Grundfall Vergleichsvertrag

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Baubehörde B verweigert den von Ahmed (A) beantragten Erlass einer Baugenehmigung für ein dreistöckiges Haus. A klagt auf Erteilung der begehrten Genehmigung. B und A vereinbaren vor Gericht, dass B eine Baugenehmigung für ein einstöckiges Haus erteilen wird und der Rechtsstreit damit beendet werden soll.

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Einordnung des Falls

Grundfall Vergleichsvertrag

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Absprache zwischen A und B könnte ein öffentlich-rechtlicher Vertrag sein.

Ja!

Neben dem Erlass eines Verwaltungsakts steht der Behörde das Instrument des öffentlich-rechtlichen Vertrags zur Verfügung. Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag liegt insbesondere vor, wenn sich die Behörde zum Erlass eines Verwaltungsakt verpflichtet oder der Vertrag den Erlass eines Verwaltungsakts ersetzen soll (vgl. § 54 S. 2 VwVfG). B hat zugesagt, einen Verwaltungsakt (die Baugenehmigung) erlassen zu werden.
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2. Die VwVfG unterscheidet ausdrücklich zwischen öffentlich-rechtlichen Vergleichsverträgen und Austauschverträge.

Genau, so ist das!

In § 55 VwVfG findet sich die besondere Vertragsart des sog. „Vergleichsvertrags“, § 56 Abs. 1 S. 1 VwVfG regelt den „Austauschvertrag“. Damit trifft das Gesetz allerdings keine abschließende Regelung bezüglich der Arten verwaltungsrechtlicher Verträge. Die beiden genannten Vertragsarten werden lediglich gesondert aufgeführt, weil sie zum einen in der Praxis häufig vorkommen und zum anderen typische Gefahrenquellen schaffen und deshalb besonderer Regelungen bedürfen.Ob A und B einen Austausch- oder Vergleichsvertrag geschlossen haben ist entscheidend dafür, nach welchen Normen sich die Wirksamkeit des Vertrags richtet.

3. Ein Vergleichsvertrag soll bestehende Ungewissheit durch gegenseitiges Nachgeben beseitigen.

Ja, in der Tat!

Ziel des Vergleichsvertrags nach § 55 VwVfG ist es, eine bei verständiger Würdigung des Sachverhalts oder der Rechtslage bestehende Ungewissheit durch gegenseitiges Nachgeben zu beseitigen. Der Vergleichsvertrag setzt also voraus, dass (1) eine Ungewissheit bezüglich tatsächlicher Umstände oder rechtlicher Gesichtspunkte besteht, (2) diese Ungewissheit nicht oder nicht ohne erheblichen Aufwand beseitigt werden kann und (3) beide Vertragspartner gewisse Zugeständnisse machen, also einen Kompromiss eingehen, bei dem beide „zurückstecken“. A und B haben einen Vergleichsvertrag geschlossen, wenn die genannten Voraussetzungen vorliegen.

4. A und B haben einen öffentlich-rechtlichen Prozessvergleich geschlossen. Dies ist ein typischer Fall eines Vergleichsvertrags.

Ja!

Ein Vergleichsvertrag setzt voraus, dass (1) eine Ungewissheit bezüglich tatsächlicher Umstände oder rechtlicher Gesichtspunkte besteht, (2) diese Ungewissheit nicht oder nicht ohne erheblichen Aufwand beseitigt werden kann und (3) beide Vertragspartner gewisse Zugeständnisse machen. Ein öffentlich-rechtlicher Prozessvergleich ist nicht nur eine (nach der VwGO zu beurteilende) Prozesshandlung, sondern auch ein öffentlich-rechtlicher Vertrag, auf den § 55 VwVfG Anwendung findet.Es ist (rechtlich) ungewiss, ob A einen Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung für ein dreistöckiges Wohnhaus hat. Diese Ungewissheit kann nur durch ein (aufwendiges) Gerichtsverfahren geklärt werden. Mit der Zusage, dass A eine Baugenehmigung für ein einstöckiges Wohnhaus bei Rücknahme der Klage erhalten wird (= Prozessvergleich) haben beide Parteien gewisse Zugeständnisse gemacht. Als Prozesshandlung führt der Vergleich zur Beendigung des Gerichtsprozesses, als Vertrag zur Streitbeendigung zwischen den Parteien.
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