Strafrecht

BT 3: Straftaten gegen Freiheit u.a.

Nötigung, § 240 StGB

Täuschung des Opfers über die betäubende Substanz

Täuschung des Opfers über die betäubende Substanz

22. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T möchte sich Os Audi RS 7 ausleihen. Als O ihm dies jedoch verwehrt, teilt T ihm wahrheitswidrig mit, er habe Os Drink vergiftet. O sei ohne Gegengift innerhalb weniger Minuten tot. Daraufhin gibt O dem T im Gegenzug für das "Gegengift" (ein Pfefferminzbonbon), welches laut T die einzige Überlebenschance des O darstellt, die Autoschlüssel. T dreht eine Runde mit dem Auto.

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Einordnung des Falls

Täuschung des Opfers über die betäubende Substanz

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 1 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. In der vermeintlichen Beibringung des Giftes liegt eine Gewaltanwendung des T (§ 240 Abs. 1 Var. 1 StGB).

Nein, das trifft nicht zu!

Der klassische Gewaltbegriff setzt voraus, dass der Täter (1) durch körperliche Kraftentfaltung (2) Zwang ausübt, indem er auf den Körper eines anderen einwirkt, (3) um geleisteten oder erwarteten Widerstand zu überwinden. Ein Beibringen von Betäubungsmitteln wird dabei aufgrund der körperlichen Zwangswirkung als ausreichend angesehen. T hat O keinerlei Substanz verabreicht, sondern ihm lediglich vorgespiegelt, dass er sein Getränk vergiftet hat. Einem solchen Vorspiegeln ist jedoch keine körperliche Kraftentfaltung, welche die Gewaltanwendung voraussetzt, immanent. Somit hat der T keine Gewalt (§ 240 Abs. 1 Var. 1 StGB) an O verübt.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Kai

Kai

31.5.2023, 23:19:52

Wie werden solche Fälle vom Betrug abgegrenzt? Über die Freiwilligkeit der

Vermögensverfügung

, da das Opfer hier de facto nicht freiwillig über ihr Vermögen verfügt, sondern nur dem Tod entgehen will?

Alicia Helena

Alicia Helena

28.11.2023, 22:01:44

würde Gewalt vorliegen, wenn sich die Angst körperlich äußert würde? wenn das Opfer zB Schweissausbrüche hätte? und wenn nein: worin liegt der Unterschied zu dränglern auf der Autobahn?

LELEE

Leo Lee

3.12.2023, 12:00:02

Hallo Alicia Helena Beachte, dass hier nicht wegen einer fehlenden Wirkung beim Opfer die Gewalt abgelehnt wird, sondern mangels einer Kraftentfaltung seitens des Täters (er hat kein Gift verabreicht, sagt aber er hätte dies getan). D.h., solange der Täter keine Handlung vornimmt und diese lediglich vorspiegelt, liegt keine Gewalt vor. Auf der Autobahn sind die Fälle so, dass der Täter bewusst das Opfer überholt und dann abrupt stoppt, damit das Opfer ebenfalls anhalten muss. Hier gibt es sehr wohl eine Kraftentfaltung (1. Das Überholen durch das Beschleunigen + abruptes Anhalten, bei denen sowohl das Pedal als auch die Bremse betätigt wird mit dem Fuß). Beachte noch i.Ü., dass selbst wenn der Täter das Gift tatsächlich verabreicht hätte und das Opfer dadurch Schweissausbrüche erleidet, keine Nötigung vorliegen würde; denn beim

Nötigungserfolg

muss der Erfolg weiterreichen als das „bloße Ertragen der Gewalt (also des Giftes) selbst; das bloße Erdulden der Gewalt stellt KEINEN

Nötigungserfolg

dar (es würde jedoch selbstverständlich eine Körperverletzung vorliegen)! Hierzu kann ich die Lektüre von Rengier BT II 23. Auflage, § 23 Rn. 54 empfehlen :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

NO

Nova

28.1.2024, 15:00:38

Könnte man den psychisch erzwungenen Tausch “Gegengjft gegen Schlüssel” denn zumindest under die

Drohung

subsumieren? Wir haben ja hier schließlich ein empfindliches Übel (Gefahr für das Leben des O) für das der T ein Gegengift bereithält, d.h. vorgibt, Einfluss daraufhin zu haben, dass er den Eintritt des vermeintlichen Todes verhindern kann.

NO

Nova

28.1.2024, 15:02:15

Yup hat sich erledigt😅

AG

agi

18.10.2024, 17:29:21

@[Nova](226670) ich stehe grad auch auf dem Schlauch 😅 fällt

Drohung

weg, weil es keine in Aussicht stellen eines zukünftigen Übels ist?


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