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Abwandlung 2: kein klassischer Eingriff durch Exekutive => moderner Eingriffsbegriff
Abwandlung 2: kein klassischer Eingriff durch Exekutive => moderner Eingriffsbegriff
24. Januar 2025
7 Kommentare
4,8 ★ (25.335 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Stadt S betreibt eine Kläranlage in unmittelbarer Nähe zum Grundstück von Nachbar N. N kann wegen der erheblichen Lärm- und Geruchsimmissionen seinen Garten nur mit eingeschränktem Genuss nutzen. N fragt sich, ob S durch den Betrieb der Kläranlage in seine Grundrechte eingreift.
Diesen Fall lösen 83,5 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Abwandlung 2: kein klassischer Eingriff durch Exekutive => moderner Eingriffsbegriff
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Stellt der vom Betrieb der Kläranlage ausgehende Lärm und Gestank einen Eingriff i.S.d. klassischen Eingriffsbegriffs in Ns allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) dar?
Nein, das trifft nicht zu!
Jurastudium und Referendariat.
2. Können auch hoheitliche Maßnahmen, die lediglich faktische und mittelbare Auswirkungen auf grundrechtliche Gewährleistungen haben, einen Grundrechtseingriff darstellen?
Ja!
3. Wegen der Unüberschaubarkeit der denkbaren Grundrechtsbeeinträchtigungen nach dem modernen Eingriffsbegriff, sind nur solche erfasst, die dem Staat zurechenbar sind.
Genau, so ist das!
4. Nach dem modernen Eingriffsbegriff liegt durch den vom Betrieb der Kläranlage ausgehenden Lärm und Gestank ein Eingriff in Ns allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) vor.
Ja, in der Tat!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
ehemalige:r Nutzer:in
23.7.2023, 23:51:45
Worin liegt jetzt genau der Unterschied vom klassischen und modernen
Eingriffsbegriff? Bedarf es bei dem modernen Eingriff dann eine gewisse Intensität der GR Beschränkung ?
Lukas_Mengestu
25.7.2023, 19:14:07
Hallo tomvali, der klassische
Eingriffsbegriffist restriktiv und setzt (1) finales, (2) unmittelbar
hoheitliches Handelnmit, (3) Rechtswirkung nach außen und Durchsetzbarkeit mit (4) Zwang (=imperativ) voraus (Furz). Jedes einzelne Merkmal wird durch den modernen
Eingriffsbegriffaufgeweicht, sodass auch unbeabsichtigtes, mittelbares, tatsächliches oder Handeln ohne Befehl und Zwang darunter fällt. Aufgrund dieser weiten Ausdehnung wird einschränkend verlangt, dass es zumindest eine Belastung von einiger Intensität vorliegt. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Magnum
10.1.2025, 11:56:10
Ich hatte vermehrt gelesen, dass der
moderne Eingriffsbegriffaufgrund des vermeintlich ausufernden Schutzbereiches bei der Allgemeinen Handlungsfreiheit nicht zur Anwendung kommt. Stattdessen sei zumindest ein unmittelbarer und finaler Eingriff nötig. Das scheint ja der Lösung hier zu widersprechen. Oder ist das einfach eine strittige Frage?
Leo Lee
12.1.2025, 18:59:07
Hallo Magnum, vielen Dank für die sehr gute und wichtige Frage! In der Tat ist es bei der AHF - wie du richtigerweise anmerkst - aufgrund einer mgl. Ausuferung strittig, ob auch der faktische Eingriff (dann weiter als der klassische Eingriff) erfasst werden sollte oder nicht. Meiner Erfahrung nach ist dieser Streit allerdings in Klausuren i.d.R. kein Problem, da man ansonsten beim Eingriff bereits rausfliegen würde, was bei der AHF als Auffanggrundrecht insoweit problematisch wäre, als dann die Klausur (vorzeitig) vorbei wäre. Allerdings gibt es hier die Einschränkung, dass bei Genehmigungsfällen etwa Dritte keinen Eingriff geltend machen können und dass der Eingriff von einigem Gewicht sein muss. Hierzu kann ich i.Ü. die Lektüre vom Jarass/Pieroth GG 18. Auflage, Jarass Art. 2 Rn. 10 sehr empfehlen :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
ÖA
15.1.2025, 21:36:43
Moin @[Leo Lee](213375), vielleicht könntet ihr das als vertiefungshinweis mit aufnehmen. Ich habe zumindest bis jetzt noch nie davon gehört (oder vernachlässigt und vergessen :))