Strafrecht

Strafprozessrecht

Das Beweisrecht

Freibeweisverfahren / § 136a als Verfahrensfrage

Freibeweisverfahren / § 136a als Verfahrensfrage

22. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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G ist wegen Mordes an einem Kind angeklagt. In der Hauptverhandlung macht er von seinem Schweigerecht Gebrauch. Sein Verteidiger behauptet, G sei bei seiner polizeilichen Vernehmung unter Androhung von Folter dazu gebracht worden, den Mord zu gestehen. Diese Einlassung sei unverwertbar. Das Gericht hält es für ausreichend, durch telefonische Nachfrage bei der Polizeidienststelle die Umstände der Vernehmung aufzuklären.

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Einordnung des Falls

Freibeweisverfahren / § 136a als Verfahrensfrage

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Eine Einlassung im Ermittlungsverfahren kann in der Hauptverhandlung berücksichtigt werden.

Ja, in der Tat!

Angaben, die der Angeklagte bei einer Vernehmung im Ermittlungsverfahren gemacht hat, können im Rahmen der Beweisaufnahme in den Prozess eingeführt und so berücksichtigt werden. Der Polizeibeamte, der den Angeklagten im Ermittlungsverfahren vernommen hat, darf etwa grundsätzlich in der Hauptverhandlung als Zeuge über den Inhalt der damaligen Vernehmung vernommen werden. Auf diesem Wege kann der Richter es bei der Urteilsfindung berücksichtigen.
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2. Für die Beweiserhebung in der Hauptverhandlung gilt immer das Strengbeweisverfahren.

Nein!

Für alle Beweiserhebungen innerhalb der Hauptverhandlung, die die Schuld und die Rechtsfolgen betreffen, gilt das Strengbeweisverfahren mit seinen Strengbeweismitteln. Für alle anderen Beweiserhebungen, d.h. (1) die Beweiserhebungen innerhalb der Hauptverhandlung, die prozessuale Fragen betreffen, sowie (2) alle Beweiserhebungen außerhalb der Hauptverhandlung, gilt dagegen das Freibeweisverfahren.

3. Für die Klärung der Frage, ob eine verbotenen Vernehmungsmethode verwendet wurde (§ 136a StPO), gilt das Strengbeweisverfahren.

Nein, das ist nicht der Fall!

Der Einsatz einer verbotenen Vernehmungsmethode begründet hinsichtlich des Geständnisses ein Beweisverwertungsverbot (§ 136a Abs. 3 StPO). Ob dies tatsächlich der Fall ist, stellt nach hM keine Frage der Schuld, sondern eine prozessuale Frage dar, sodass eine Klärung im Wege des Freibeweisverfahrens möglich ist. Denn es geht nicht um den Inhalt des für die Schuldfeststellung bedeutsamen Geständnisses, sondern um dessen Zustandekommen und damit um eine Verfahrensfrage. Bleiben Zweifel am Vorliegen eines Verstoßes, ist die Aussage verwertbar, da der in dubio-Grundsatz für den Nachweis von Verfahrensfehlern nicht gilt.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

DamBam

DamBam

28.2.2023, 08:50:54

Hi! Es wäre echt top, wenn ihr bei prozessualen Themen, soweit es geht, auch die Stelle bei M-G/S angeben könntet. Am Ende ist das ja der einzig zugelassene Kommentar im 2. Examen :)

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

1.3.2023, 11:01:32

Lieben Dank für den Hinweis, DamBam! Da achten wir zukünftig bei den Kursen, die spezifisch für das 2. Examen relevant werden, gerne noch stärker darauf :-) Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

erikxxx

erikxxx

18.11.2024, 16:08:20

Hallo zusammen, ist der Schutz der Beschuldigten durch das

Freibeweisverfahren

wirklich ausreichend? Wenn es um die Zulässigkeit eines Geständnisses geht, hat diese Verfahrensfrage doch oft mittelbare Auswirkungen auf die Schuldfrage. Wird hier der Grundsatz „in dubio pro reo“ nicht vorschnell zugunsten der Prozessökonomie geopfert? Ich sehe das kritisch, vor allem wenn die Zulässigkeit des Geständnisses die Beweiswürdigung direkt beeinflusst. Wie rechtfertigt die hM diese starke Einschränkung? Wie seht ihr das?


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