Strafrecht

BT 3: Straftaten gegen Freiheit u.a.

Nötigung, § 240 StGB

Täuschung des Opfers über die betäubende Substanz

Täuschung des Opfers über die betäubende Substanz

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T möchte sich Os Audi RS 7 ausleihen. Als O ihm dies jedoch verwehrt, teilt T ihm wahrheitswidrig mit, er habe Os Drink vergiftet. O sei ohne Gegengift innerhalb weniger Minuten tot. Daraufhin gibt O dem T im Gegenzug für das "Gegengift" (ein Pfefferminzbonbon), welches laut T die einzige Überlebenschance des O darstellt, die Autoschlüssel. T dreht eine Runde mit dem Auto.

Diesen Fall lösen 64,0 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

Einordnung des Falls

Täuschung des Opfers über die betäubende Substanz

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 1 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. In der vermeintlichen Beibringung des Giftes liegt eine Gewaltanwendung des T (§ 240 Abs. 1 Var. 1 StGB).

Nein, das trifft nicht zu!

Der klassische Gewaltbegriff setzt voraus, dass der Täter (1) durch körperliche Kraftentfaltung (2) Zwang ausübt, indem er auf den Körper eines anderen einwirkt, (3) um geleisteten oder erwarteten Widerstand zu überwinden. Ein Beibringen von Betäubungsmitteln wird dabei aufgrund der körperlichen Zwangswirkung als ausreichend angesehen. T hat O keinerlei Substanz verabreicht, sondern ihm lediglich vorgespiegelt, dass er sein Getränk vergiftet hat. Einem solchen Vorspiegeln ist jedoch keine körperliche Kraftentfaltung, welche die Gewaltanwendung voraussetzt, immanent. Somit hat der T keine Gewalt (§ 240 Abs. 1 Var. 1 StGB) an O verübt.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

Jurafuchs kostenlos testen


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Kai

Kai

31.5.2023, 23:19:52

Wie werden solche Fälle vom Betrug abgegrenzt? Über die Freiwilligkeit der Vermögensverfügung, da das Opfer hier de facto nicht freiwillig über ihr Vermögen verfügt, sondern nur dem Tod entgehen will?

Alicia Helena

Alicia Helena

28.11.2023, 22:01:44

würde Gewalt vorliegen, wenn sich die Angst körperlich äußert würde? wenn das Opfer zB Schweissausbrüche hätte? und wenn nein: worin liegt der Unterschied zu dränglern auf der Autobahn?

LELEE

Leo Lee

3.12.2023, 12:00:02

Hallo Alicia Helena Beachte, dass hier nicht wegen einer fehlenden Wirkung beim Opfer die Gewalt abgelehnt wird, sondern mangels einer Kraftentfaltung seitens des Täters (er hat kein Gift verabreicht, sagt aber er hätte dies getan). D.h., solange der Täter keine Handlung vornimmt und diese lediglich vorspiegelt, liegt keine Gewalt vor. Auf der Autobahn sind die Fälle so, dass der Täter bewusst das Opfer überholt und dann abrupt stoppt, damit das Opfer ebenfalls anhalten muss. Hier gibt es sehr wohl eine Kraftentfaltung (1. Das Überholen durch das Beschleunigen + abruptes Anhalten, bei denen sowohl das Pedal als auch die Bremse betätigt wird mit dem Fuß). Beachte noch i.Ü., dass selbst wenn der Täter das Gift tatsächlich verabreicht hätte und das Opfer dadurch Schweissausbrüche erleidet, keine Nötigung vorliegen würde; denn beim

Nötigungserfolg

muss der Erfolg weiterreichen als das „bloße Ertragen der Gewalt (also des Giftes) selbst; das bloße Erdulden der Gewalt stellt KEINEN

Nötigungserfolg

dar (es würde jedoch selbstverständlich eine Körperverletzung vorliegen)! Hierzu kann ich die Lektüre von Rengier BT II 23. Auflage, § 23 Rn. 54 empfehlen :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

NO

Nova

28.1.2024, 15:00:38

Könnte man den psychisch erzwungenen Tausch “Gegengjft gegen Schlüssel” denn zumindest under die Drohung subsumieren? Wir haben ja hier schließlich ein

empfindliches Übel

(Gefahr für das Leben des O) für das der T ein Gegengift bereithält, d.h. vorgibt, Einfluss daraufhin zu haben, dass er den Eintritt des vermeintlichen Todes verhindern kann.

NO

Nova

28.1.2024, 15:02:15

Yup hat sich erledigt😅


Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und mit 15.000+ Nutzer austauschen.
Kläre Deine Fragen zu dieser und 15.000+ anderen Aufgaben mit den 15.000+ Nutzern der Jurafuchs-Community

Weitere für Dich ausgwählte Fälle

Jurafuchs

Täuschung des Opfers über die betäubende Substanz Teil II

T möchte Os Audi RS 7 testen. Als O ihm die Leihe verwehrt, teilt T ihm wahrheitswidrig mit, er habe Os Drink vergiftet. Ohne Gegengift sei O innerhalb weniger Minuten tot. Das Gegengift erhalte O nur für den Autoschlüssel. O gibt dem T im Gegenzug für das Gegengift, das laut T Os einzige Überlebenschance ist, die Autoschlüssel. In Wahrheit hat T das Getränk des O jedoch nicht angerührt.

Fall lesen

© Jurafuchs 2024