Referendariat: Prozessrecht & Klausurtypen

Die zivilrechtliche Urteilsklausur

Tenor

Kostenentscheidung Streitgenossenschaft (unterschiedliche Beteiligung, § 100 Abs. 2 ZPO)

Kostenentscheidung Streitgenossenschaft (unterschiedliche Beteiligung, § 100 Abs. 2 ZPO)

17. Mai 2025

16 Kommentare

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

K verklagt A und B gesamtschuldnerisch auf Zahlung von €5.000. A erkennt im ersten Termin (1.4) an. Gegen ihn ergeht ein Teilanerkenntnisurteil. B wird in einem neuerlichen Termin „verurteilt, als Gesamtschuldner mit dem am 1.4.2022 durch Teilanerkenntnisurteil verurteilten Beklagten zu 1) an den Kläger €5.000 zu zahlen.“

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Einordnung des Falls

Kostenentscheidung Streitgenossenschaft (unterschiedliche Beteiligung, § 100 Abs. 2 ZPO)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Können die Kosten für das Teilanerkenntnisurteil und das Schlussurteil getrennt tenoriert werden?

Nein!

Im Zivilprozess gilt der Grundsatz der Einheit der Kostenentscheidung, d.h. es wird grundsätzlich einheitlich über alle Kosten des Rechtsstreits unabhängig von einzelnen Prozesshandlungen und Prozessabschnitten entschieden. Aus diesem Grundsatz folgt auch, dass über die Kosten des Rechtsstreits erst in dem Urteil entschieden werden darf, das die Instanz beendet (=Schlussurteil). Daraus folgt, dass bei Teilurteilen (§ 301 ZPO) keine gesonderte Kostenentscheidung erfolgt.Im Schlussurteil werden damit einheitlich alle Kosten des Streits zwischen K, A und B verteilt.Im Teilanerkenntnisurteil wird der Kostentenor entweder weggelassen oder zur Klarstellung formuliert: „Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.“
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2. Da A und B als Gesamtschuldner verurteilt wurden, tragen sie beide in vollem Umfang die Kosten des Rechtsstreits (§§ 91, 100 Abs. 4 ZPO).

Nein, das ist nicht der Fall!

Unterliegen Gesamtschuldner im Rechtsstreit, so tragen sie grundsätzlich auch gemeinsam die Kosten des Rechtsstreits. Anders ist dies ausnahmsweise, wenn sie in unterschiedlichem Maße an dem Rechtsstreit beteiligt sind (§ 100 Abs. 2 ZPO). Eine unterschiedliche Beteiligung liegt zB vor, wenn die Streitgenossen in unterschiedlicher Höhe in Anspruch genommen werden oder ein Streitgenosse anerkennt bzw. Versäumnisurteil ergehen lässt, während der andere streitig verhandelt. In diesem Fall muss sich die unterschiedliche Beteiligung im Kostentenor widerspiegeln.Da A anerkannt hat, während B streitig verhandelte, liegt eine unterschiedliche Beteiligung vor.Die unterschiedliche Beteiligung hat Auswirkungen auf die Gesamtkosten. Deswegen ist es nur fair, die Kosten nicht einfach zu teilen, sondern entsprechend der Beteiligung zu verteilen.

3. Wäre A allein an dem Prozess beteiligt gewesen, so hätten sich die Gerichtsgebühren auf eine Verfahrensgebühr reduziert.

Ja, in der Tat!

Bei einer streitigen Entscheidung im ersten Rechtszug werden im Allgemeinen drei Verfahrensgebühren fällig (Nr. 1210 KV als Anlage 1 zum GKG), deren Höhe vom Streitwert abhängig ist (Anlage 2 GKG). Erkennt der Beklagte an, so reduziert sich die Gebühr auf eine Verfahrensgebühr (Nr. 1211 Ziff. 2 KV).Wäre A allein verklagt worden, so hätte er durch sein Anerkenntnis nur 1/3 der Verfahrensgebühren zu tragen gehabt. Da B streitig verhandelt hat, reduzieren sich die Verfahrensgebühren vorliegend nicht. Billigerweise ist A aber dennoch nur an 1/3 der Kosten zu beteiligen (§ 100 Abs. 2 ZPO).Die Gerichtskosten werden den Beklagten als Gesamtschuldnern zu 1/3 und dem Beklagten zu 2) zu weiteren 2/3 auferlegt.

4. Wäre A allein an dem Prozess beteiligt gewesen, so hätten sich auch die außergerichtlichen Kosten reduziert.

Nein!

Ungeachtet des Anerkenntnis einer Partei, entsteht die volle Terminsgebühr (1,2 Gebühren) der Anwälte (vgl. Nr. 3104 VV Anlage 1 zum RVG).Das Anerkenntnis von A hätte keine Auswirkung auf die außergerichtlichen Kosten des K gehabt. Insoweit besteht auch kein Bedarf, A insoweit gegenüber B zu bevorteilen. Die außergerichtlichen Kosten sind insoweit hälftig zu teilen. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.Hintergrund der Reduzierung der Gerichtsgebühren ist vor allem, dass das Gericht im Falle eines Anerkenntnisurteils beim Abfassen des Urteils auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe verzichten kann (§ 313b Abs. 1 ZPO). Eine solche Ersparnis haben die Anwälte nicht. Ihre Arbeit ist zum Zeitpunkt des Termins meist schon getan.
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