Strafrecht
BT 3: Straftaten gegen Freiheit u.a.
Nötigung, § 240 StGB
List ist keine taugliche Tathandlung
List ist keine taugliche Tathandlung
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Der T erklärt seiner Frau O wahrheitswidrig, ihr Essen, welches sie gerade genüsslich zu sich nimmt, sei vergiftet und er stelle ihr das Gegenmittel nur zur Verfügung, wenn sie die Scheidungspapiere unterzeichnet. In Wahrheit hat T dem Essen nichts beigemischt. O unterschreibt.
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Einordnung des Falls
List ist keine taugliche Tathandlung
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 1 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Indem T der O mitteilt, dass das Essen vergiftet ist, hat T an O "Gewalt" ausgeübt (§ 240 Abs. 1 Var. 1 StGB).
Nein, das ist nicht der Fall!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
agi
18.10.2024, 17:23:54
Wie würde es ausschauen, wenn er sie im vorliegenden Fall angeschrien hätte? Würde das als Gewalt zählen? (vgl. Hörsall - Fall)
Leo Lee
20.10.2024, 08:39:02
Hallo agi, vielen Dank für die sehr gute und wichtige Frage! In der Tat ist das ein interessanter Gedanke. Allerdings gibt es in diesem Fall - ausgehend vom anvisierten Ziel des Täters - einen wesentlichen Unterschied zu dem Hörsaal-Fall. Denn dort diente das Rumschreien als MITTEL, die Vorlesung zu Ende zu bringen, sprich das Rumschreien an sich war das Nötigungsmittel, das zum Erfolg führen sollte (und geführt hat). Hätte hier T durch das Rumschreien SELBST die O dazu gebracht, die Scheidungspapiere zu unterschreiben, weil O den Lärm nicht ertragen kann, könnte man hier in der Tat wie im Hörsaalfall eine Nötigung durch Gewalt anprüfen (und sogar bejahen). Schreit er hingegen nur, um O einzuschüchtern, wäre eine Gewalt eher abzulehnen. Hierzu kann ich i.Ü. die Lektüre vom MüKo-StGB 4. Auflage, Sinn § 240 Rn. 29 ff. sehr empfehlen :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
Katharina
24.10.2024, 15:04:08
Liebes JF-Team, wäre hier auch eine
Drohung mit Unterlassendenkbar, sodass der Täter mit einem “Nichtgeben" des Gegengiftes droht, wenn die Frau nicht unterschreibt?
Leo Lee
27.10.2024, 09:38:45
Hallo Katharina, vielen Dank für die sehr gute und wichtige Frage! Wenn wir die
Drohunghier prüfen würden, wäre wie du völlig richtig erwähnst, auch die
Drohung durch Unterlassenzu prüfen und zu bejahen. Beachte insoweit, dass die
Drohung mit Unterlassenstreitig ist. Aber in diesem Fall, wo der Täter die Täterin vergiftet, wäre nach allen Ansichten eine solche
Drohung mit Unterlassenzu bejahen. Hierzu kann ich i.Ü. die Lektüre vom MüKo-StGB 4. Auflage, Sinn § 240 Rn. 85 ff. sehr empfehlen :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo