Öffentliches Recht

VwGO

Allgemeine Leistungsklage

Zulässigkeit der allgemeinen Leistungsklage: Vorverfahren und Frist?

Zulässigkeit der allgemeinen Leistungsklage: Vorverfahren und Frist?

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
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Klassisches Klausurproblem

Die zuständige Behörde B hat Landwirtin L eine Agrarsubvention bewilligt. Zum angesagten Termin erhält L allerdings keine Zahlung. Es vergehen zwei Monate, ohne dass die Zahlung erfolgt. L schimpft über die unzuverlässige Verwaltung und will klagen.

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Einordnung des Falls

Zulässigkeit der allgemeinen Leistungsklage: Vorverfahren und Frist?

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. L begehrt die tatsächliche Auszahlung der Subventionsgelder. Statthaft ist die allgemeine Leistungsklage.

Genau, so ist das!

Wenn der Kläger eine Leistung begehrt, muss zwischen der Verpflichtungsklage und der allgemeinen Leistungsklage unterschieden werden. Die allgemeine Leistungsklage ist statthaft, wenn der Kläger reines Realhandeln der Verwaltung - nicht der Erlass eines Verwaltungsakts - begehrt. L hat mit de Subventionsbescheid (= Verwaltungsakt) bereits die Grundlage für die Auszahlung erhalten. Sie will keinen weiteren Verwaltungsakt, sondern begehrt, dass B die versprochene schlichte Leistung (= Zahlung) erfüllt.
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2. Das Gesetz sieht für die allgemeine Leistungsklage die erfolglose Durchführung eines Vorverfahrens und die Einhaltung einer Klagefrist vor.

Nein, das trifft nicht zu!

Die erfolglose Durchführung des Vorverfahrens und die Klagefrist sind Sachentscheidungsvoraussetzungen der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 68 VwGO bzw. § 74 VwGO). Die VwGO enthält keine ausdrücklichen Regelungen bezüglich der Zulässigkeit der allgemeinen Leistungsklage. Die h.M. lehnt eine analoge Anwendung von § 68 VwGO und § 74 VwGO auf die allgemeine Leistungsklage mangels vergleichbarer Interessenlage und planwidriger Regelungslücke ab. Eine gesetzliche Ausnahme besteht nur für beamtenrechtliche Streitigkeiten (§ 126 Abs. 2 BBG bzw. § 54 Abs. 2 S. 1 und S. 2 BeamStG). Hier bedarf es eines Widerspruchsverfahrens, nach dessen Beendigung die Frist des § 74 VwGO gilt.

3. L will ohne Durchführung eines Vorverfahrens und zwei Monate nach dem versprochenen Leistungstermin klagen. Die Klage scheitert deswegen bereits in der Zulässigkeit.

Nein!

Für die allgemeine Leistungsklage bestehen die Sachentscheidungsvoraussetzungen eines Widerspruchsverfahrens und einer Klagefrist nicht. Denn die Regelungen über das Vorverfahren dienen maßgeblich dazu, dass die Verwaltung den von ihr erlassenen (= Anfechtungsklage) oder unterlassenen (= Verpflichtungsklage) Verwaltungsakt zunächst selbst überprüfen und ggf. korrigieren oder erlassen kann. Der Ablauf der Klagefrist schafft Rechtssicherheit bzgl. des in Frage stehenden Verwaltungsakts. Die Ratio der §§ 68, 74 VwGO greift nicht, wenn sich das Klagebegehren auf Realhandeln der Verwaltung anstelle eines Verwaltungsakts bezieht. Dass L kein Vorverfahren durchgeführt und die Klagefrist des § 74 VwGO nicht eingehalten hat, ist unschädlich.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

DeliktusMaximus

DeliktusMaximus

26.10.2023, 18:07:46

Kennt die

allgemeine Leistungsklage

überhaupt keine Frist?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

27.10.2023, 14:44:57

Hallo DeliktusMaximus, danke für deine Frage. Nein, die

allgemeine Leistungsklage

kennt keine

Klagefrist

. Das Recht zur Klageerhebung kann allerdings verwirkt sein. Die Verwirkung ergibt sich aus dem allgemeinen Rechtsgedanken aus Treu und Glauben (§ 242 BGB). Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team


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