Beweisperson – Zeugnisverweigerungsrechte
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
A und B sind des gemeinschaftlichen Raubes angeklagt. A hat seiner Ehefrau Z alles von der Tat erzählt. Während der Hauptverhandlung stirbt der A plötzlich. Nunmehr soll Z als Zeugin vernommen werden, sie wird vom Gericht geladen. Z möchte nicht aussagen.
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Einordnung des Falls
Beweisperson – Zeugnisverweigerungsrechte
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Z ist Zeugin.
Genau, so ist das!
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2. Z muss zur Hauptverhandlung erscheinen.
Ja, in der Tat!
3. Z muss aussagen sofern sie kein Zeugnisverweigerungsrecht hat.
Ja!
4. Vor dem Tod des A verfügte Z über ein Zeugnisverweigerungsrecht.
Genau, so ist das!
5. Z verfügt auch nach dem Tod noch über ein Zeugnisverweigerungsrecht.
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Jose
26.1.2022, 12:37:26
Kann man das auch anders sehen? Haben Personen nicht ein großes Interesse daran, ihre Angehörigen auch nach deren Tod nicht "in den Dreck zu ziehen"? Könnte man da mit dem postmortalen Persönlichkeitsrecht argumentieren?
Victor
26.1.2022, 13:09:18
Eher nicht. Die
Zeugnisverweigerungsrechte schützen die besondere Beziehung und wie hier gerade das Angehörigenverhältnis. Das gilt jedoch nicht gegenüber Dritten. Mit dem Tod entfällt die Schutzbedürftigkeit. Es kommt ja zu keiner postmortalen Verurteilung. Somit ist ein in strafrechtliches „in den Dreck ziehen“ nicht möglich. Zudem begründet die Zeugnisverweigerung einen eng umgrenzten Ausnahmefall. Davon soll der Mitangeklagte dann nicht mehr profitieren. Selbst wenn das postmortale PR eine Rolle spielt tritt es jedoch hinter der Wahrheitsfindung zurück.
Waltrop
16.2.2022, 00:59:08
Hier steht, dass nach einem rechtskräftigen Freispruch das Aussageverweigerungsrecht auch nicht mehr besteht. Wie ist das in Fällen, in denen dadurch nach dem neuen 362 V StPO eine Wiederaufnahme zuungunsten des Freigesprochen möglich erscheint?
Lukas_Mengestu
17.2.2022, 14:41:38
Spannende Frage, Waltrop. Auch in der Vergangenheit war es indes in engen Grenzen möglich, Verfahren nach einem Freispruch wiederaufzunehmen. Trotzdem sah der BGH hierin keine Konfliktlage für den Zeugen, da im Wiederaufnahmeverfahren dem Zeugen wiederum das
Zeugnisverweigerungsrechtnach §
52 StPOzusteht. Seine Aussage kann für dieses Verfahren dann nicht fruchtbar gemacht werden (vgl. BGH NStZ 1992, 195). Auch wenn es zu § 362 Abs. 5 StPO naturgemäß noch keine Rechtsprechung gibt, so spricht zudem vieles dafür, dass allein die Aussage eines zur Zeugnisverweigerung berechtigten Angehörigen mangels Verwertbarkeit nicht einmal ein ausreichender Wiederaufnahmegrund ist. Denn mangels Verwertbarkeit bietet die Aussage keinen Anlass dazu, dass nunmehr eine Verurteilung erfolgen könne. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Isabell
4.3.2022, 17:42:47
Das habe ich als Literaturmeinung auch schon anders gelesen. Mit dem Argument, die restliche Familie würde in den Schutzbereich miteinbezogen werden.
Lukas_Mengestu
15.3.2022, 15:34:22
Hallo Isabell, das kann gut sein, dass das teilweise noch vertreten ist. Der BGH selbst hat früher vertreten, dass das
Zeugnisverweigerungsrechtfortbestehe, wenn der beschuldigte Angehörige verstirbt. Anfang der 90er Jahre hat er das
Zeugnisverweigerungsrechtdann aber deutlich eingeschränkt und zunächst in Fällen, in denen das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen war (BGH NJW 1992, 1116), das
Zeugnisverweigerungsrechtabgelehnt. Aufbauend darauf hat er dann in der im Fall angegebenen Entscheidung (BGH NJW 1992, 1118) dann erst Recht das
Zeugnisverweigerungsrechtes im Fall des Todes ausgeschlossen. Denn hier drohe noch nicht einmal das theoretische Risiko eine Wiederaufnahmeverfahrens. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team