedoch typischerweise stärker und häufiger betroffen als inländische Arbeitnehmer. Die nationalen Steuervorschriften nehmen eine Unterscheidung aufgrund des Differenzierungskriteriums des Wohnsitzes vor. Gebietsansässige werden Steuervorteile gewährt, während diese Vorteile Gebietsfremden verwehrt bleiben. Da deutsche Staatsangehörige ihren Wohnsitz häufiger in Deutschland haben und Gebietsfremde meist Ausländer sind, wirken sich die Vorschriften hauptsächlich zum Nachteil von Ausländern aus.

3. Liegt eine versteckte Diskriminierung auch dann vor, wenn die unterschiedlich behandelten Fallgruppen nicht vergleichbar sind?

Nein!

Wenn es an der Vergleichbarkeit der Fallgruppen fehlt, dann stellt eine Ungleichbehandlung tatbestandlich schon keine Diskriminierung dar. Auf die Rechtfertigung kommt es dann gar nicht an.

4. Nach der Rechtsprechung des EuGH handelt es sich bei Gebietsfremden und Gebietsansässigen um vergleichbare Fallgruppen.

Nein, das ist nicht der Fall!

Nach ständiger Rechtsprechung besteht eine Diskriminierung darin, dass rechtlich gleiche Sachverhalte unterschiedlich bzw. rechtlich unterschiedliche Sachverhalte gleich behandelt werden. Gebietsansässige und Gebietsfremde befinden sich nach der sog. Schumacker-Doktrin des EuGH in Hinblick auf Steuern grundsätzlich nicht in einer vergleichbaren Situation.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

SN

Sniter

17.3.2023, 12:51:27

Also liegt hier keine Diskriminierung und kein Eingriff in die Grundfreiheiten vor?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

20.3.2023, 14:30:47

Hallo Sniter, genauso ist es. :) Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

ABA

Al Bandy

20.2.2024, 15:34:44

Im konkreten Fall war es so, dass Schumacker keine (nennenswerten) Einkünfte in Belgien hatte. Vergünstigungen wie ein Kinderfreibetrag wirkten sich deswegen in Belgien nicht aus. Der EuGH hat deswegen doch eine Diskriminierung angenommen. Einfachgesetzlich gibt es deswegen eine unbeschränkte Steuerpflicht auf Antrag in § 1 III EStG.


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