Öffentliches Recht

Polizei- und Ordnungsrecht

Polizeiliche Generalklausel

Öffentliche Sicherheit Vertiefung: Schutzgut der Unverletzlichkeit subjektiver Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen (Fall 1)

Öffentliche Sicherheit Vertiefung: Schutzgut der Unverletzlichkeit subjektiver Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen (Fall 1)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Die Polizei erhält von einem verdeckten Ermittler Hinweise auf einen geplanten Terroranschlag. Daraufhin wird der geplante Ort des Anschlags weiträumig abgesperrt.

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Einordnung des Falls

Öffentliche Sicherheit Vertiefung: Schutzgut der Unverletzlichkeit subjektiver Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen (Fall 1)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Das Schutzgut der öffentlichen Sicherheit umfasst die subjektiven Rechte und Rechtsgüter Einzelner.

Genau, so ist das!

Das Schutzgut der öffentlichen Sicherheit umfasst die (1) Unverletzlichkeit der Rechtsordnung, (2) den Schutz der subjektiven Rechte und Rechtsgüter Einzelner und (3) den Bestand des Staates, der Einrichtungen und Veranstaltungen des Staates oder sonstiger Träger der Hoheitsgewalt. Einige Landespolizeigesetze enthalten entsprechende Legaldefinitionen (z.B. § 2 Nr. 2 BremPolG, § 3 Nr. 1 SOG LSA und § 54 Nr. 1 ThürOBG). Eine Besonderheit ergibt sich aus dem Subsidiaritätsgrundsatz, der unabhängig davon, ob er normiert ist (z.B. § 2 Abs. 2 PolG BW, § 1 Abs. 3 SOG Hess, § 1 Abs. 4 ASOG), gilt. Demnach sind die Verwaltungsbehörden nur subsidiär für die Durchsetzung privater Rechte zuständig. Dies meint jedoch lediglich rein private Rechte wie insbesondere zivilrechtliche Ansprüche. Private Rechte und Rechtsgüter wie beispielsweise Leben und Freiheit sind auch durch öffentlich-rechtliche Normen geschützt, sodass der Subsidiaritätsgrundsatz für sie nicht gilt.
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2. Nur grundrechtlich geschützte Rechte und Rechtsgüter werden durch das Teilschutzgut der subjektiven Rechte und Rechtsgüter Einzelner geschützt.

Nein, das trifft nicht zu!

Das Teilschutzgut der Unverletzlichkeit der subjektiven Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen schützt auch private Rechte und Rechtspositionen, die ein Einzelner für sich aufgrund einfachen Rechts gegenüber natürlichen und juristischen Personen in Anspruch nehmen kann (z.B. das Namensrecht gemäß § 12 BGB, die elterliche Sorge gemäß § 1626 Abs. 1 S. 1 BGB und vermögensrechtliche Ansprüche). Nach dem Subsidiaritätsgrundsatz sind die Verwaltungsbehörden für die Durchsetzung rein privater Rechte nur zuständig, wenn gerichtliche Hilfe nicht rechtzeitig zu erlangen ist und ohne behördliche Hilfe die Verwirklichung des Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde.

3. Das Teilschutzgut der Unverletzlichkeit subjektiver Rechte und Rechtsgüter Einzelner ist vollständig vom Teilschutzgut der Unverletzlichkeit der Rechtsordnung umfasst, hat also keinen eigenen Anwendungsbereich.

Nein!

Anders als die Unverletzlichkeit der subjektiven Rechte und Rechtsgüter Einzelner, bewirkt das Teilschutzgut der Unverletzlichkeit der Rechtsordnung die Durchsetzung normierter Verhaltenspflichten abstrakt von dem hierdurch geschützten Rechtsgut. Da die Mehrzahl der geschützten Rechtsgüter auch grundrechtlich oder einfachrechtlich geschützt wird, überschneiden sich die beiden Teilschutzgüter regelmäßig. Das Teilschutzgut der Unverletzlichkeit subjektiver Rechte und Rechtsgüter erfordert hingegen keinen Verstoß gegen die Rechtsordnung. Ein eigenständiger Anwendungsbereich verbleibt somit insbesondere bei Bedrohungslagen infolge von Naturkatastrophen.

4. Das Teilschutzgut der Unverletzlichkeit subjektiver Rechte und Rechtsgüter Einzelner ist durch den geplanten Terroranschlag betroffen.

Genau, so ist das!

Zu den subjektiven Rechten und Rechtsgütern Einzelner zählen das Leben, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum und die Ehre, aber auch sonstige private Rechte. Würde der Terroranschlag wie geplant durchgeführt, würden mehrere Rechtsgüter und Rechte Einzelner verletzt. Namentlich sind dies das Leben und die Gesundheit der Anschlagsopfer sowie das Eigentum an durch den Anschlag zerstörten oder beschädigten Sachen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

F. Rosenberg 🦅

F. Rosenberg 🦅

27.12.2023, 14:34:39

Die Polizei schützt nur subsidiär die Sicherung zivilrechtlicher Rechte/Ansprüche, da andernfalls ein Eingriff in die Kernbereiche der Judikative und damit ein Verstoß gg die Gewaltenteilung aus Art. 20 III GG bestünde. Denn: Zuständig für die Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche sind die ordentlichen Gerichte (= Judikative), nicht die Polizeibehörden (= Exekutive).


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