Freibeweisverfahren / § 136a als Verfahrensfrage
12. April 2025
9 Kommentare
4,8 ★ (12.392 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
G ist wegen Mordes an einem Kind angeklagt. In der Hauptverhandlung macht er von seinem Schweigerecht Gebrauch. Sein Verteidiger behauptet, G sei bei seiner polizeilichen Vernehmung unter Androhung von Folter dazu gebracht worden, den Mord zu gestehen. Diese Einlassung sei unverwertbar. Das Gericht hält es für ausreichend, durch telefonische Nachfrage bei der Polizeidienststelle die Umstände der Vernehmung aufzuklären.
Diesen Fall lösen 65,9 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Freibeweisverfahren / § 136a als Verfahrensfrage
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Eine Einlassung im Ermittlungsverfahren kann in der Hauptverhandlung berücksichtigt werden.
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Für die Beweiserhebung in der Hauptverhandlung gilt immer das Strengbeweisverfahren.
Nein!
3. Für die Klärung der Frage, ob eine verbotenen Vernehmungsmethode verwendet wurde (§ 136a StPO), gilt das Strengbeweisverfahren.
Nein, das ist nicht der Fall!
Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!
Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

DamBam
28.2.2023, 08:50:54
Hi! Es wäre echt top, wenn ihr bei prozessualen Themen, soweit es geht, auch die Stelle bei M-G/S angeben könntet. Am Ende ist das ja der einzig zugelassene Kommentar im 2. Examen :)

Lukas_Mengestu
1.3.2023, 11:01:32
Lieben Dank für den Hinweis, DamBam! Da achten wir zukünftig bei den Kursen, die spezifisch für das 2. Examen relevant werden, gerne noch stärker darauf :-) Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

erikxxx
18.11.2024, 16:08:20
Hallo zusammen, ist der Schutz der Beschuldigten durch das Freibeweisverfahren wirklich ausreichend? Wenn es um die Zulässigkeit eines Geständnisses geht, hat diese Verfahrensfrage doch oft mittelbare Auswirkungen auf die Schuldfrage. Wird hier der Grundsatz „
in dubio pro reo“ nicht vorschnell zugunsten der Prozessökonomie geopfert? Ich sehe das kritisch, vor allem wenn die Zulässigkeit des Geständnisses die Beweiswürdigung direkt beeinflusst. Wie rechtfertigt die hM diese starke Einschränkung? Wie seht ihr das?

2cool4lawschool
12.1.2025, 14:17:41
Hey, in der Tat, hat das Zustandekommen des Geständnisses Auswirkungen auf die Schuldfrage. Es ist aber keine Schuldtatsache. Ich finde auch, dass das Freibeweisverfahren nicht wirklich den Schutz des Angeklagten unterläuft. Die Beweisführung wird ja eigentlich erleichtert.. kann auch Vorteile für ihn haben... Zum
in dubio pro reo Grundsatz.. es wird echt häufig darum gestritten, ob der auch auf Verfahrensfragen angewendet werden soll oder nicht.. ich finde es deshalb schwierig den Zweifelssatz für Verfahrensfragen anzuwenden, weil man den Zweifelssatz hier missbrauchen könnte. Theoretisch könnte man einen Foltervorwurf in den Raum werfen und so die Verwertung des Beweismittels verhindern.. das sind jetzt meine wirren Gedanken dazu :P

erikxxx
13.1.2025, 14:05:58
Hallo @[2cool4lawschool](265024), ich habe mir deine Ausführungen durchgelesen und finde, dass du das im zweiten Absatz, insbesondere mit Blick auf den in "dubio pro reo"-Grundsatz und das Missbrauchspotenzial, ziemlich klar dargelegt hast. Das ist auf den Punkt gebracht! Allerdings würde ich gern noch eine Rückfrage zu deinem ersten Absatz stellen: Du schreibst, dass das Freibeweisverfahren auch Vorteile für den Angeklagten haben kann. Könntest du das bitte etwas näher erläutern? Welche konkreten Vorteile siehst du da?

2cool4lawschool
17.1.2025, 11:56:39
Hey @[erikxxx](229912), sehr gerne. Wenn wir davon ausgehen, dass der Angeklagte tatsächlich gefoltert oder anders unzulässig beeinflusst / unter Druck gesetzt wurde, kann das Gericht - platt gesagt - mehr Hebel in Bewegung setzen, um das aufzuklären und ist dabei nicht beschränkt, wie im Strengbeweisverfahren. Da könnte ihm ja ggf. zu Gute kommen. Allerdings kann man das bestimmt auch anders sehen. Wie siehst du das? :)

erikxxx
23.1.2025, 18:16:52
Hi @[2cool4lawschool](265024), ich würde das tatsächlich ähnlich sehen. Danke für deine Erklärung.